Rz. 170

Die in praktischer Hinsicht am häufigsten vorkommende Art der Trennung von Eheleuten ist der Auszug eines Ehegatten aus der gemeinsamen Mietwohnung, wohingegen der andere dort (zumindest noch eine Zeit lang) wohnen bleibt. Dabei stellen sich folgende Fragen:

bleibt das Mietverhältnis bestehen?
Wie kann sich der ausziehende Ehegatte aus dem Mietvertrag lösen?
Welcher Ehegatte haftet dann letztendlich für den anfallenden Mietzins?
Können Unterhaltsansprüche bei dieser Beurteilung eine Rolle spielen?

I. Fortbestand des Mietverhältnisses

 

Rz. 171

Weder die Trennung noch die Scheidung an sich haben Einfluss auf den Bestand eines Mietverhältnisses unabhängig davon, ob beide Ehegatten die Wohnung angemietet hätten oder nur ein Ehegatte Mieter ist.

Ist nur ein Ehegatte Mieter, ist der Ehegatte, der nicht Partei des Mietvertrages ist, nicht Dritter i.S.d. §§ 540, 553 BGB, solange es sich bei der von ihm bewohnten Wohnung um eine Ehewohnung handelt.[205] Diese Eigenschaft als Ehewohnung verliert die Wohnung nicht schon dadurch, dass der (mietende) Ehegatte die Wohnung dem anderen – ggf. auch für einen längeren Zeitraum – belassen hat bzw. diese nur noch sporadisch nutzt, sondern erst mit der endgültigen Nutzungsüberlassung.[206]

II. Haftung für Miete und Nebenkosten im Außenverhältnis

 

Rz. 172

Haben die Eheleute den Mietvertrag gemeinsam abgeschlossen, haften sie auch nach der Trennung weiterhin als Gesamtschuldner für die Miete. Dies gilt nicht nur dann, wenn sie während der Trennungszeit in der gemeinsamen Wohnung verbleiben, sondern auch nach einem Auszug eines Partners. Kann der in der Wohnung verbleibende Ehegatte seinen Anteil an der Miete nicht mehr aufbringen, so kann der Vermieter daher die volle Miete von dem ausgezogenen Partner verlangen, der im Allgemeinen aber bereits für eine eigene (neue) Mietwohnung Miete zu entrichten hat.

 

Praxistipp:

Daher muss nach der Trennung bereits frühzeitig versucht werden, auf die Entlassung des auszugswilligen Ehegatten aus dem Mietvertrag hinzuwirken. Der Ehegatte, der den Vertrag alleine fortsetzt, haftet später ggf. auch für Schönheitsreparaturen.
Bei einem Ausscheiden eines Ehegatten ist auch die Frage zu bedenken, wem später die Mietkaution zustehen soll.
Der Ausziehende ist jedoch auf den guten Willen des Vermieters angewiesen. Ist dieser – etwa weil die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verbleibenden noch weitgehend ungeklärt sind – nicht bereit, einer solchen Vereinbarung zuzustimmen, haftet der Ausziehende während der Trennungszeit weiterhin für die Miete.
 

Rz. 173

Hat nur ein Ehegatte den Vertrag abgeschlossen, so bleibt er auch dann aus dem Vertrag verpflichtet, wenn er auszieht. Es muss dann mit dem Vermieter eine Regelung getroffen werden, dass der verbleibende Ehegatte Vertragspartner wird.

OLG Köln, Beschl. v. 12.7.2018 – II-10 UF 16/18, FamRZ 2018, 1815[207]

Zitat

1. Aufgrund der in einer intakten ehelichen Lebensgemeinschaft regelmäßig bestehenden Anschauung der Ehegatten, mit dem Einkommen gemeinsam zu wirtschaften, sind finanzielle Mehrleistungen eines Ehegatten wegen Mietnebenkostenzahlungen während noch intakter Ehe im Innenverhältnis nicht auszugleichen.

2. Verbleibt ein Ehegatte nach der Trennung und dem Auszug des anderen allein in der vormals gemeinsamen Wohnung, hat er auch die Miete allein zu tragen. Etwas anderes gilt, wenn er die Wohnung kündigt; dann ist der ausgezogene Ehegatte für die gesamte Restdauer der Mietzeit an den Mietkosten beteiligt, wobei dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten vorab derjenige Teil der Miete für die gemeinsame Wohnung allein zuzurechnen ist, den er als Miete für die Nutzung einer anderweitigen, allein angemieteten Wohnung fiktiv erspart, und nur der überschießende Teil hälftig von dem anderen, aus der Ehewohnung bereits ausgezogenen Ehegatten zu tragen ist.

3. Dem in der Wohnung verbleibenden Partner ist eine Überlegensfrist von drei Monaten zur Fortführung der Wohnung zuzubilligen. Auch für diese Überlegenszeit kann im Fall der späteren Kündigung die Beteiligung des ausgezogenen Ehegatten an der Wohnungsmiete nach den Grundsätzen des Leitsatzes 2 verlangt werden.

III. Interner Ausgleich zwischen den Ehegatten

 

Rz. 174

Wird der Ehegatte, der die Wohnung verlassen hat, in Anspruch genommen, so kann ein Ausgleich – zumindest teilweise – erfolgen

über eine Verrechnung im Unterhalt,
eine Nutzungsvergütung gem. § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB oder
über den Gesamtschuldnerausgleich (§ 426 BGB).

1. Verrechnung im Unterhalt

 

Rz. 175

Wenn der Wohnvorteil oder die Wohnungsüberlassung als Naturalunterhaltsleistung bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt wird, kann der Unterhaltsschuldner keine Nutzungsvergütung für die Wohnungsüberlassung verlangen.[208]

[208] OLG Köln FamRZ 2005, 639 (Doppelverwertungsverbot).

2. Nutzungsvergütung gem. § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB

 

Rz. 176

Der in der Ehewohnung verbleibende Ehegatte schuldet eine Nutzungsvergütung, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht, auch dann, wenn die Wohnungsüberlassung an den ble...

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