Rz. 80

Im Zusammenhang mit der Unübertragbarkeit des Urheberrechts als Ganzes (vgl. § 29 Abs. 1 UrhG) steht die Feststellung, dass auch die Verwertungsrechte des § 15 UrhG davon erfasst sind. Eine translative Übertragung des Urheberrechts ist daher auch nicht im Hinblick auf einzelne Bestandteile möglich, der Urheber kann nur einzelne Nutzungsrechte von seinem an ihn gebundenen Verwertungsrecht abspalten (§ 31 Abs. 1 UrhG). Da trotz Einräumung von Nutzungsrechten der Urheber Inhaber des Urheberrechts und der Verwertungsrechte bleibt, spricht man in diesem Zusammenhang von gebundener Rechtsübertragung, was allerdings nichts daran ändert, dass die Einräumung von Nutzungsrechten Verfügungscharakter hat, die nicht nur das Mutterrecht belastet, sondern auch in der Person des Erwerbers ein neues Recht entstehen lässt.[119] Die Bindungswirkung zeigt sich allerdings darin, dass die Persönlichkeits- und Verwertungsrechte auch dann noch Bedeutung behalten, wenn sogar ausschließliche Nutzungsrechte vergeben wurden. Deutlich wird dies im Falle der Rechtsverletzung durch einen Dritten, da in diesem Falle die Ansprüche aus § 97 Abs. 1 UrhG nicht nur vom Inhaber des Nutzungsrechts, sondern daneben auch durch den Urheber geltend gemacht werden können.[120] Folge des Ausschlusses einer translativen Übertragung ist die konstitutive Wirkung der Nutzungsrechteinräumung.[121] Der Verfügungscharakter durch die Einräumung von Nutzungsrechten wird dadurch deutlich, dass es sich um ein Rechtsgeschäft handelt, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf das bestehende Urheberrecht einzuwirken und es zu übertragen. Unbestritten gilt dies für das so genannte ausschließliche Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 3 UrhG), wohingegen der Verfügungscharakter des einfachen Nutzungsrechts (§ 31 Abs. 2 UrhG) fraglich bleibt. Götting[122] differenziert zwischen Verfügungsgeschäft und dinglichem Rechtsgeschäft, um damit zu verdeutlichen, dass es auch im Falle des einfachen Nutzungsrechts, dem keine gegenständliche Wirkung zukommt (dingliches Recht), um Verfügungsgeschäfte gehen kann. Er kritisiert zugleich die vielfach zu beobachtende unzulässige Verquickung dieser beiden Begriffe und weist insbesondere darauf hin, dass die mit der Abtretung einer Forderung verbundene Änderung der Rechtsinhaberschaft (§ 398 S. 2 BGB) eine Verfügung darstelle, die bei einfachen Nutzungsrechten allerdings nur relative Wirkung, nämlich gegenüber dem Nutzungsrechtsinhaber, entfalte.

 

Rz. 81

Dieses Problem ist deshalb von praktischer Relevanz, weil in der Regel durch die Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte einfache Unterlizenzen (Sublizenzen) vergeben werden (§§ 31 Abs. 3, 34 Abs. 1 UrhG). Nach der bis zum 30.6.2002 geltenden Fassung war fraglich, ob das einfache Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 2 UrhG lediglich schuldrechtlichen Charakter hat.[123] Für diese Auffassung konnte § 33 UrhG a.F. herangezogen werden, der besagte, dass ein einfaches Nutzungsrecht, das der Urheber vor Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts eingeräumt hat, auch gegenüber dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts wirksam bleibt, sofern nichts anderes zwischen dem Urheber und dem Inhaber des einfachen Nutzungsrechts vereinbart ist. Räumt etwa der Urheber einem Bühnenvertrieb das ausschließliche Aufführungsrecht ein, so bleibt das Theater, das ein einfaches Nutzungsrecht erhalten hat, auch dem Bühnenvertrieb gegenüber zur Aufführung berechtigt. Nach der seit dem 1.7.2002 geltenden Fassung des § 33 UrhG sind einfache und ausschließliche Nutzungsrechte im Hinblick auf die Übertragung von Nutzungsrechten gleichgestellt (Sukzessionsschutz), woraus folgt, dass auch die einfache Lizenz quasi dingliche Wirkung entfaltet.[124]

 

Rz. 82

Die Verfügungsbefugnis wird zum Schutz des Urhebers etwa dadurch eingeschränkt, dass eine vollständige Übertragung des Urheberstammrechts nur im Erbfall möglich ist (§ 29 Abs. 1 UrhG).

Zulässig sind aber die Einräumung von (abgrenzbaren, also dinglichen) Nutzungsrechten, schuldrechtlichen Einwilligungen und Vereinbarungen zu Verwertungsrechten sowie Änderungen im Rahmen des § 39 UrhG (§ 29 Abs. 2 UrhG).

 

Rz. 83

Schuldrechtliche Einwilligungen sind solche Rechtsgeschäfte, bei denen der Urheber nicht über sein Recht verfügt. Fehlt es etwa an der ausdrücklichen Bezeichnung des Nutzungsrechts, so ist § 31 Abs. 5 S. 2 UrhG (Zweckübertragungsregel) maßgeblich. Die fehlende Möglichkeit der dinglichen Abspaltung spricht für den rein schuldrechtlichen Charakter, so z.B. bei nur vorübergehender Dauer (ephemerer Charakter) oder bei Nutzungen von geringem Wert.

 

Beispiel

Im Verlagsbereich werden oftmals Abmachungen über die Ausstattung, den Vertrieb sowie den Verkaufspreis getroffen. Bei einem Verstoß gegen diese Vereinbarungen sind zwar Vertragsverletzungen zu bejahen, nicht aber solche aus (dinglichen) Urheberrechten.

 

Rz. 84

Der Rechtsnachfolger erwirbt nicht nur ein gebundenes Recht wie der Lizenznehmer, sondern er erlangt (fast) die vollständige Position des Urhebers (§ 30 UrhG). Eine ge...

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