aa) Allgemein

 

Rz. 21

Die Einstandspflicht eines Schädigers erstreckt sich nicht auf solche Folgeschäden seiner unerlaubten Handlung, die bei wertender Betrachtung nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der Unfallverletzung des Geschädigten stehen, sondern mit dieser nur eine bloß zufällige äußere Verbindung haben und sich deshalb letztlich als Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos darstellen.[39]

 

Rz. 22

Es gilt der Grundsatz, dass Ersatz für mittelbaren Vermögensschaden, den ein Dritter bei Verletzung eines fremden Rechtsgutes durch bloße Reflexwirkung erleidet, grundsätzlich nicht geschuldet wird.[40]

[39] BGH v. 23.10.1984 – VI ZR 30/83 – DAR 1985, 54 = MDR 1985, 479 = NJW 1985, 791 = r+s 1985, 15 = VersR 1985, 62 = VRS 68, 81 = zfs 1985, 76; BGH v. 3.2.1976 – VI ZR 235/74 – JR 1977, 235 (Anm. Heinze JR 1977, 237) = MDR 1976, 565 = NJW 1976, 1143 = VersR 1976, 639 (Gehirnblutung als Folgeschaden aus Erregung über wörtliche und tätliche Beleidigung); BGH v. 7.6.1968 – VI ZR 1/67 – BB 1968, 813 (nur Ls.) = JZ 1969, 702 (Anm. Huber JZ 1969, 677) = MDR 1968, 747 = NJW 1968, 2287 = VersR 1968, 800 (Pensionierung nach Entdeckung verborgener unfallfremder Erkrankung liegt nicht im Schutzbereich des § 823 I BGB und ist daher vom Schädiger nicht zu ersetzen); BGH v. 2.7.1957 – VI ZR 205/56 – BB 1957, 980 = BGHZ 25, 86 = NJW 1957, 1475 (Anm. Larenz NJW 1958, 627) (Stirbt ein Unfallverletzter an einem Eingriff, der gelegentlich einer unfallbedingten Operation zur Beseitigung eines nicht unfallkausalen Leidens vorgenommen wird, ist sein Tod keine adäquate Unfallfolge); OLG München v. 9.8.2013 – 10 U 427/13 – r+s 2013, 568 (Fahrzeugschäden durch vom Rettungshubschrauber aufgewirbelte Gegenstände).
[40] Teilweise erfolgt die Ausgrenzung des Ersatzanspruches, da sich das verwirklichte Risiko als Ausprägung eines bestehenden allgemeinen Lebensrisikos darstellt; siehe Diehl zfs 2007, 627.

bb) Stau

 

Rz. 23

Rechtlich entspricht die Situation im Beispiel 3.3 (siehe Rn 37) dem Stau auf der Autobahn, den eine dritte Person verursacht und der dazu führt, dass ein Geschäftsmann, der im Stau stecken bleibt, zu spät zum Flughafen kommt und infolgedessen einen Geschäftsabschluss verpasst (siehe auch Rn 26, Rn 342). Hier besteht kein Schadensersatzanspruch.

 

Rz. 24

Wird ein Liefertermin wegen Verzögerung durch einen Unfall nicht eingehalten und storniert der Empfänger deswegen den Auftrag, kann der Auftragnehmer (Hersteller) diesen Vermögensschaden nicht ersetzt verlangen.[41]

[41] OLG Hamm v. 23.8.2007 – 6 U 38/07 – SP 2008, 210; Böhme/Biela, Kap. 4 Rn 236; siehe auch BGH v. 22.6.2011 – I ZR 108/10 –dash; BB 2011, 2306 (nur Ls.) = MDR 2011, 1302 = NJW-RR 2011, 1484 = TranspR 2011, 362 (Wird die Reise eines Schiffes durch eine vorübergehende Sperrung eines Schifffahrtsweges, die nicht dem Verantwortungsbereich des Absenders zugerechnet werden kann [konkret Sperrung des Schifffahrtsweges wegen einer Havarie], verzögert, steht dem Frachtführer gegen den Absender neben der vereinbarten Fracht kein Anspruch auf zusätzliche Vergütung nach § 420 III HGB zu).

cc) Verkehrswegsperrung

 

Rz. 25

Eine Eigentumsverletzung kann nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen (z.B. wenn ein Fahrzeug jede Bewegungsmöglichkeit verliert und seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen wird).[42]

 

Rz. 26

Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn das Fahrzeug unter Beibehaltung seiner Bewegungsmöglichkeit im Übrigen nur wenige Stunden an einer konkret geplanten Fahrt gehindert und dadurch lediglich seine wirtschaftliche Nutzung vorübergehend eingeengt wird.[43] Die bloße Sperrung eines bestimmten Weges stellt grundsätzlich keine Verletzung des Eigentums an dem betroffenen Transportmittel dar; ebenso wenig kommt ein Eingriff in den Gewerbebetrieb in Betracht.[44]

 

Rz. 27

BGH v. 3.7.1990[45] führt aus:

Zitat

a) Zwingende Voraussetzung für die Einstandspflicht des Fahrzeugführers nach § 18 I StVG ist, daß ein Fall des § 7 I StVG gegeben, d.h. eines der dort genannten Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" verletzt worden ist. Dieses Haftungsmerkmal ist freilich ... nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats entsprechend dem weiten Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 I StVG ist sozusagen der Preis dafür, daß durch die Verwendung eines Kfz erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kfz-Verkehr beeinflußten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kfz entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kfz ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kfz (mit)geprägt worden ist.[46] Erforderlich ist aber stets, daß es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift ...

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