Rz. 34

Die Annahme der Erbschaft ist eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die (nur) das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft verloren geht. Eltern als gesetzliche Vertreter sind durch das Gesetz nicht darin beschränkt, die Annahme der Erbschaft zu erklären; sie bedürfen dazu keiner Genehmigung des Familiengerichts,[1] nicht einmal dann, wenn sie selbst dieselbe Erbschaft zuvor ausgeschlagen haben. Es handelt sich bei der Annahme für ihr Kind um kein Rechtsgeschäft gegenüber dem Kind als von ihnen Vertretenen (vgl. § 181 BGB), so dass es keiner Bestellung eines Pflegers bedarf. Wo der Nachlass unübersichtlich ist, sollte der gesetzliche Vertreter mit der Annahme der ErbschaftZurückhaltung üben; eine vorschnelle Annahme bei später festgestellter Überschuldung des Nachlasses kann zur Haftung des gesetzlichen Vertreters dem Kind gegenüber führen (§ 1664 Abs. 2 BGB), da nicht alle für den Minderjährigen entstehende Nachteile durch eine Beschränkung der Haftung des Minderjährigen auf den Nachlass (§§ 1975 ff. BGB) und erst recht nicht durch die Minderjährigenhaftungsbeschränkung gem. § 1629a BGB (siehe Rdn 191 ff.) ausgeglichen werden. Zu verweisen ist auch auf die Anfechtung der Annahme (siehe Rdn 68 ff.).

 

Rz. 35

Der geschäftsbeschränkte Minderjährige kann die Annahme der Erbschaft nicht selbstständig erklären, weil ihm dies rechtlich nachteilig i.S.v. § 107 BGB ist: Er verliert sein Recht zur Ausschlagung (obgleich ihm die Erbschaft auch ohne Zutun mit Ablauf der Ausschlagungsfrist anfällt).[2] Mit vorheriger Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters kann der geschäftsbeschränkte Minderjährige die Erbschaft "annehmen", weil der gesetzliche Vertreter mit seiner vorherigen Zustimmung schon die Annahme erklärt hat;[3] eine nachträgliche Genehmigung der Annahme durch den gesetzlichen Vertreter scheitert an § 111 BGB. Verfügt der Minderjährige vor wirksamer Annahme der Erbschaft durch Vertrag über einen Nachlassgegenstand, so ist dieses Geschäft gem. § 108 BGB schwebend unwirksam. Genehmigt der gesetzliche Vertreter das Geschäft, so erlangt es rückwirkend Gültigkeit (§ 184 Abs. 1 BGB). Die in der Verfügung liegende schlüssige Annahme der Erbschaft erfolgt dennoch nicht mit Rückwirkung, da diese als einseitiges Rechtsgeschäft vorheriger Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bedarf (vgl. § 111 BGB); erst in der Genehmigung liegt eine Annahme der Erbschaft, die keinem Dritten gegenüber erklärt zu werden braucht (siehe Rdn 35).[4]

 

Rz. 36

Ist ein Elternteil neben seinem minderjährigen Kind zum Erben berufen, so kann er für sich und das Kind zugleich die Annahme der Erbschaft erklären; § 181 BGB steht dem nicht entgegen, da die Erklärungen nicht gegenüber einem anderen (Kind gegenüber Eltern und umgekehrt) erfolgen, sondern als nicht-empfangsbedürftig "gleichgerichtet" im Sinne der Rechtsprechung (ohne Empfänger) sind.[5] Entsprechendes gilt, wenn der gesetzliche Vertreter auch minderjährige Geschwister des Minderjährigen vertritt.

 

Rz. 37

Der Erblasser kann anordnen (siehe Rdn 141 ff.), dass Vermögen, das einem Minderjährigen anfällt, nicht von dessen gesetzlichen Vertreter verwaltet wird (§ 1638 Abs. 1 BGB); der Erblasser kann darüber hinaus die Person benennen (§ 1917 BGB), die anstelle des gesetzlichen Vertreters dann die angefallene Erbschaft als Vermögenspfleger (§ 1909 Abs. 1 S. 2 BGB) verwaltet.

Der gesetzliche Vertreter kann in solchem Fall die Erbschaft weder annehmen noch ausschlagen, da dies Aufgabe des Pflegers ist; auch für die Ausschlagungsfristist dessen Person maßgeblich (siehe Rdn 44 und Rdn 148).

[2] Staudinger/Otte, BGB, 2017, § 1943 Rn 11a.
[3] Staudinger/Otte, BGB, 2017, § 1943 Rn 11a.
[4] Staudinger/Otte, BGB, 2017, § 1943 Rn 11a; a.A. Planck/Flad, BGB, 4. Aufl. 1930, § 1943 Bem. 4.
[5] BayObLGZ 1953, 261, 266.

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