Rz. 110

Hat die bedürftige Partei, der ein Anwalt im Wege der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beigeordnet worden ist, zwar keine unmittelbaren Zahlungen auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung erhalten, aber Zahlungen auf eine zuvor entstandene und anzurechnende Gebühr – insbesondere auf eine nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnende Geschäftsgebühr –, richtet sich die Rechtslage nach der zum 1.1.2021 neu eingeführten Regelung des § 58 Abs. 2 S. 2 RVG. Danach bleibt die Differenz einer Verfahrensgebühr nach dem Gebührenbetrag aus § 13 RVG zu dem aus § 49 RVG anrechnungsfrei.

 

Rz. 111

Aufgrund des Gleichlaufs der Gebührenbeträge des § 13 RVG und des § 49 RVG ergibt sich bei Werten bis 4.000,00 EUR keine anrechnungsfreie Differenz. Hier ist voll anzurechnen.

 

Beispiel 49: Anrechnung eines Vorschusses, Gegenstandswert bis 4.000 EUR

Der Anwalt war außergerichtlich nach einem Gegenstandswert von 4.000,00 EUR für den Mandanten als Wahlanwalt tätig. Hiernach kommt es zum Rechtsstreit, in dem der Anwalt seinem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wird. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Urteil. Vorgerichtlich hatte der Anwalt mit dem Mandanten wie folgt abgerechnet:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   361,40 EUR
  (Wert 4.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 381,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   72,47 EUR
Gesamt   453,87 EUR

Im gerichtlichen Verfahren ist die Geschäftsgebühr zwar hälftig anzurechnen; anrechnungsfrei bleibt aber ein Betrag in Höhe der Differenz der Wahlanwalts-Verfahrensgebühr zur PKH-Verfahrensgebühr.

 
II. Gerichtliches Verfahren    
1. 1,3-Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV, § 49 RVG   361,40 EUR
  (Wert 4.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, – 180,70 EUR  
  0,65 aus 4.000,00 EUR    
  davon nach § 58 Abs. 2 S. 2 RVG anrechnungsfrei    
  (361,40 EUR – 361,40 EUR) 0,00 EUR  
      – 180,70 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 534,30 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   101,52 EUR
Gesamt   635,82 EUR
 

Rz. 112

Bei Werten von über 4.000,00 EUR ergibt sich zunächst eine teilweise Anrechnung.

 

Beispiel 50: Anrechnung eines Vorschusses, Zahlung übersteigt Differenz teilweise

Der Anwalt war außergerichtlich nach einem Gegenstandswert von 6.000,00 EUR für den Mandanten als Wahlanwalt tätig. Hiernach kommt es zum Rechtsstreit, in dem der Anwalt seinem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wird. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Urteil. Vorgerichtlich hatte der Anwalt mit dem Mandanten wie folgt abgerechnet:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   507,00 EUR
  (Wert 6.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 527,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   100,13 EUR
Gesamt   627,13 EUR

Im gerichtlichen Verfahren ist die Geschäftsgebühr zwar hälftig anzurechnen; anrechnungsfrei bleibt aber ein Betrag in Höhe der Differenz der Wahlanwalts-Verfahrensgebühr zur PKH-Verfahrensgebühr.

 
II. Gerichtliches Verfahren    
1. 1,3-Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV, § 49 RVG   383,50 EUR
  (Wert 6.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, – 253,50 EUR  
  0,65 aus 6.000,00 EUR    
  davon nach § 58 Abs. 2 S. 2 RVG anrechnungsfrei    
  (507,00 EUR – 383,50 EUR) 123,50 EUR  
      – 130,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   354,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 627,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   119,23 EUR
Gesamt   746,73 EUR
 

Rz. 113

Bei höheren Werten entfällt die Anrechnung gänzlich, weil die Gebührendifferenz dann höher ist als die hälftige Geschäftsgebühr.

 

Beispiel 51: Anrechnung eines Vorschusses, Zahlung bleibt hinter der Differenz zurück

Wie Beispiel 50; der Gegenstandswert beträgt 50.000 EUR.

Die außergerichtliche Vergütung berechnet sich nach den Wahlanwaltsgebühren wie folgt:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   1.662,70 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.682,70 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   319,71 EUR
Gesamt   2.002,41 EUR

Im gerichtlichen Verfahren ist jetzt wie folgt zu rechnen:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV, § 49 RVG   791,70 EUR
  (Wert 50.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, – 831,35 EUR  
  0,65 aus 50.000,00 EUR    
  davon nach § 58 Abs. 2 S. 2 RVG anrechnungsfrei    
  (1.662,70 EUR – 791,70 EUR) 871,00 EUR  
      – 0,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   730,80 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.542,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   293,08 EUR
Gesamt   1.835,58 EUR

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