Rz. 48

Die weitaus größere praktische Bedeutung hat der Quotenunterhalt (Halbteilung).

Für die rechnerische Umsetzung des Halbteilungsgrundsatzes gibt es verschiedene Methoden (vgl. hierzu Fall 15, siehe Rdn 1 ff.). Hier soll die sog. Additionsmethode herangezogen werden. Danach ist der Bedarf des Ehegatten grundsätzlich die Hälfte der Summe der Einkommen der beiden Ehegatten. Der Unterhaltsanspruch errechnet sich dann aus diesem Bedarf abzüglich Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten.

a) Erwerbstätigenbonus

 

Rz. 49

Vor der Addition der Einkommen ist jedoch jedes Einkommen, soweit es aus Erwerbstätigkeit (und nicht beispielsweise aus Kapital oder aus Vermietung oder aus einer Altersversorgung) erzielt wird, um 1/10 zu kürzen (sog. Erwerbstätigenbonus). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Abzug soll einen Erwerbsanreiz für die Ehegatten darstellen. Das nach diesem Abzug verbleibende Einkommen ist maßgebend für die Bedarfsberechnung ("bedarfsbestimmendes Einkommen").

 

BGH, Beschl. v. 13.11.2019 – XII ZB 3/19 Rn 18

Bei der Bedarfsbemessung nach der Quotenmethode ist nach ständiger bisheriger Senatsrechtsprechung ein Erwerbsanreiz sowohl beim Unterhaltspflichtigen als auch beim Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen. Danach widerspricht es dem Halbteilungsgrundsatz nicht, zugunsten eines erwerbstätigen Beteiligten von einer strikt hälftigen Aufteilung in maßvoller Weise abzuweichen, um den mit einer Berufsausübung verbundenen höheren Aufwand zu berücksichtigen und zugleich einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu schaffen.

 

BGH, Urt. v. 10.11.2010 – XII ZR 197/08

Es widerspricht dem Halbteilungsgrundsatz nicht, zugunsten des erwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten von einer strikt hälftigen Aufteilung in maßvoller Weise abzuweichen, um den mit einer Berufsausübung verbundenen höheren Aufwand zu berücksichtigen und zugleich einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu schaffen (vgl. Urt. v. 16.4.1997 – XII ZR 233/95, FamRZ 1998, 806, 807; Urt. v. 16.12.1987 – IVb ZR 102/86, FamRZ 1988, 265, 267 jeweils m.w.N.).

Beziehen beide Ehegatten Erwerbseinkünfte, so kommt der Erwerbsanreiz aber auch dem Unterhaltsberechtigten zugute (Urt. v. 26.9.1990 – XII ZR 45/89, FamRZ 1991, 304, 305 m.w.N.) Das wird rechnerisch dadurch umgesetzt, dass bei beiderseitigem Erwerbseinkommen im Wege der Differenzmethode der Bedarf nach einer einheitlichen Quote (etwa 3/7 nach der Düsseldorfer Tabelle oder 45 % nach den Süddeutschen Leitlinien) ermittelt wird. Dass dem Unterhaltsberechtigten ebenfalls ein Erwerbsbonus zugebilligt wird, lässt sich aus dem Halbteilungsgrundsatz und der diesem zugrunde liegenden gleichen Teilhabe von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltspflichtigem rechtfertigen.

 

BGH, Beschl. v. 13.11.2019 – XII ZB 3/19 Rn 20 ff.

Es spricht indes auch nichts dagegen, den Erwerbstätigenbonus – wie es die Süddeutschen Leitlinien vorsehen – allgemein auf ein Zehntel zu bemessen (so auch Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 1 Rn 131; mit guten Gründen eine entsprechende bundeseinheitliche Handhabung fordernd: Thesen 6 und 8 des Arbeitskreises 16 des 22. Deutschen Familiengerichtstages Brühler Schriften zum Familienrecht Bd. 20 S. 118).

b) Bedarfsbestimmendes Einkommen

 

Rz. 50

Erzielen die Ehegatten ihre Einkommen jeweils aus Erwerbstätigkeit, errechnet sich der Unterhalt wie in Fall 15 (siehe Rdn 1 ff.).

 

Rz. 51

Vorliegend soll davon ausgegangen werden, dass das (bereinigte) Einkommen von F in Höhe von insgesamt 1.000 EUR in Höhe von 500 EUR aus Vermietung stammt.

Der Bedarf der F errechnet sich dann wie folgt:

 

Rechenweg

M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 3.000 EUR

Erwerbstätigenbonus (als Erwerbsanreiz) für M: 3.000 × 10 % = 300 EUR

bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 3.000 – 300 EUR = 2.700 EUR

F hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von insgesamt 1.000 EUR

Hiervon sind aus Erwerbstätigkeit 500 EUR

Erwerbstätigenbonus (als Erwerbsanreiz) 500 EUR × 10 % = 50 EUR

Für die 500 EUR aus Vermietung darf kein Erwerbstätigenbonus abgezogen werden

bedarfsbestimmendes Einkommen der F: 1.000 – 50 EUR = 950 EUR

Der volle Bedarf von F beträgt (Summe der gekürzten Einkommen geteilt durch 2):

(2.700 + 950 EUR) : 2 = 1.825 EUR

Die Ermittlung des Erwerbsbonus bei Mischeinkünften (Arbeitseinkünfte und andere Einkünfte) ist problembehaftet. Besonders ist hierbei zu beachten, dass dann, wenn das nach Bereinigung verbleibende Einkommen höher ist als das Arbeitseinkommen, der Erwerbsbonus nur aus dem Arbeitseinkommen errechnet werden darf.[11]

[11] Vgl. hierzu im Einzelnen Wendl/Siebert, § 4 Rn 778 ff.

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