Rz. 149

Die alte Regelung des § 61 UrhG wurde aufgehoben (nunmehr verwaiste Werke) und unverändert als § 42a UrhG dem Unterabschnitt "Nutzungsrechte" des Abschnitts "Rechtsverkehr im Urheberrecht" zugeordnet. Grund für die neue Einordnung ist die Erkenntnis, dass die Einräumung der Zwangslizenz ausschließlich Teilfragen bezüglich dessen Ausübung regelt und es sich gerade nicht um eine Schranke der Ausschließlichkeitsrechte i.S.v. Art. 5 Abs. 1 bis 3 der Harmonisierungsrichtlinie handelt.[199]

 

Rz. 150

Zugunsten der mechanischen Industrie und zur Verhinderung von Monopolbildungen ist der Urheber verpflichtet, jedem anderen Hersteller von Tonträgern nach Erscheinen des Werkes bei einem anderen Hersteller von Tonträgern ein Nutzungsrecht zu angemessenen Bedingungen einzuräumen.

Dies gilt allerdings dann nicht, wenn das Nutzungsrecht lediglich einer Verwertungsgesellschaft eingeräumt wurde, sowie bei gewandelter Überzeugung und dem Urheber deshalb die Verwertung des Werkes nicht mehr zumutbar ist (siehe § 42 UrhG).

Der Urheber ist nicht verpflichtet, die Nutzung des Werkes zur Herstellung eines Films zu gestatten; die Gestattung zur Herstellung eines Films löst ebenfalls nicht den Anspruch auf Zwangslizenz aus (§ 42a Abs. 1 und 7 UrhG).

 

Rz. 151

 

Hinweis

Da die meisten Komponisten und Musikverleger mit der GEMA Berechtigungsverträge abgeschlossen haben, muss die GEMA jedem Interessenten die mechanischen Nutzungsrechte zu angemessenen Bedingungen einräumen (§ 34 VGG), sodass in der Regel für die Zwangslizenz kein Anwendungsbereich mehr bleibt.[200]

 

Rz. 152

Den Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte treffen dieselben Pflichten wie den ­Urheber, wenn Letzterer die exklusiven Nutzungsrechte mit der Maßgabe der Übertragung auf Tonträger und deren Vervielfältigung und Verbreitung erlangt hat (§ 42a Abs. 4 UrhG).

 

Rz. 153

Die entsprechende Anwendung auf Sprachwerke, die als Text mit Musik verbunden sind, ist in § 42a Abs. 5 UrhG angeordnet.

 

Rz. 154

Der Gerichtsstand für den Fall der Anspruchsgeltendmachung einer Zwangslizenz, falls die Klage sich gegen einen Urheber oder ausschließlich Nutzungsberechtigten richtet, der keinen allgemeinen Gerichtsstand in Deutschland hat, ist München (LG München I), da dort das Deutsche Paten- und Markenamt als Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat (§ 42a Abs. 6 S. 1UrhG). Weiter ist dort auch bestimmt, dass eine einstweilige Verfügung ohne den Nachweis eines Eilgrundes zulässig ist (S. 2).

 

Rz. 155

 

Hinweis

Der Tonträgerhersteller kann vom Urheber lediglich verlangen, dass ihm an dem Werk der Musik das Nutzungsrecht zur Übertragung auf Tonträger sowie zur Vervielfältigung und Verbreitung dieser Tonträger eingeräumt wird, und zwar als einfaches Nutzungsrecht. Denn eine solche Zwangslizenz kann jeder andere Tonträgerhersteller ebenfalls für sich beanspruchen (§ 42a Abs. 1 S. 1 UrhG). Es gilt zudem das Änderungsverbot (entsprechende Anwendung des § 63 UrhG).

Diese Lizenz ist dann auf das Gebiet der BRD begrenzt und nur für die Ausfuhr nach Staaten bestimmt, in denen es für das Werk keinen Schutz gegen die Übertragung auf Tonträger gibt (§ 42a Abs. 3 UrhG).[201]

[199] Siehe dazu Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn 997 ff.; Schricker/Loewenheim/Stieper, Urheberrecht, vor §§ 44a ff. Rn 6 und § 42a Rn 1; siehe dazu auch BT-Drucks 15/38, 17 f.
[200] Vgl. dazu OLG München v. 22.4.1993 – 29 U 2194/93, GRUR 1994, 118 (Beatles CDs), wonach die Durchsetzung einer Zwangslizenz auch gegen eine Verwertungsgesellschaft (GEMA) hinsichtlich deren Repertoire der "Beatles" Erfolg hatte (in analoger Anwendung des § 61 Abs. 6 S. 2 UrhG [heute § 42a UrhG], da die entsprechende Regelung in § 11 UrhWahrnG fehlte; heute aber durch § 34 VGG der Fall).
[201] Dreier/Schulze/Schulze, Urheberrecht § 42a Rn 16.

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