Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt: Abänderung wegen geänderter Rechtsprechung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Einbeziehung einer - nach Scheidung einsetzenden - Rente aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung in die Bedarfsermittlung reicht es auch nach der Entscheidung des BVerfG vom 25.1.2011 (FamRZ 2011, 437 ff.) aus, dass die Versicherung bereits während der Ehe bestanden hat.

 

Normenkette

BGB § 1578 Abs. 1 S. 1, § 1578b

 

Verfahrensgang

AG Siegen (Beschluss vom 02.03.2011; Aktenzeichen 15 F 1680/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Fami-liengericht - Siegen vom 2.3.2011 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Siegen vom 2.3.2011 bezüglich des Widerantrags der Antragsgegnerin abgeändert. Der Antragsteller wird in Abänderung des Urteils des OLG Hamm vom 18.12.2009 (13 UF 272/07) verurteilt, an die Antragsgegnerin für die Zeit von August 2010 bis Dezember 2010 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. insgesamt 744 EUR und ab Januar 2011 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. insgesamt 725 EUR, fällig und zahlbar jeweils zum Ersten eines Monats, zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Abänderungsverfahrens um nachehelichen Unterhalt.

Die am 1.8.1955 geborene Antragsgegnerin und der Antragsteller, geboren am 11.6.1950, schlossen im April 1972 die Ehe miteinander, die durch Urteil vom 9.5.1998 geschieden wurde.

Die Antragsgegnerin war bei der Heirat 16 Jahre alt und vom Antragsteller schwanger. Aus der Ehe gingen insgesamt vier Kinder hervor, von denen das Jüngste - Z - im Jahre 1987 geboren wurde. Die Antragsgegnerin beendete ihre Schulausbildung mit der Mittleren Reife; zu einer weiteren schulischen oder beruflichen Ausbildung kam es nicht, denn die Antragsgegnerin versorgte während der Ehe den Haushalt und betreute - auch noch nach der Trennung bzw. Scheidung, soweit das Alter der Kinder dies erforderte - die Kinder.

Im Jahre 1989 wurde bei der Antragsgegnerin eine Darmkrebserkrankung diagnostiziert, weshalb sie seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft ist. Sie bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. netto 1.072,84 EUR und aus einer Nebentätigkeit weitere rund 348 EUR.

Der Antragsteller war Beamter bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, zuletzt als Verwaltungsamtsrat mit der Besoldungsgruppe A 12. Seit dem 1.4.2009 erhält er wegen Dienstunfähigkeit - er leidet an Diabetes und Polyneuropathie - Versorgungsbezüge und seit Dezember 2008 aus einer im Jahre 1990 abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung monatlich 1.631,22 EUR brutto; die Zahlungen aus der Zusatzversicherung werden voraussichtlich bis Juni 2014 weiterlaufen.

Der Antragsteller wurde durch Urteil des OLG Hamm vom 18.12.2009 u.a. verurteilt, an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 666 EUR zu zahlen. Der Unterhaltsermittlung lag auf Seiten des Antragstellers ein um Vorsorgeaufwendungen und Kindesunterhalt bereinigtes Einkommen (Versorgungsbezüge, Berufsunfähigkeitsversicherung und Steuererstattung) von 2.493,90 EUR zugrunde, während sich bei der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen, Fahrtkosten, Steuern, Erwerbstätigenbonus und Kindesunterhalt ein bereinigtes Einkommen (Rente und Erwerbseinkommen) von 1.161,70 EUR errechnete. Eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts wurde im Urteil vom 18.12.2009 mit ausführlicher Begründung abgelehnt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Darstellung im genannten Urteil verwiesen.

Der in der Unterhaltsberechnung vom 18.12.2009 bei beiden Parteien noch berücksichtigte Unterhalt für die 1987 geborene Tochter Z fiel im Juli 2010 weg.

Mit seinem im Oktober 2010 eingegangenen Abänderungsantrag hat der Antragsteller einen Wegfall seiner Unterhaltspflicht geltend gemacht. Zur Begründung hat er ausgeführt, mittlerweile habe sich die Rechtsprechung des BGH geändert; darin liege ein Abänderungsgrund. So habe der BGH mit Beschluss vom 17.2.2010 (XII ZR 140/08) klargestellt, dass sich der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs (i.S.v. § 1578b BGB) nach den Einkünften bemesse, die der Berechtigte ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung habe. Bei Krankheitsunterhalt könne deshalb nur auf das Einkommen abgestellt werden, das hypothetisch bei Krankheit zur Verfügung gestanden habe.

Das OLG habe dagegen bei der hypothetischen Betrachtungsweise des Werdegangs der Antragsgegnerin nicht nur auf die reinen Einkünfte aus einer Erwerbsunfähigkeit abgestellt, sondern auf allgemeine Einkünfte. Bei Anlegung des nunmehr zutreffenden Maßstabs ergebe sich, dass die Antragsgegnerin aus der Ehe lediglich Vorteile erlangt habe. Sie verfüge aufgrund des ihr (mit 556,51 EUR monatlich) zugute gekommenen Versorgungsausgleichs über eine Rente von 1.072 EUR und über 360 EUR aus einer geringfügigen Beschäftigung. Demgegenüber ergebe eine...

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