Leitsatz (amtlich)

1. Aufgrund der in einer intakten ehelichen Lebensgemeinschaft regelmäßig bestehenden Anschauung der Ehegatten, mit dem Einkommen gemeinsam zu wirtschaften, sind finanzielle Mehrleistungen eines Ehegatten wegen Mietnebenkostenzahlungen während noch intakter Ehe in Innenverhältnis nicht auszugleichen.

2. Verbleibt ein Ehegatte nach der Trennung und dem Auszug des anderen allein in der vormals gemeinsamen Wohnung, hat er auch die Miete allein zu tragen. Etwas anderes gilt, wenn er die Wohnung kündigt; dann ist der ausgezogene Ehegatte für die gesamte Restdauer der Mietzeit an den Mietkosten beteiligt, wobei dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten vorab derjenige Teil der Miete für die gemeinsame Wohnung allein zuzurechnen ist, den er als Miete für die Nutzung einer anderweitigen, allein angemieteten Wohnung fiktiv erspart, und nur der überschießende Teil hälftig von dem anderen, aus der Ehewohnung bereits ausgezogenen Ehegatten zu tragen ist.

3. Dem in der Wohnung verbleibenden Partner ist eine Überlegensfrist von drei Monaten zur Fortführung der Wohnung zuzubilligen. Auch für diese Überlegenszeit kann im Fall der späteren Kündigung die Beteiligung des ausgezogenen Ehegatten an der Wohnungsmiete nach den Grundsätzen des Leitsatzes 2 verlangt werden.

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 225 F 98/17)

 

Tenor

Dem Antragsteller wird für den Beschwerdeantrag aus dem Schriftsatz vom 03.07.2018 (Bl. 279 f. d.A.) ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C aus B bewilligt.

Der Antragsgegnerin wird zur Verteidigung gegen die Beschwerde ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. F, G, bewilligt, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 05.12.2017 - 225 F 98/17 - abgeändert und die Antragsgegnerin - unter Abweisung des weitergehenden Antrags - verpflichtet, den Antragsteller von Mietzins- und Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Februar bis Juli 2017 in Höhe von je monatlich 104,00 EUR gegenüber dem Vermieter, Herrn K. Q., freizustellen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen der Antragsteller zu 4/5 und die Antragsgegnerin zu 1/5, die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird wie folgt festgesetzt:

Bis zum 05.07.2017: 2.475,31 EUR

Danach: 624,00 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind Eheleute, die um die Mietkosten für die vormals gemeinsam genutzte Wohnung streiten. Die Antragsgegnerin hatte diese im Januar 2017 verlassen; nachdem sich der Antragsteller zunächst gegen eine Kündigung verwehrte, wurde schlussendlich doch gemeinsam die Wohnung mit Wirkung zum Ende Juli 2017 gekündigt.

Der Antragsteller hat behauptet, er habe - neben weiteren Nebenkosten - die Miete der Wohnung bis März 2017 in voller Höhe von 808,00 EUR monatlich beglichen. Er ist der Ansicht gewesen, die Antragsgegnerin schulde hälftige Beteiligung.

Das Amtsgericht hat - bis auf 128,36 EUR Strom- und Schadensersatzkosten, die es zugesprochen hat - den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Antragsgegnerin sei lediglich zur Zahlung von rund 100,00 EUR pro Monat verpflichtet, da dem Antragsteller der Wert einer für ihn angemessenen Wohnung (mit 600,00 EUR) anzurechnen und lediglich der übersteigende Betrag der Miete hälftig zu teilen sei; diese Differenz sei aber durch die von der Antragsgegnerin allein geleisteten finanzielle und tatsächliche Versorgung des gemeinsamen Sohnes kompensiert.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit welcher dieser sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt und mit der er zunächst Zahlung weiterer 859,13 EUR nebst Zinsen sowie Freistellung in Höhe von monatlich 404,00 EUR für den Zeitraum April bis Juli 2017 beantragt hat. Nach Hinweisen des Senats hat er den Antrag reduziert und beantragt nunmehr noch,

unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 05.12.2017 - 225 F 98/17 - die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller von Mietzins und Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Februar bis Juli 2017 in Höhe von monatlich 104,00 EUR gegenüber dem Vermieter, Herrn K. Q., freizustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat - nach Änderung des Beschwerdebegehrens - in der zuletzt gestellten Form in vollem Umfang Erfolg. Die Gründe hierfür ergeben sich im Einzelnen aus dem Beschluss des Senats vom 05.06.2018 (Bl. 269 ff. d.A.). Dort hat der Senat ausgeführt:

"Ein Ausgleichsanspruch des Antragstellers besteht für die Zeit von Februar bis Juli 2017 nur in Gestalt eines Freistellungsanspruchs in Höhe von monatlich 104,00 EUR:

Scheitert die Ehe und kommt es zur Trennung, lebt im Falle des Auszie...

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