Rz. 43

Teilweise kommt es vor, dass vorprozessual Rechte an eine "arme" Partei abgetreten werden, damit diese auf Prozesskostenhilfe-Basis prozessieren kann. Um hier einen Rechtsmissbrauch zu verhindern, ist es gerechtfertigt, die Leistungsfähigkeit nicht nur beim Zedenten, sondern auch beim Zessionar zu überprüfen.[69] Gleiches gilt bei einer lediglich treuhänderisch erworbenen Forderung.[70]

 

Rz. 44

Ausnahmen ergeben sich, wenn beispielsweise triftige Gründe für eine Abtretung vorliegen.[71] Dies ist der Fall, wenn z.B. auf Seiten des materiell Berechtigten aufgrund genügender Sicherheiten kein Interesse an der Geltendmachung der Forderung besteht, sodass der Zedent als Prozessstandschafter klagt.[72]

Der BGH[73] hat sich ganz ausdrücklich dieser Rechtsansicht angeschlossen:

Zitat

"Zwar ist im Ausgangspunkt zutreffend, dass im Rahmen eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei der Geltungsmachung eines fremden Rechts im Wege der Prozessstandschaft von dem Antragsteller auch die Bedürftigkeit des Rechtsinhabers darzulegen ist (BGH, Beschl. v. 9.8.2006 – IX ZB 200/05, NZI 2006, 580 Rn 10; BGH, Beschl. v. 16.9.1991 – VIII ZR 264/90, VersR 1992, 594; BGH, Urt. v. 24.10.1985 – VII ZR 337/84, BGHZ 96, 151, 153)."

Etwas anderes gilt aber dann, wenn – wie in den Fällen der Sicherungsabtretung – der Rechtsinhaber kein Interesse an der Rechtsverfolgung hat und der Prozessstandschafter in eigenem Interesse handelt (vgl. OLG Celle, NJW 1987, 783; BeckOK ZPO/Reichling, Edition 11, § 114 Rn 22; MüKo-ZPO/Motzer, 4. Aufl. 2013, § 114 Rn 48; Musielak/Frank O. Fischer, ZPO, 10. Aufl., § 114 Rn 5; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 34. Aufl., § 114 Rn 12; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rn 11).“

Der beratende Anwalt sollte in solchen Konstellationen also stets das klare eigene Interesse des Antragsstellers gegenüber dem Prozessgericht herausarbeiten, um auf diesem Wege Prozesskostenhilfe für seine Partei dennoch zu erlangen.

 

Rz. 45

Ist dagegen die Abtretung von vornherein aufgrund Sittenwidrigkeit nach §§ 134, 138 BGB oder anderen Gründen, z.B. §§ 399, 400 BGB, unwirksam, scheidet Prozesskostenhilfe wegen nicht vorhandener Erfolgsaussicht aus.[74]

 

Rz. 46

 

Hinweis

Zu beachten ist, dass nach § 94 Abs. 5 SGB XII, § 37 BAföG, § 7 Abs. 4 S. 2 UVG übergegangene Unterhaltsansprüche vom zuständigen Leistungsträger wieder zurückübertragen werden können. Dies bewirkt, dass der Hilfeempfänger bzw. Unterhaltsberechtigte wiederum aus eigenem Recht zivilrechtliche Ansprüche herleiten kann. Hierfür anfallende Kosten hat der Sozialhilfeträger zu übernehmen (§ 94 Abs. 5 S. 2 SGB XII). Insofern scheidet eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus, was in Anbetracht der eigenen Möglichkeiten der Verwaltung zur Geltendmachung der Forderung nur folgerichtig ist.

 

Rz. 47

Etwas anderes gilt lediglich in den Fällen, in denen der Hilfeberechtigte neben den rückübertragenen Ansprüchen weitere rückständige oder laufende Ansprüche geltend macht. Für diese kommt es dann allein auf die Leistungsfähigkeit der Partei an.[75]

[69] BGH VersR 1992, 594; OLGR Celle 1999, 31; OLG Köln NJW-RR 1995, 1405; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Rn 36.
[71] OLG Koblenz MDR 1999, 831; Musielak/Fischer, § 114 Rn 5.
[72] OLG Celle NJW 1987, 783.
[73] BGH v. 16.2.2014 – V ZB 12/13; BGH NJW RR 2014, 526.
[74] Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Rn 36 m.w.N.
[75] OLG Koblenz FamRZ 1997, 1086; OLGR Karlsruhe 1999, 158.

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