Rz. 38

Grundsätzlich gilt: Der Begriff "Vergütung" ist in § 1 Abs. 1 RVG definiert. Es handelt sich dabei um "Gebühren und Auslagen". In § 3a Abs. 1 RVG sind einzuhaltende Form- und Inhaltsvorschriften geregelt, die Vertretungsmandate betreffen; § 34 RVG enthält keine solchen Form- und Inhaltsvorschriften; eine Anwendung von § 3a Abs. 1 S. 1 u. 2 RVG wird sogar konkret in § 3a Abs. 1 S. 4 RVG ausgeschlossen.

 

Rz. 39

 
Tätigkeit Anwendung Bezeichnung
Beratung § 34 RVG Gebührenvereinbarung
Mediation § 34 RVG Gebührenvereinbarung

Gutachten

(mit Ausnahme Gutachten für Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels, vgl. z.B.

Nr. 2101 VV RVG)
§ 34 RVG Gebührenvereinbarung

Außergerichtliche

Vertretung
§§ 3a ff. RVG Vergütungsvereinbarung

Vertretung nach

unbedingtem Prozess-

oder Verfahrensauftrag
§§ 3a ff. RVG Vergütungsvereinbarung
 

Rz. 40

Wird eine "Vergütungsvereinbarung" geschlossen, so sind die Auslagen nach Teil 7 VV RVG (Auslagenpauschale, Umsatzsteuer, Reisekosten, Dokumentenpauschale etc.) nur geschuldet, wenn dies auch ausdrücklich zusätzlich mit aufgenommen ist, § 1 Abs. 1 RVG. Bei einer Gebührenvereinbarung wird nur die Gebühr vereinbart, Auslagen nach Teil 7 VV RVG werden daneben ohne gesonderte Vereinbarung geschuldet.

 

Rz. 41

 

Wichtig!

Für Anwälte ist es von großer Bedeutung, zu wissen, wann das Beratungsmandat endet und das Vertretungsmandat beginnt.

§ 34 Abs. 1 RVG regelt die Abrechnung eines mündlichen oder schriftlichen Rats oder einer Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt. Rechtsberatung ist das tägliche Geschäft des Anwalts und ist grundsätzlich z.B. auch durch die Verfahrensgebühr abgegolten. Nur wenn der Anwalt ausschließlich berät, d.h., ohne Vertretung tätig wird, greift § 34 RVG.

 

Rz. 42

Die Geschäftsgebühr wiederum entsteht nach Abs. 3 der Vorbemerkung 2.3 VV für das Betreiben des Geschäfts (sog. Betriebsgebühr) einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags. Nach der Überschrift zu Teil 2 wird hier die "Vertretung" geregelt. Zu Beginn des Inkrafttretens des RVG wurde in der Literatur noch überwiegend angenommen, dass das Erstellen einer Urkunde und damit z.B. auch eines Testaments die Geschäftsgebühr auslöst.[18] Dann mehrten sich die Stimmen in der Rechtsprechung, dass auch für die Hilfe bei der Erstellung eines Testaments keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV abgerechnet werden kann.[19]

 

Rz. 43

Inzwischen hat der BGH entschieden, dass die Mitwirkung bei der Erstellung/Gestaltung eines Testaments keine Geschäftsgebühr auslöst, sondern vielmehr eine Beratungstätigkeit im Sinne des § 34 RVG ist:

Zitat

"1. Die auftragsgemäß auf den Entwurf eines Testaments beschränkte Tätigkeit eines Rechtsanwalts ist als Beratung und nicht als Betreiben eines Geschäfts zu vergüten. (Rn 8) …."[20]

 

Rz. 44

Auch bei wechselbezüglichen Verfügungen in einem Testament geht der BGH von einem Beratungsmandat aus; nach seiner Ansicht reichen diese auch nicht, einen Vertragscharakter i.S.d. BGB anzunehmen (Angebot und Annahme), so dass auch hier § 34 RVG zur Anwendung kommt.

Zitat

"Der auftragsgemäße Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments ist auch dann keine die Geschäftsgebühr auslösende Tätigkeit, wenn wechselbezügliche Verfügungen der Auftraggeber vorgesehen sind."[21]

 

Rz. 45

Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Mitwirkung bei der Erstellung eines Erbvertrags, Erbverzichtsvertrag oder Pflichtteilsverzichtsvertrag mit wechselseitigen Regelungen (Geschäftsgebühr entsteht unstreitig) und dem einseitigen Testament (Abrechnung laut BGH nach § 34 RVG).

 

Rz. 46

Das OLG Karlsruhe hielt zudem 2015 fest:

Zitat

"Die Begriffe "Vergütungsvereinbarung" einerseits und "Gebührenvereinbarung" andererseits lassen sich systematisch klar abgrenzen. Das Gesetz verwendet den Begriff der Vergütungsvereinbarung dann, wenn eine höhere oder niedrigere als die gesetzlich festgelegte Vergütung zwischen dem Anwalt und Mandant vereinbart werden soll. Im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 S. 1 RVG fehlt es an gesetzlich festgelegten Gebühren, weshalb der Gesetzgeber eine Honorarregelung in diesem Bereich als Gebührenvereinbarung bezeichnet."[22]

 

Rz. 47

In Zusammenhang mit der Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche (Beratung oder Vertretung) ist auch die Entscheidung des BGH von großer Bedeutung:

Zitat

"1. Eine formfreie Gebührenvereinbarung für eine außergerichtliche Beratung liegt nur vor, wenn sich den Abreden der Parteien entnehmen lässt, dass oder in welchem Umfang die vereinbarte Vergütung ausschließlich Leistungen nach § 34 RVG umfasst. (amtlicher Leitsatz)"[23]

 

Rz. 48

 

Praxistipp

Besteht Unsicherheit darüber, ob es sich um ein Beratungs- oder Vertretungsmandat im gebührenrechtlichen Sinne handelt, empfiehlt es sich, sich an den strengeren Vorschriften der §§ 3a ff. RVG zu orientieren. Zudem sind familienrechtliche Mandate häufig fließend und gehen ganz oder teilweise plötzlich in ein Vertretungsmandat über. Das kann zusätzlich zeitliche Abgrenzungsprobleme mit sich bringen. A...

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