Rz. 216

Bei dem in Bezug genommenen Lichtbild muss es sich um ein "gutes" Foto handeln, also um ein solches Foto, das die Identifizierung ermöglicht (BGHSt 41, 376; KG, Beschl. v. 18.8.2020 – 3 Ws (B) 152/20; Beschl. v. 15.12.2021 – 3 Ws (B) 304/21; OLG Hamm, NZV 2003, 101 = zfs 2003, 154; DAR 2005, 462 = NZV 2006, 162 = zfs 2005, 413; Schulz, NZV 2002, 136; zur Bildqualität BGH, NStZ 2005, 458, KG, a.a.O., und Burhoff/Gübner, OWi, Rn 2649 u. 2680 ff. sowie § 2 Rdn 15 ff. und Bellmann, StRR 2011, 419 ff.; StRR 2011, 463 ff.; 2012, 18 ff.; Huckenbeck/Gabriel, NZV 2012, 201; Huckenbeck/Krumm, NZV 2017, 453; Schott, NZV 2011, 169).

 

Hinweis

Hat der Verteidiger Einwände gegen die Qualität des Bildes, muss er diese beim Tatgericht geltend machen. Der Betroffene kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nämlich später nicht mehr versuchen, sich unter Vorlage von Lichtbildern und Sachvortrag im Tatsächlichen als Fahrer des Pkw zum Zeitpunkt eines Verkehrsverstoßes zu entlasten, wenn das Tatgericht ihn anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes identifiziert hat (§ 267 Abs. 1 S. 3 StPO). Dies muss schon in der Tatsacheninstanz geschehen (OLG Rostock, VRS 109, 35; vgl. zum Rechtsbeschwerdevorbringen auch OLG, Hamm VRR 2007, 316.; zu den Anforderungen an einen Beweisantrag OLG Hamm, VRR 2010, 113 = StRR 2010, 105).

Mit der Rechtsbeschwerde kann bei Täteridentifizierung durch das AG später weder beanstandet werden, der Betroffene sei entgegen der Überzeugung des Tatrichters nicht mit der auf dem Radarfoto abgebildeten Person identisch, noch kann gerügt werden, dass das AG aufgrund der persönlichen Inaugenscheinnahme einer anderen Person diese im Vergleich mit dem vorliegenden Lichtbild als Täter der Ordnungswidrigkeit zu Unrecht ausgeschlossen habe (vgl. zum Rechtsbeschwerdevorbringen auch OLG Hamm, VRR 2007, 316). Denn dem OLG ist nur eine eingeschränkte Nachprüfung dahin möglich ist, ob ein vorliegendes Foto grds. nach Schärfe, Kontrast und Helligkeit als Grundlage für eine Identifizierung zu dienen geeignet ist (OLG Hamm, a.a.O.).

Ob eine Täteridentifizierung anhand eines vom Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes möglich ist, lässt sich in der Praxis häufig ggf. an einem in den Anhörungsbogen hineinkopierten Bild nicht endgültig beurteilen. Dazu muss man das sog. "Hochglanzbild" kennen. Von dem ist daher dem Verteidiger auf Antrag ein Ausdruck zu überlassen, wenn der bislang zur Akte genommene Ausdruck keine ausreichende Identifizierung ermöglicht (AG Plön, VA 2013, 70 = VRR 2013, 236). Allerdings sollte man als Verteidiger sich solche Anträge gut überlegen, wenn das "Hochglanzbild" sich noch nicht bei der Akte befindet. Denn dann steht ja zunächst mal nur das i.d.R. schlechtere Bild aus dem Anhörungsbogen zur Identifizierung zur Verfügung. Mit dem Antrag auf Ausdruck des Messfotos auf Hochglanzpapier wird dann häufig erst eine bessere Grundlage für die Identifizierung aktenkundig.

 

Rz. 217

Ob es sich um ein "gutes Lichtbild" handelt, kann das Rechtsbeschwerdegericht, da das Lichtbild durch die Bezugnahme ja Bestandteil der Urteilsgründe geworden ist, aus eigener Anschauung beurteilen. Ausführungen muss der Tatrichter dazu also grds. nicht machen. Er ist erst wieder gefordert, wenn das Foto – etwa aufgrund schlechterer Bildqualität, z.B. wegen einer erheblichen Unschärfe oder aufgrund seines Inhalts, wenn z.B. das Gesicht des Fahrers teilweise durch den Rückspiegel verdeckt ist – zur Identifizierung nur eingeschränkt geeignet ist (s. dazu BayObLG, Beschl. v. 18.2.2021 – 202 ObOWi 15/21; KG, Beschl. v. 18.8.2020 – 3 Ws (B) 152/20; OLG Brandenburg, VRR 2012, 117 = VA 2012, 65 = StraFo 2011, 402; OLG Celle, Beschl. v. 9.4.2020 – 1 Ss (OWi) 4/20, VRS 139, 211 = VA 2020, 122 [Gesicht teilweise verdeckt; Aufnahme teilweise verpixelt]; OLG Hamm, VRR 2007, 316; NStZ-RR 2009, 250, aber auch den Beschl. v. 20.5.2003 – 1 Ss 334/3. [geeignet, wenn nur ein kleiner Teil des Gesichts vom Innenrückspiegel verdeckt ist]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.2.2022 – 3 Rb 33 Ss 854/21; zu schlechten Lichtbilder noch Burhoff/Gübner, OWi, Rn 2680 m.w.N. aus der Rspr. und § 2 Rdn 15 ff. sowie Bellmann, StRR 2011, 419 ff.; dies., StRR 2011, 463 ff.; dies., StRR 2012, 18 ff.). Dann muss er in den Urteilsgründen erörtern, warum er gleichwohl den Fahrer hat identifizieren können (BGHSt 41, 376; KG, Beschl. v. 18.8.2020 – 3 Ws (B) 152/20; OLG Brandenburg, VA 2016, 81 = DAR 2016, 282 = NZV 2016, 489; OLG Hamm, NZV 2003, 101 = zfs 2003, 154; NStZ-RR 2009, 250; ähnlich OLG Bamberg, DAR 2011, 595, 597; 2012, 215 = NZV 2012, 250; OLG Brandenburg, StraFo 2011, 402 = VA 2012, 65 = VRR 2012, 117; zum erforderlichen Umfang der Ausführungen bei einem Vergleich mit einem Führerscheinfoto KG, VRS 100, 385; 109, 117). Dabei sind an die Begründung umso höhere Anforderungen zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist. In diesem Fall muss er dann auch die auf dem Foto erkennbaren charakteristischen Merkmale, die für seine richterliche Überzeugungsbildung...

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