Rz. 306

Gehört zum Nachlass eine Immobilie, muss der Nachlasspfleger den bestehenden Versicherungsschutz prüfen und wie ein Zwangsverwalter nach § 9 Abs. 3 ZwVwV für einen ausreichenden Versicherungsschutz sorgen, da im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung das versicherte Interesse fortbesteht.

 

Rz. 307

Zu den notwendigen Risikoversicherungen zählen die Wohngebäude-, die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht- (siehe Rdn 280) und die Gewässerschadenhaftpflichtversicherung bei einem Öltank.

 

Rz. 308

Wird in der Immobilie werthaltiger Hausrat für längere Zeit belassen, sollte auch durch eine Hausratversicherung (siehe Rdn 287 ff. "Hausratversicherung") vorgesorgt werden.

 

Rz. 309

Bestehende Versicherungen sollten bei einem liquiden Nachlass fortgeführt werden, es sei denn, der Beitrag erscheint überhöht, so dass ein günstigeres Angebot gewählt werden kann. Die rechtzeitige Prämienzahlung sollte durch Erteilung entsprechender Lastschriftermächtigungen sichergestellt werden, da dies erheblichen Überwachungsaufwand hinsichtlich der Zahlungsfristen erspart. Bei einem Prämienrückstand kann der Versicherer im Versicherungsfall nämlich leistungsfrei werden, vgl. § 38 Abs. 2 VVG. Je nach Versicherungsbedingungen endet eine Hausratversicherung aber zwei Monate nach dem Tod des Versicherungsnehmers, wenn nicht bis spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Erbe die Wohnung in derselben Weise nutzt wie der verstorbene Versicherungsnehmer (vgl. z.B. § 20 Ziff. 5 VHB 2000; siehe Rdn 289. Soll Hausrat weiter in der Wohnung verbleiben, ist für neuen Versicherungsschutz zu sorgen, der im Regelfall kostengünstiger als eine (versicherte) Einlagerung ist.

 

Rz. 310

Insbesondere bei der Kündigung der Wohngebäudeversicherung wird der Nachlasspfleger nach den Erfahrungen der Praxis oftmals Schwierigkeiten haben, einen neuen Gebäudeversicherer für alle Risikoarten (Feuer, Leitungswasser, Sturm) zu finden. Zur Meidung einer eventuellen Haftung im Schadensfall sollte dann zumindest die ergebnislose Beauftragung eines Versicherungsmaklers (Mehrfachagenten) dokumentiert werden. Der Berufsverband der Nachlasspfleger bietet darüber hinaus spezielle Versicherungskonzepte für Leerstandsimmobilien.[238]

 

Rz. 311

Fehlen mangels Liquidität die Mittel für die Aufrechterhaltung des erforderlichen Versicherungsschutzes, sind zwei Wege denkbar:

1. Ist weder der Nachlass noch die Immobilie selbst überschuldet, ist – auch für die anderen weiter laufenden Kosten – an eine Kreditaufnahme zu denken, wobei nach der Änderung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie[239] § 505b Abs. 2 BGB eine Kreditaufnahme im Regelfall hindern wird. In dieser Situation ist im Regelfall ohnehin die kurzfristige Veräußerung der Immobilie angezeigt,[240] so dass es nur um eine wertsichernde Überbrückung geht.
2. Bei einem überschuldeten Nachlass bzw. einer solchen Immobilie sollten die Grundpfandrechtsgläubiger angesprochen werden. Diese versichern zumindest das hypothekarische Interesse in der Regel selbst. Vereinbart der Nachlasspfleger den freihändigen Verkauf der überschuldeten Immobilie, sollte er mit den Grundpfandrechtsgläubigern auch über einen Vollversicherungsschutz verhandeln. In der Zwangsversteigerung/-verwaltung müssten sie diese Beträge ohnehin vorschießen, vgl. § 25 ZVG, § 9 Abs. 3 ZwVwV.

Zu weiteren Einzelheiten der Gebäudeversicherungen siehe Rdn 133 ff. "Gebäudeversicherung".

[238] Vgl. www.b-d-n.de.
[239] Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften v. 11.3.2016, BGBl I 2016, 396 ff.
[240] OLG München v. 7.1.2010 – 31 Wx 154/09, FGPrax 2010, 74 = RPfleger 2010, 326 = ZErb 2010, 54 = ZEV 2010, 366.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge