1. Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nur für einen von mehreren Auftraggebern

a) Überblick

 

Rz. 56

Wird Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nur für einen oder nur für einzelne von mehreren Auftraggebern bewilligt, so ist zu differenzieren. Entscheidend ist dabei zunächst der Umfang der Bewilligung und Beiordnung, also ob eine uneingeschränkte Bewilligung und Beiordnung vorliegt oder eine auf den "Mehrbetrag", die "Erhöhung" o.Ä. beschränkte Bewilligung und Beiordnung.

b) Beschränkte Bewilligung

 

Rz. 57

Wird die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nur für einen oder nur für einzelne von mehreren Auftraggebern bewilligt und gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass sich die Bewilligung und die Beiordnung nur auf den Mehrbetrag oder die Gebührenerhöhung, die durch den bedürftigen Auftraggeber eintritt, erstrecke, dann ist die Sache eindeutig. Es kann dann auch nur der Mehrbetrag abgerechnet werden. Der Bewilligungsbeschluss ist maßgebend, auch wenn er sachlich unzutreffend ist.[28] Er hätte angegriffen werden müssen. An einen rechtskräftigen Bewilligungsbeschluss sind die Festsetzungsorgane jedoch gebunden (§ 48 RVG).

 

Beispiel 27: Beschränkte Prozesskostenhilfe nur für einen von mehreren Auftraggebern (Gebührenerhöhung)

Der Anwalt wird von zwei Auftraggebern gemeinschaftlich wegen einer Forderung in Höhe von 10.000,00 EUR beauftragt. Einem der beiden Auftraggeber wird der Anwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet, und zwar mit der Maßgabe, dass sich die Bewilligung nur auf die durch das Hinzutreten des zweiten Aufraggebers anfallende Gebührenerhöhung erstrecke.

Der Bewilligungsbeschluss ist nach zutreffender Ansicht zwar sachlich falsch, aber nach Ablauf der Beschwerdefrist rechtskräftig. Die Festsetzungsorgane sind daran gebunden. Abgerechnet werden kann jetzt nur die Gebührenerhöhung, und diese auch nur aus den Beträgen des § 49 RVG. Auch die Postentgeltpauschale kann nicht geltend gemacht werden, da sie bereits bei der vermögenden Partei in voller Höhe ausgelöst worden ist. Aus der Landeskasse zu übernehmen wären danach nur:

 
1. 0,3-Erhöhungsbetrag, Nr. 1008 VV, § 49 RVG   101,70 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
  Zwischensumme 101,70 EUR  
2. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   19,32 EUR
Gesamt   121,02 EUR
 

Rz. 58

 

Beispiel 28: Beschränkte Prozesskostenhilfe nur für einen von mehreren Auftraggebern (unterschiedliche Gegenstände)

Der Anwalt wird von zwei Auftraggebern gemeinschaftlich wegen zweier Forderungen in Höhe von jeweils 5.000,00 EUR beauftragt. Einem der beiden Auftraggeber wird der Anwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet, und zwar mit der Maßgabe, dass sich die Bewilligung nur auf die durch das Hinzutreten des zweiten Aufraggebers anfallende Vergütung erstrecke.

Auch hier ist der Bewilligungsbeschluss nach zutreffender Ansicht zwar sachlich falsch, aber nach Ablauf der Beschwerdefrist rechtskräftig. Die Festsetzungsorgane sind daran gebunden. Abgerechnet werden kann jetzt nur die Vergütungsdifferenz zwischen der Vergütung aus 5.000,00 EUR und 10.000,00 EUR, und zwar nach den Beträgen des § 49 RVG. Aus der Landeskasse zu übernehmen wären danach nur:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   440,70 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. ./. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   – 369,20 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   406,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
4. ./. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   – 340,80 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
6. ./. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   – 20,00 EUR
  Zwischensumme 137,50 EUR  
7. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   26,13 EUR
Gesamt   163,63 EUR
[28] Die dahingehende Auffassung des BGH in AGS 1995, 25 = NJW 1993, 1715 wird von der überwiegenden Rspr. zu Recht abgelehnt.

c) Unbeschränkte Bewilligung

 

Rz. 59

Strittig ist, wie abzurechnen ist, wenn unbeschränkt bewilligt worden ist. Drei Ansichten werden hierzu vertreten, wobei hierzu häufig Rspr. zitiert wird, die gar nicht die Frage der Abrechnung betrifft, sondern die Frage der Beiordnung. Das muss aber auseinander gehalten werden. Ist einmal fehlerhaft eingeschränkt beigeordnet worden, so lässt sich dies im Festsetzungsverfahren nicht mehr korrigieren.

 

Beispiel 29: Prozesskostenhilfe nur für einen von mehreren Auftraggebern

Der Anwalt wird von zwei Auftraggebern gemeinschaftlich wegen einer Forderung in Höhe von 10.000,00 EUR beauftragt. Einem der beiden Auftraggeber wird der Anwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet.

Da nur eine Angelegenheit gegeben ist (§ 7 Abs. 1 RVG), kann der Anwalt seine Vergütung nur einmal erhalten (§ 15 Abs. 2 RVG). Allerdings erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV um 0,3.

Insgesamt beläuft sich die (fiktive) Wahlanwaltsvergütung damit auf:

 
I. (Fiktive) Anwaltsvergütung
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV, § 13 RVG   982,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG   736,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.739,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   330,45 EUR
Gesamt   2.069,65 EUR

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