Leitsatz (amtlich)

1. Zur Einkommensermittlung für einen nachehelichen Unterhalt ab 30.4.2011, wenn der Durchschnittsverdienst in den ersten fünf Monaten des Jahres 2011 etwas geringer ist als im Jahr 2010.

2. Die Unterhaltsberechtigte genügt ihrer sekundären Darlegungslast zum ehebedingten Nachteil im Rahmen des § 1578b BGB nicht, wenn sie nicht nachvollziehbar vorträgt, aus welchen Gründen sie ihren erlernten Beruf schon geraume Zeit vor der Heirat aufgegeben hat.

3. § 1578b BGB ist keinesfalls dahin zu verstehen, dass der nacheheliche Unterhalt bei Fehlen ehebedingter Nachteile etwa von Anfang an entfällt oder nur für eine ganz kurze Frist bestehen soll, die zur Dauer der Ehe in keinem vernünftigen Verhältnis mehr steht.

 

Normenkette

BGB §§ 1573, 1578b

 

Verfahrensgang

AG Lüdinghausen (Urteil vom 09.07.2010; Aktenzeichen 13 F 231/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin und die Anschlussberufung des Antragstellers wird das am 9.7.2010 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Lüdinghausen im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller wird unter Abweisung des Antrags im Übrigen verurteilt, an die Antragstellerin nachehelichen Unterhalt in monatlicher Höhe von 185 EUR beginnend mit Rechtskraft der Ehescheidung am 30.4.2011 bis zum 30.4.2014 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.

Der Antragsteller, geb. am 15.5.1961, und die am 12.12.1960 geborene Antragsgegnerin haben am 10.8.1984 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder U, geb. am 14.11.1986, E, geb. am 13.7.1988 und W, geb. am 9.5.1992 hervorgegangen. Die Parteien leben seit November 2007 getrennt. W, die die 13. Klasse des Gymnasiums besucht, lebt im Haushalt der Antragsgegnerin. Der Antragsteller zahlt für sie monatlich 307 EUR Kindesunterhalt. Die übrigen Kinder sind wirtschaftlich selbständig. Der Scheidungsantrag ist der Antragsgegnerin am 13.5.2009 zugestellt worden. Durch das angefochtene Urteil ist die Ehe der Parteien geschieden worden. Die Rechtskraft ist bezüglich des Ausspruchs zur Scheidung am 30.4.2011 eingetreten.

Der Antragsteller ist gelernter Bauschlosser. Er ist bei der Fa. I in N beschäftigt. Aufgrund eines Änderungsarbeitsvertrages vom 25.11.2010 ist er als Schichtleiter tätig. Über sein Vermögen ist am 17.3.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Steuererstattungen wurden vom Treuhänder einbehalten und an die Gläubiger verteilt. Die Antragsgegnerin ist staatlich geprüfte Kinderpflegerin. In diesem Beruf war sie nach Abschluss ihrer zweijährigen Ausbildung von 1980 bis März 1983 tätig. Seitdem hat sie nicht mehr versicherungspflichtig gearbeitet. Im Jahr 1983 zogen die Parteien nach T, wo sie im Haus der Eltern der Antragsgegnerin zu günstigen Bedingungen wohnen konnten. Die Antragsgegnerin arbeitete ab 1996 für 1,5 Jahre in der Kinderbetreuung. Ab 2006 betreute sie für die Dauer von 2 Jahren eine ältere Dame. Sie hat sich bei zwei Kirchengemeinden, und zwar in N und in M als Kinderpflegerin beworben. Seit dem 1.9.2010 ist die Antragsgegnerin in der Schulmensa der Gemeinde T teilzeitbeschäftigt mit 15 Wochenstunden. Der Arbeitsvertrag ist befristet bis zum 31.8.2011. Seit Oktober 2010 ist sie zugleich bei der kath. Kirchengemeinde in T als Reinigungskraft und Hausmeisterin beschäftigt. Das monatliche Nettoeinkommen aus dieser Tätigkeit beträgt 349,06 EUR.

Durch die angefochtene Entscheidung vom 9.7.2010 ist der Antragsteller unter Abweisung des Antrages im Übrigen verurteilt worden, an die Antragsgegnerin befristet bis zum 31.12.2010 nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 220 EUR nebst Fälligkeitszinsen zu zahlen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, der Antragsgegnerin stehe Unterhalt gem. § 1573 BGB zu. Sie sei als gelernte Kindergärtnerin weder durch Kindererziehung noch aus gesundheitlichen Gründen gehindert, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Sie habe nur unzureichende Erwerbsbemühungen dargelegt, so dass ihr ein fiktives Einkommen i.H.v. 900 EUR zuzurechnen sei. Auf Seiten des Antragstellers sei von einem Nettoeinkommen i.H.v. monatsdurchschnittlich 1.815,55 EUR auszugehen, das ihm trotz der Insolvenz ausgezahlt worden sei. Hiervon sei der Kindesunterhalt i.H.v. 307 EUR in Abzug zu bringen. Weiter seien Fahrtkosten für ein Firmenticket i.H.v. 85,50 EUR zu berücksichtigen. Der daraus resultierende Unterhaltsanspruch sei zeitlich bis Ende 2010 wegen der engen finanziellen Verhältnisse des Antragstellers zu befristen.

Die Antragsgegnerin rügt mit ihrer Berufung die Befristung des Unterhaltsanspruchs und trägt zur Begründung vor, ihr sei bereits durch den Umzug der Familie nach M und die damit einhergehende Arbeitslosigkeit ein ehebedingter Nachteil entstanden. Während der Ehe habe sie die Kinder und den Haushalt versorgt. Daneben habe sie n...

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