Rz. 21

Die werktägliche Arbeitszeit darf grundsätzlich auf bis zu zehn Stunden pro Werktag verlängert werden. Die Verlängerung muss dabei arbeitszeitrechtlich nicht gerechtfertigt werden. Warum und in welchem Umfang die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden verlängert wird, ist arbeitszeitrechtlich ohne Relevanz.[25]

Entscheidend ist lediglich, dass die Zehn-Stunden-Grenze eingehalten wird. Die Zehn-Stunden-Grenze ist eine Obergrenze, die grundsätzlich nicht überschritten werden darf. Bei sechs Werktagen pro Woche errechnet sich für den einzelnen Arbeitnehmer eine höchstzulässige Wochenarbeitszeit von (6 × 10 =) 60 Stunden.[26]

 

Rz. 22

 

Hinweis

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG kann abweichend von § 3 ArbZG in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung die Verlängerung der Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich hinaus zugelassen werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt.[27] Ebenso ist es möglich, in diesem Fall einen anderen Ausgleichszeitraum festzulegen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1b ArbZG).

 

Rz. 23

Die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden kann auf maximal zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb des Ausgleichszeitraums nach § 3 S. 2 ArbZG im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Dies bedeutet, dass jede Arbeitszeit, die über acht Stunden werktäglich hinausgeht, innerhalb dieses Ausgleichszeitraums durch eine entsprechend kürzere Arbeitszeit an einem anderen Werktag ausgeglichen werden muss.[28]

 

Rz. 24

Die Ausgleichspflicht ist für jeden einzelnen Arbeitnehmer einzuhalten. Eine Saldierung mit dem Arbeitszeitkonto eines anderen Arbeitnehmers scheidet deshalb aus.[29]

Der Arbeitgeber kann im Rahmen von individual- und kollektivrechtlichen Regelungen aufgrund seines Weisungsrechts entweder einen Ausgleichszeitraum von sechs Kalendermonaten oder von 24 Wochen festlegen.[30]

 

Rz. 25

 

Hinweis

Soweit im Betrieb ein Betriebsrat existiert, muss der Arbeitgeber bei der Festlegung des Ausgleichszeitraums das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG beachten.

 

Rz. 26

Der Ausgleichszeitraum kann sechs Kalendermonate betragen. § 3 S. 2 ArbZG spricht insoweit von "Kalendermonaten" und nicht von "Monaten" i.S.v. § 188 BGB.[31] Dieser Ausgleichszeitraum beginnt stets mit dem Ersten eines Kalendermonats und endet sechs Monate später. Der Ausgleichszeitraum muss aus sechs zusammenhängenden Kalendermonaten bestehen ("innerhalb von sechs Kalendermonaten").[32] Darüber hinaus enthält das ArbZG dazu keine Vorgaben.

 

Rz. 27

Der Ausgleichszeitraum kann 24 Wochen betragen. Da das Gesetz nicht von Kalenderwochen spricht, kann dies jeder Zeitraum von sieben aufeinander folgenden Tagen sein. Dies kann die Kalenderwoche sein, notwendig ist dies jedoch nicht.[33] Für die Berechnung des Ausgleichszeitraums findet § 188 Abs. 2 BGB Anwendung.[34] Auch der Ausgleichszeitraum von 24 Wochen muss aus 24 zusammenhängenden Wochen bestehen.[35]

 

Rz. 28

 

Rechenbeispiel

Ausgleichszeitraum von sechs Kalendermonaten: Der Arbeitnehmer arbeitet am 10. Mai insgesamt zehn Stunden. Hierdurch wird die Ausgleichspflicht nach § 3 S. 2 ArbZG ausgelöst. Als Ausgleichszeitraum wählt der Arbeitgeber für diesen Arbeitnehmer sechs Kalendermonate. Dieser beginnt nach § 187 Abs. 1 BGB am ersten Tag des auf das auslösende Ereignis folgenden Kalendermonats, d.h. am 1. Juni. Der Ausgleichszeitraum endet nach sechs Kalendermonaten am 30. November.

 

Rz. 29

 

Rechenbeispiel

Ausgleichszeitraum von 24 Wochen: Der Arbeitnehmer arbeitet am 10. Mai insgesamt zehn Stunden. Hierdurch wird die Ausgleichspflicht nach § 3 S. 2 ArbZG ausgelöst. Als Ausgleichszeitraum wählt der Arbeitgeber für diesen Arbeitnehmer 24 Wochen. Diese beginnen mit dem Tag, der dem folgt, an welchem der Arbeitnehmer länger als acht Stunden gearbeitet hat, also am 11. Mai und enden am 26. Oktober.

 

Rz. 30

Das ArbZG stellt keine weiteren Anforderungen an Lage und inhaltliche Ausgestaltung des Ausgleichszeitraums.[36] § 3 ArbZG legt lediglich fest, dass innerhalb des sechsmonatigen oder 24-wöchigen Ausgleichszeitraums im Durchschnitt die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden nicht überschritten wird. Wie dieser Durchschnittswert erreicht wird, schreibt das ArbZG nicht vor.

[25] Neumann/Biebl, ArbZG, § 3 Rn 5; Schliemann, ArbZG, § 3 ArbZG Rn 24.
[26] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, § 3 Rn 25.
[27] Vgl. Wirtz, BB 2014, 1397, 1398 f.
[28] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, § 3 Rn 26.
[29] Schliemann, ArbZG, § 3 ArbZG Rn 71.
[30] Anzinger/Koberski, ArbZG, § 3 Rn 27; Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, § 3 Rn 27.
[31] ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 6; Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, § 3 Rn 28; Anzinger/Koberski, ArbZG, § 3 Rn 27; a.A. Schliemann, ArbZG, § 3 ArbZG Rn 29, 32 ff.
[32] Anzinger/Koberski, ArbZG, § 3 Rn 30; ErfK/Wank, § 3 ArbZG Rn 8 f.
[33] Koberski, ArbZG, § 3 Rn 30; Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, § 3 Rn 30.
[34] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, § 3 Rn 30.
[35] Baeck/Deutsch/Winzer, ArbZG, § 3 Rn 30.
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