Rz. 75

Die Geschwindigkeitsermittlung auf der Grundlage des PPS/eines Videonachfahrsystems ist ebenfalls ein standardisiertes Messverfahren i.S.d. Rechtsprechung des BGH (KG, VRS 100, 471; OLG Bamberg, DAR 2012, 154 = VA 2012, 83 zu ProViDa; VRR 3/2017, 16 = VA 2017, 104; OLG Düsseldorf, VRS 99, 297; OLG Hamburg, NZV 2019, 255 [Motorradfahrer]; OLG Köln, DAR 1999, 516 = VRS 97, 443; zfs 2017, 294 = VA 2017, 11; OLG Hamm, NZV 2001, 90 m.w.N.; OLG Saarbücken, DAR 2016, 534 = VA 2016 136 = VRR 9/2016, 14; AG Landstuhl, Beschl. v. 5.2.2022 – 2 OWi 4211 Js 8338/21, VA 2022, 122; wegen der Einzelh. der Messung § 1 Rdn 1264 ff. und Burhoff/H.-P. Grün u.a., OWi, Rn 2119 ff., die Tabelle bei Rdn 51). Das bedeutet: I.d.R. genügt es auch hier, wenn sich eine Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf die Mitteilung des Messverfahrens und die nach Abzug der Messtoleranz ermittelte Geschwindigkeit stützt. Es handelt sich aber nicht um ein standardisiertes Verfahren, wenn die Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeuges mittels manueller Weg-/Zeitberechnung anhand des Videobandes durch nachträgliche Auswertung des geeichten Wegstrecken- und Einzelbildzählers im Wege der so genannten Fest- oder Fixpunktmessung berechnet wird (OLG Hamm, Beschl. v. 22.6.2017 – 1 RBs 30/17; zu den erforderlichen Angaben bei der nachträglichen Auswertung einer Messung mit dem System ProViDa 2000 modular, analog einer auto 2 Messung OLG Oldenburg, Beschl. v. 23.6.2929 – 2 Ss (OWi) 158/20; zu den Feststellungen bei einer Messung mit ProViDA von einem Motorrad aus OLG Hamburg, NZV 2019, 255).

 

Hinweis

Darüber hinausgehende Angaben, z.B. zur Nachfahrstrecke und zu den ermittelten Messergebnissen sind nach der neueren Rechtsprechung nicht (mehr) erforderlich; so ausdrücklich das OLG Köln (DAR 1999, 516 = VRS 97, 443) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (BGHSt 43, 277 = NJW 1998, 321). Nicht ausreichend ist es aber, wenn sich dem Urteil nur entnehmen lässt, dass die Geschwindigkeit mithilfe eines nachfahrenden Messfahrzeugs festgestellt worden ist. Das legt eine Messung mit PPS zwar nahe, teilt aber nicht mit, mit welcher der nach dem System möglichen Einsatzmöglichkeiten gemessen worden ist (OLG Brandenburg, DAR 2000, 278).

 

Rz. 76

Anzugeben ist also (vgl. OLG Köln, a.a.O.),

dass nach dem PPS bzw. ProViDa-System gemessen wurde,
welche der denkbaren Einsatzmöglichkeiten angewandt wurde (OLG Bamberg, DAR 2012, 154 = VA 2012, 83; OLG Hamm, Beschl. v. 9.12.2009 – 3 Ss OWi 948/09, VA 2010, 52 [insoweit nicht in VRR 2010, 232 = StRR 2010, 198]; OLG Jena, NJW 2006, 1075 = DAR 2006, 163 = VRS 110, 45; VA 2011, 207; Beschl. v. 2.7.2019 – 1 OLG 107 SsBs 161/18; OLG Schleswig, VA 2011, 64; a.A. OLG Bamberg, VRR 3/2017, 16 = VA 2017, 104; OLG Saarbrücken, DAR 2016, 534 = VA 2016 136 = VRR 9/2016, 14 = VA 2016, 136; wegen der Einzelh. auch Burhoff, VA 2001, 59); die Geschwindigkeitsmessung (mittels Provida) kann i. Üb. auch dergestalt erfolgen, dass aus einem gefertigten Video nachträglich eine Auswertestrecke festgelegt wird und für diese Strecke dann mittels Bildzähler eine Geschwindigkeitsberechnung anhand des Videos stattfindet (OLG Hamm, Beschl. v. 10.3.2020 – 4 RBs 87/20, zfs 2020, 472 [Messung mit Motorrad]; AG Lüdinghausen, Urt. v. 20.4.2015 – 19 Owi 89 Js 139/14) und
welcher Toleranzwert zugrunde gelegt worden ist (OLG Braunschweig, NZV 1995, 367 = DAR 1995, 361; OLG Köln, DAR 1999, 516 = VRS 97, 443; zur Toleranz­problematik bei ProViDa Golder, VRR 2011, 96).
 

Rz. 77

I.d.R. ist ein Toleranzwert von 5 % ausreichend (vgl. a. KG, DAR 2009, 39 [5 % bei PPS in der Betriebsart "MAN"]; Beschl. v. 15.12.2021 – 3 Ws (B) 304/21 (10 % reichen auf jeden Fall, auch nach Umrüstung von Sommer auf Winterreifen); OLG Hamm, VA 2004, 17; DAR 2004, 42 = VRS 106, 64; OLG Köln, DAR 1999, 516 = VRS 97, 443; OLG Saarbrücken, DAR 2016, 534 = VA 2016 136 = VRR 9/2016, 14 = VA 2016, 136; i.Ü. BayObLG, DAR 1998, 360 [10 % für Proof Speed Messgerät ausreichend]; zum Toleranzabzug und zur Eichgültigkeit bei gewechselten Reifen OLG Hamm, VRR 2011, 354 = DAR 2011, 538 = zfs 2011, 590, und dazu Grün, VRR 2011, 340).

 

Hinweis

Will das Tatgericht von einem von der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Toleranzwert zulasten des Betroffenen abweichen, bedarf es eingehender Darlegungen, warum im konkreten Fall ausnahmsweise ein geringerer Toleranzabzug ausreichend erscheint (OLG Celle, VA 2010, 192 = VRR 2010, 431 = NZV 2011, 411 [Ls.]).

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