Rz. 179

Grundsätzlich fällt für den im Außenverhältnis gemeinsame gesamtschuldnerische Verbindlichkeiten bedienenden Ehegatten der Gesamtschuldnerausgleichanspruch im Innenverhältnis weg, wenn die mit der Schuldentilgung einhergehende finanzielle Belastung im Rahmen der Berechnung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens bereits als Abzugsposition berücksichtigt worden ist und damit der unterhaltsberechtigte Ehegatte mittelbar durch die Verringerung seines Unterhaltsanspruchs mittelbar an der Rückführung der Schulden beteiligt worden ist.

 

Rz. 180

In Rechtsprechung und Lehre ist umstritten, ob die gleichen Grundsätze der Überlagerung des Gesamtschuldnerausgleichs durch die unterhaltsrechtliche Regelung uneingeschränkt auch im Bereich des Unterhalts für Kinder der Ehegatten gilt.[134]

 

Rz. 181

Nach richtiger Auffassung liegt keine "anderweitige Bestimmung" im Sinne von § 426 Abs. 1 S. 1 BGB, die den Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis ausschließen würde, vor, wenn die gesamtschuldnerische Verbindlichkeit im Rahmen der Berechnungen des Kindesunterhalts berücksichtigt worden ist.[135]

 

Rz. 182

Dies ergibt sich dogmatisch bereits daraus, dass die Beteiligung am Schuldendienst durch die Einstellung der Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens nicht gegenüber dem Ehegatten, sondern gegenüber dem Kind erfolgt; Kindesunterhaltsansprüche stehen originär dem Kind, nicht dem betreuenden Elternteil zu. Deshalb stehen der Unterhaltsanspruch einerseits und der Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis andererseits bei Kindesunterhaltsberechnungen nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis.

 

Rz. 183

Außerdem ist ein wesentliches Argument für die Annahme einer den Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis ausschließenden unterhaltsrechtlichen Überlagerung beim Ehegattenunterhalt der, dass durch die Verminderung des Ehegattenunterhaltsanspruchs bereits eine nahezu hälftige Beteiligung des unterhaltsberechtigten Ehegatten am Schuldendienst erreicht wird und in gleichem Maße der Unterhaltsschuldner dadurch bereits wirtschaftlich nahezu die Hälfte desjenigen Geldbetrages wirtschaftlich erhält, der ihm im Gesamtschuldverhältnis im Rahmen des Innenausgleichs zustehen würde.

 

Rz. 184

Dies ist beim Kindesunterhalt aber nicht der Fall. Durch den Abzug der Schuldenlast wegen der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten reduziert sich zwar das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen auch des Kindesunterhaltsschuldners, dies führt aber nur zu einer Eingruppierung in eine niedrigere Einkommensgruppe und damit zur Verpflichtung zur Zahlung des Kindesunterhaltsbetrages, der sich nach dieser Einkommensgruppe ergibt. Nach der Gestaltung der im Rahmen des Kindesunterhalts anzuwendenden "Düsseldorfer Kindesunterhaltstabelle" sind die Einkommensgruppen in 400 EUR-Schritten gestaffelt, die mit den einzelnen Einkommensgruppen korrespondierenden Tabellenunterhaltsbeträge steigern sich aber innerhalb der Einkommensgruppen nur um bis zu 26 EUR in der ersten Altersgruppe (0–5 Jahre), bis zu 30 EUR in der zweiten Altersgruppe (6–11 Jahre), bis zu 34 EUR in der dritten Altersgruppe (12–17 Jahre) und bis zu 39 EUR in der 4. Altersgruppe (ab 18 Jahre).[136]

 

Rz. 185

Hieraus ergibt sich bereits unmittelbar, dass der Kindesunterhaltsschuldner durch die Einstellung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten als Abzugsposition bei der Ermittlung seines unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens keine adäquaten Ausgleich durch die Verminderung des Kindesunterhalts erhält, wogegen sich die mit dieser Verbindlichkeiteneinstellung einhergehende Reduzierung eines Ehegattenunterhaltsanspruchs – wie ausgeführt – wirtschaftlich als nahezu hälftige Beteiligung des Unterhaltsberechtigten an den gemeinsamen Verbindlichkeiten darstellt.

 

Rz. 186

Hinzu kommt, dass der andere Ehegatte gar nicht – auch nicht mittelbar – am Kapitaldienst beteiligt wird, denn nicht sein, sondern der Unterhaltsanspruch des Kindes wird gekürzt, ohne dass ihn die Verpflichtung träfe, die durch die Unterhaltsreduktion entstehende "Unterhaltslücke" auszugleichen; denn der betreuende Ehegatte erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber gemeinsamen Kindern eben durch die Betreuung, ihn trifft grundsätzlich keine Pflicht zur Geldzahlung (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB).

 

Rz. 187

Damit wird im Ergebnis der Gesamtschuldnerinnenausgleich durch die Einstellung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit bei der Berechnung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Kindesunterhaltsschuldners weder eingeschränkt, noch ausgeschlossen, er ist in jedem Fall parallel zu Kindesunterhaltsberechnungen durchzuführen.

 

Rz. 188

Freilich wird man im Rahmen dieser Berechnungen dann konsequenterweise einen tatsächlich realisierten Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Gesamtschuldner im Rahmen der Kindesunterhaltsberechnungen dahingehend berücksichtigen müssen, dass er den dort in die Berechnungen des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens eingestellte Verbindlichkeit entspreche...

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