Rz. 61
Ist der Anwalt mehreren bedürftigen Auftraggebern beigeordnet, so ist die gesamte Vergütung aus der Staatskasse zu übernehmen.
Rz. 62
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands, gehört auch die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV zu der von der Staatskasse zu übernehmenden Vergütung.
Beispiel 31: Prozesskostenhilfe für mehrere Auftraggeber (derselbe Gegenstand)
Der Anwalt ist von zwei Auftraggebern beauftragt worden, die als Gesamtschuldner auf Zahlung von 12.000,00 EUR verklagt worden sind. Beiden Auftraggebern wird Prozesskostenhilfe bewilligt und derselbe Anwalt beigeordnet.
Der Anwalt erhält die Gebühren einschließlich der Erhöhung nach Nr. 1008 VV aus der Landeskasse, allerdings nach den Beträgen des § 49 RVG.
1. | 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV, § 49 RVG | 566,40 EUR | |
(Wert 12.000,00 EUR) | |||
2. | 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG | 424,80 EUR | |
(Wert: 12.000,00 EUR) | |||
3. | Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV | 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 1.011,20 EUR | ||
4. | 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV | 192,13 EUR | |
Gesamt | 1.203,33 EUR |
Rz. 63
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände, werden die Werte (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG) addiert. Der beigeordnete Anwalt erhält die Vergütung einmal aus dem Gesamtwert.
Beispiel 32: Prozesskostenhilfe für mehrere Auftraggeber (verschiedene Gegenstände)
Der Anwalt ist von zwei Auftraggebern beauftragt worden, die jeweils auf Zahlung von 12.000,00 EUR verklagt worden sind. Beiden Auftraggebern wird Prozesskostenhilfe bewilligt und derselbe Anwalt beigeordnet.
Der Anwalt erhält jetzt die Gebühren aus dem Gesamtwert von 24.000,00 EUR (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG) aus der Landeskasse, allerdings nach den Beträgen des § 49 RVG.
1. | 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG | 538,20 EUR | |
(Wert 24.000,00 EUR) | |||
2. | 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG | 496,80 EUR | |
(Wert: 24.000,00 EUR) | |||
3. | Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV | 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 1.055,00 EUR | ||
4. | 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV | 200,45 EUR | |
Gesamt | 1.255,45 EUR |
Rz. 64
Nach der Rspr. ist Nr. 1008 VV analog anzuwenden ist, wenn der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände vertritt, aufgrund der Begrenzung der Gebührentabelle nach § 49 RVG die Höchststufe von über 50.000,00 EUR jedoch überschritten wird, also wenn der Gesamtwert (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG) mehr als 65.000,00 EUR beträgt.[34] Da sich dann der nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG hinzuzurechnende Mehrwert über 65.000,00 EUR nicht mehr auswirkt, will die Rspr. dies in analoger Anwendung der Nr. 1008 VV durch eine Anhebung des Gebührensatzes ausgleichen.
Beispiel 33: Prozesskostenhilfe für mehrere Auftraggeber bei Überschreitung der höchsten Wertstufe
Der Anwalt ist von zwei Auftraggebern beauftragt worden, jeweils Pflichtteilsansprüche in Höhe von 40.000,00 EUR geltend zu machen. Beiden Auftraggebern wird Prozesskostenhilfe bewilligt und derselbe Anwalt beigeordnet.
Jeder Pflichtteilsanspruch ist ein eigener Gegenstand.[35] Der Gegenstandswert beläuft sich somit auf 80.000,00 EUR (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG).
Infolge der faktischen Begrenzung der Gebührentabelle nach § 49 RVG auf die vergleichbare Gebührenstufe des § 13 RVG von "bis 65.000,00 EUR" wird der darüber hinausgehende Wert nicht mehr berücksichtigt. Insoweit wendet die Rspr. Nr. 1008 VV analog an. Vorzugehen ist dabei wie folgt:
Die Gebührentabelle des § 49 RVG reicht nur bis zur vergleichbaren Wertstufe des § 13 RVG von "bis zu 65.000,00 EUR". Dies bedeutet, dass die weiteren (80.000,00 EUR – 65.000,00 EUR =) 25.000,00 EUR streitwertmäßig von der Tabelle des § 49 RVG nicht mehr erfasst werden. Daher erhält der Anwalt aus diesem Gegenstandswert analog Nr. 1008 VV eine um 0,3 erhöhte 1,6-Verfahrensgebühr. Aus dem restlichen Wert (65.000,00 EUR – 25.000,00 EUR = 40.000,00 EUR) entsteht nur die einfache 1,3-Verfahrensgebühr. Entsprechend § 15 Abs. 3 RVG ist allerdings die Höhe der Gebühr zu begrenzen auf eine um 0,3 erhöhte 1,6-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert. Zu rechnen ist nach den Beträgen des § 49 RVG wie folgt:
1. | 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG | 690,30 EUR | |
(Wert: 40.000,00 EUR) | |||
2. | 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV, § 49 RVG | 662,40 EUR | |
(Wert: 25.000,00 EUR) | |||
gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als | 1.054,40 EUR | ||
1,6 aus über 50.000,00 EUR, § 49 RVG | |||
3. | 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG | 790,80 EUR | |
(Wert: über 50.000,00 EUR) | |||
4. | Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV | 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 1.865,20 EUR | ||
5. | 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV | 354,39 EUR | |
Gesamt | 2.219,59 EUR |
Nach a.A. ist eine gesonderte "Erhöhungsgebühr" aus dem Mehrwert auszuweisen (siehe zu diesem Problem § 13 Rdn 29 ff.). Dies würde dann zu einer zusätzlichen "0,3-Erhöhungsgebühr" nach Nr. 1008 VV führen und damit zu folgender Berechnung:
1. | 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG | 856,70 EUR | |
(W... |
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