Rz. 42

Im Transport-,[65] Werk-[66] und Sachschadenrecht[67] kann auch ohne festgestellte Substanzverletzung allein aufgrund eines der betroffenen Sache anhaftenden und zu einer Wertminderung führenden Schadensverdachts ein Untersuchungsrecht bestehen.[68]

 

Rz. 43

Übersteigen die voraussichtlichen Untersuchungskosten den Verkehrswert der betroffenen Sache, kann ein wirtschaftlicher Totalschaden auch ohne festgestellte Substanzverletzung allein aufgrund des begründeten Schadensverdachts in Betracht kommen.[69]

 

Rz. 44

Dieses Untersuchungsrecht gibt es nicht bei Verdacht auf Personenschaden: Beim Körperschaden gibt es eben kein Äquivalent zum Minderwert (§ 849 BGB).

 

Rz. 45

Ergänzend zum Verletzungsverdacht siehe auch unten (siehe Rn 99 ff.).

[65] BGH v. 24.5.2000 – I ZR 84/98 – BauR 2001, 686 (nur Ls.) = BB 2000, 2491 (nur Ls.) = MDR 2001, 402 = NJW-RR 2001, 322 = TranspR 2000, 456 = VersR 2001, 127 = VRS 100, 11 = WM 2001, 84 = zfs 2001, 13 (Eine Sachbeschädigung i.S.v. § 429 I HGB kann grundsätzlich auch ohne festgestellte Substanzverletzung allein aufgrund eines der betroffenen Sache anhaftenden Schadensverdachts in Betracht kommen. Veranlasst der Auftraggeber des Frachtführers zum Zwecke der Ausräumung eines berechtigten Schadensverdachts eine Untersuchung der Sache, können die dadurch entstandenen Kosten unter den Voraussetzungen des § 430 III HGB ersetzt verlangt werden.); BGH v. 11.7.2002 – I ZR 36/00 – NJOZ 2002, 2489 = TranspR 2002, 440 (Eine Sachbeschädigung kann auch ohne festgestellte Substanzverletzung allein aufgrund eines der betroffenen Sache anhaftenden Schadensverdachts in Betracht kommen [konkret: unsichtbare Schäden an einem zehnachsigen Tieflader durch den Aufprall eines Transportbehälters beim Verladen], da ein potentieller Erwerber einer mit einem Schadensverdacht behafteten Sache im allgemeinen nicht bereit sein wird, ohne vorherige Ausräumung des Verdachts für die betroffene Sache den vollen Marktpreis zu zahlen, so dass ein begründeter Schadensverdacht daher i.d.R. zu einer Minderung der Wertschätzung des betroffenen Gutes im wirtschaftlichen Verkehr führt. Es ist daher grundsätzlich gerechtfertigt, dass der Eigentümer die Sache daraufhin untersuchen lässt, ob unsichtbare Schäden tatsächlich vorhanden sind, die zur Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der betroffenen Sache behoben werden müssen. Der Ersatzpflichtige hat die für die gebotene Untersuchung erforderlichen Kosten auch dann zu erstatten, wenn die Untersuchung ergibt, dass keine unsichtbaren Schäden entstanden sind.).
[66] LG Hamburg v. 5.3.1992 – 308 S 209/91 – BauR 1992, 812 (nur Ls.) = NJW-RR 1992, 1301 (Ergibt die auf eine Mängelrüge des Auftraggebers erfolgte Überprüfung des Werks durch den Werkunternehmer die Mangelfreiheit des Werks, hat der Auftraggeber die dem Unternehmer für die Überprüfung entstandenen Kosten – Fahrtkosten, Lohnkosten – zu ersetzen); a.A.:AG Ludwigslust v. 31.1.2002 – 2 C 484/00 – (Kein Anspruch des Unternehmers gegen den Besteller auf Erstattung der Kosten eines zur Mangelfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens bei einer unberechtigten Rüge eines vermeintlichen Mangels).
[67] BGH v. 21.6.1977 – VI ZR 58/76 – MDR 1978, 128 = NJW 1977, 2264 = VersR 1977, 965 (Eine Verletzung der Substanz von Grundstück und Betriebseinrichtung ist für die Bejahung der physischen Beeinträchtigung nicht unerlässlich. Auch die mit keiner Beschädigung oder Zerstörung verbundene Entziehung einer Sache kann eine Verletzung des Eigentums i.S.v. § 823 I BGB darstellen; das gleiche kommt in Betracht bei einer Einwirkung auf die Sache, die deren Benutzung verhindert); OLG Stuttgart v. 15.6.1994 – 1 U 207/94 – BauR 1995, 137 (nur Ls.) (Ersatzfähiger Schaden des Eigentümers einer bei Erdarbeiten beschädigten Versorgungsleitung); LG Mönchengladbach v. 21.10.1987 – 5 S 89/87 – (Grundsätzlich kann der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug auf Kosten des Schädigers darauf überprüfen lassen, ob nicht verdeckte Mängel vorliegen).
[68] Siehe BGH v. 7.2.2012 – VI ZR 29/11 – MDR 2012, 463 = NJ 2012, 291 = NJW-RR 2012, 1048 = NJW-Spezial 2012, 174 = NZV 2012, 481 = r+s 2012, 200 = VersR 2012, 447 = VRS 123, 154 = WM 2012, 1788 = zfs 2012, 371 (Es kann offenbleiben, ob bereits der begründete Verdacht, die Gasleitung könne infolge des Befahrens des Schutzstreifens mit dem Bagger beschädigt worden sein, für die Annahme einer Eigentumsverletzung genügt); BGH v. 25.10.1988 – VI ZR 344/87 – BGHZ 105, 346 = EWiR 1989, 145 = JZ 1989, 639 = MDR 1989, 244 = NJW 1989, 707 = NJW-RR 1989, 476 (nur Ls.) = VersR 1989, 91 = zfs 1989, 75 (Soweit der Kläger den Ersatz von Untersuchungskosten verlangt, kann sich der Anspruch auch als Folgeschaden der Verkaufsverbote oder der Futtermittelbeschlagnahme ergeben und damit von § 823 I, II BGB umfasst sein).
[69] BGH v. 11.7.2002 – I ZR 36/00 – NJOZ 2002, 2489 = TranspR 2002, 440.

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