Rz. 12

Auch beim Trennungsunterhalt sind die allgemeinen Grundsätze von Bedarf und Bedürftigkeit der Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zu beachten.

Die Voraussetzungen für die gerichtliche Zuerkennung eines Unterhaltsbetrages sind

auf Seiten des Unterhaltsberechtigten

ein Unterhaltsanspruch

der fällig ist
der nicht verwirkt ist und dem keine Ausübungshindernisse entgegenstehen

der Berechtigte muss einen unterhaltsrechtlich anerkannten Bedarf haben

(vereinfachend: was dem Berechtigten unterhaltsrechtlich zusteht)

den er nicht selbst durch eigene finanzielle Mittel decken kann (sog. Bedürftigkeit)

(vereinfachend: was der Berechtigten – noch – braucht)

auf Seiten des Unterhaltspflichtigen dessen finanzielle Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung

seiner Einkünfte
der unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Abzüge
der Ansprüche anderer vorrangiger oder gleichrangiger Unterhaltsberechtigter und

des eigenen Selbstbehaltes

vereinfachend: was der Verpflichtete zahlen kann.
 

Rz. 13

Beim Ehegattenunterhalt müssen die oben dargestellten Punkte genau differenziert werden.

Der unterhaltsberechtigte Ehegatte hat die Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf und seine Bedürftigkeit.
Der unterhaltspflichtige Ehegatte hat die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen sich seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit ergeben soll.[8]
[8] BGH FamRZ 1990, 283, 287; OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 1011.

1. Definition des Bedarfes

 

Rz. 14

Auch der für den Trennungsunterhalt maßgebliche Bedarf orientiert sich in erster Linie an den Einkommen beider Eheleute, die während der Ehe erzielt worden sind und die Lebensverhältnisse geprägt haben. Zur Bedarfsbemessung gehören aber auch eheprägende Belastungen z.B. durch unterhaltsberechtigte Kinder und Ratenbelastungen. Dabei bezieht sich der Begriff des Bedarfs auf den allgemeinen Lebensbedarf, also Wohnung, Kleidung, Ernährung, Freizeit, Urlaub usw. Relevant sind also die finanziellen Mittel, die regelmäßig für die Ehegatten und die übrigen Familienmitglieder für den Lebensunterhalt und den Konsum verbraucht worden sind.

Auch hier gilt allerdings eine Einschränkung: Wurde während des ehelichen Zusammenlebens ein Teil der Einkünfte der Ehegatten nicht für den allgemeinen Lebensbedarf verwendet, hat dieser Einkommensanteil auch nach Trennung und Scheidung bei der Unterhaltsbemessung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben.[9] Denn der Begriff des Bedarfs orientiert sich nur an den für den Lebensunterhalt und den Konsum benötigten und verwandten Mitteln. Daher bleiben diejenigen Teile des gehobenen Einkommens, die regelmäßig zur Vermögensbildung und nicht für den laufenden Lebensunterhalt verwendet worden sind, bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen außer Betracht.[10] Das hat nicht nur für die Fälle der Unterhaltsberechnung bei gehobenen Einkommensverhältnissen (siehe hierzu auch die sog. "konkrete Bedarfsberechnung") besondere Bedeutung.

 

Rz. 15

Bei niedrigen und bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen kann man davon ausgehen, dass das gesamte Familieneinkommen regelmäßig durch Konsum verbraucht worden ist. Der BGH nimmt hier jetzt in diesen Fällen eine tatsächliche Vermutung für eine vollständige Ausgabe des Einkommens zu Konsumzwecken an.[11] Will ein Ehegatte eine abweichende Berechnungsweise durchsetzen, muss er diese Vermutung des vollständigen Verbrauches des gemeinsam erzielten Einkommens für den Konsum während der Zeit der Ehe widerlegen.[12]

 

Rz. 16

Besonders bei gehobenen wirtschaftlichen Verhältnissen findet zwar auch ein deutlicher höherer Verbrauch für einen deutlich höheren und teureren Lebensunterhalt statt. Es bleibt dennoch regelmäßig ein nicht unerheblicher Teil des regelmäßigen Einkommens übrig, der auch i.d.R. in Rücklagen der verschiedensten Arten der Vermögensbildung abgeführt wird.

 

Rz. 17

 

Praxishinweis:

Regelmäßige Rücklagen zur Vermögensbildung sind also für die Bemessung des Bedarfes nach den ehelichen Lebensverhältnissen außer Ansatz zu lassen.[13]
Dabei kann im normalen Einkommensbereich nach der Lebenserfahrung auf eine Vermutung dafür abgestellt werden kann, dass das gesamte Einkommen für den allgemeinen Lebensunterhalt verbraucht worden ist.[14]
In höheren Einkommensverhältnissen greift diese Vermutung allerdings nicht mehr.
Der BGH zieht die Grenze bei einem Familieneinkommen in Höhe des doppelten Betrages des Höchstsatzes der Düsseldorfer Tabelle, 2021 also bei 2 * 5.500 EUR = 11.000 EUR.[15]
Zwar ist die Düsseldorfer Tabelle 2022 bis zum Einkommensbereich von 11.000 EUR erweitert worden. Noch nicht geklärt ist, ob sich damit diese Einkommensgrenze auf jetzt 22.000 EUR (2 * 11.000 EUR) verschiebt oder es weiterhin bei der Einkommensgrenze von 11.000 EUR verbleibt.
Im Einkommensbereich bis zu einem monatlichen Familieneinkommen von 11.000 EUR wird der Unterhalt daher schlicht nach einer Quote des gesamten bereinigten Einkommens beider Ehegatten errechnet (sog. Quotenunterhalt; siehe unten Rdn 17...

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