Rz. 203

Schutzanordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz kommen bei Verletzungen des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit in Betracht, wobei die Voraussetzungen denjenigen des § 823 Abs. 1 BGB entsprechen.[277] § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG erstreckt die Möglichkeit gerichtlicher Schutzanordnungen in Fällen, in denen die Gewalt noch nicht i.S.v. Abs. 1 ausgeübt worden ist, auf die widerrechtliche Drohung mit einer Verletzung der in Abs. 1 genannten Rechtsgüter.

Eine Verletzung des Körpers liegt vor bei einem unbefugten Eingriff in die körperliche Integrität. Unter einer Gesundheitsverletzung wird jedes Hervorrufen oder Steigern eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustandes verstanden, unabhängig davon, ob Schmerzen oder tiefgreifende Veränderungen der Befindlichkeit auftreten. Körper- und Gesundheitsverletzungen gehen ineinander über. Psychische Gewalt wird als Körper- und Gesundheitsverletzung erfasst, wenn sie sich beim Opfer psychisch auswirkt, wobei die Beeinträchtigung eine gewisse Erheblichkeit erreichen muss.[278]

 

Praxistipp:

Nicht geschützt durch das Gewaltschutzgesetz ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht.[279]
Allerdings gilt für gerichtliche Anordnungen zum Schutz der anderen von § 823 Abs. 1 und 2 BGB erfassten Rechtsgüter – also auch für das Persönlichkeitsrecht –, dass eine analoge Anwendung des Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB in Betracht kommt.[280]

Bei sämtlichen Tatbeständen müssen zusätzlich zu den in den jeweiligen Tatbeständen genannten Tathandlungen folgende weitere Tatbestandsmerkmale erfüllt sein:

Widerrechtlichkeit, die durch die Verletzungshandlung regelmäßig indiziert wird
Verschulden, wobei Vorsatz erforderlich ist
Wiederholungsgefahr, die durch die Verletzungshandlung indiziert wird.

OLG Braunschweig, Beschl. v. 30.9.2014 – 2 UF 118/14[281]

Zitat

Hat es eine getrennt lebende Ehefrau zumindest geduldet, dass sich der Ehemann zum Abholen der Kinder und zur Übergabe von Fotokopien im Eingangsbereich des Hauses/der Ehewohnung aufgehalten hat, liegen die Voraussetzungen für ein widerrechtliches Eindringen weder im Sinne des § 123 StGB noch des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a GewSchG vor, denn der Aufenthalt des Ehemanns geschah mit einem die Widerrechtlichkeit ausschließenden Einverständnis der Ehefrau.

[277] OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 460; Johannsen/Henrich/Dürbeck, Familienrecht, 7. Aufl., § 1 GewSchG Rn 5.
[278] Johannsen/Henrich/Dürbeck, § 1 GewSchG Rn 5; OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 460; OLG Hamm FamRZ 2012, 645.
[279] BT-Drucks 14/5429, S. 18 f.; OLG Hamm FamRZ 2012, 645: Veröffentlichung von Nacktbildern und Zusendung eines ehrenrührigen Briefes; OLG Celle FamRZ 2013, 569; OLG Celle FamRZ 2012, 1950.

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