Rz. 17

Die Regelungen zu Vergütungsvereinbarungen wurden zum 1.7.2008 aufgrund eines Urteils des BVerfG aus dem Jahre 2006 grundlegend überarbeitet; das bis dahin geltende generelle Erfolgshonorarverbot wurde aufgehoben; mit Einfügung des § 4a RVG wurden Ausnahmeregelungen zum Erfolgshonorar neu aufgenommen. Der Leitsatz des BVerfG:

Zitat

"Das Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare einschließlich des Verbotes der "quota litis" (§§ 49b Abs. 2 BRAO a.F., 49b Abs. 2 S. 1 BRAO) ist mit Art. 12 Abs. 1 GG insoweit nicht vereinbar, als es keine Ausnahme für den Fall zulässt, dass der Rechtsanwalt in der Vereinbarung eine erfolgsbasierte Vergütung besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers Rechnung trägt, die diesen sonst davon abhielten, seine Rechte zu verfolgen.[8]"

 

Rz. 18

Das BVerfG kam mit der obigen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass das uneingeschränkte Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare gegen das Grundrecht auf freie Berufsausübung, Art. 12 Abs. 1 GG, verstößt.

 

Rz. 19

Die Garantie der freien Berufsausübung schließt nach Ansicht des BVerfG auch die Freiheit ein, das Entgelt für berufliche Leistungen mit dem Interessenten auszuhandeln. Dabei sind Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind. Das BVerfG vertritt weiter die Auffassung, dass der Gesetzgeber mit dem Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare Gemeinwohlziele verfolgt, die auf vernünftigen Erwägungen beruhen und daher die Beschränkungen der Berufsausübung legitimieren können. Dies hat das BVerfG so auch bereits 1987 entschieden.[9] Drei Gründe halten nach Ansicht des BVerfG einer verfassungsrechtlichen Überprüfung des Erfolgshonorarverbots stand (was für andere Rechtfertigungsgründe nicht gilt).

 

Rz. 20

Diese drei berechtigten Gründe für das Erfolgshonorarverbot sind:

Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit
Schutz des Rechtssuchenden vor einer Übervorteilung durch überhöhte Vergütungssätze
Förderung der prozessualen Waffengleichheit
 

Rz. 21

Andere zur Rechtfertigung des Verbots anwaltlicher Erfolgshonorare in Erwägung gezogene Gemeinwohlziele, die jedoch das Verbot nach Ansicht des BVerfG nicht rechtfertigen, sind z.B.:

Abwehr einer starken Zunahme substanzloser Prozesse (Prozessflut)
Infragestellung grundlegender Institute des geltenden Verfahrensrechts (d.h. Unvereinbarkeit einer erfolgsbasierten Vergütung des RA mit dem geltenden streitwertbezogenen Modell der Kostenerstattung; erforderliche Änderung der Voraussetzungen zur PKH und Umfang der Bewilligung)

Das BVerfG hatte für den Erlass einer verfassungsgemäßen Neuregelung dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30.6.2008 gesetzt.

[8] BVerfG, Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04, NJW 2007, 979 = DStR 2007, 874 mit Anmerkung = DStRE 2007, 800 = IBRRS 58571 = NVwZ 2007, 568 = NZA 2007, 407 = BeckRS 2007 21754 = RVGReport 2007, 179 = JurBüro 2007, 242.
[9] BVerfGE, 1985, 284, 259.

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