Rz. 102

 

Definition

Leitungswasser ist Wasser, das aus

Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung oder damit verbundenen Schläuchen,
mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen oder aus deren Wasser führenden Teilen,
Anlagen der Warmwasser- oder Dampfheizung,
Einrichtungen von Klima-, Wärmepumpen- oder Solarheizungsanlagen
in den VHB 2000 und 2008 zusätzlich – Aquarien oder Wasserbetten sowie Sprinkler- und Berieselungsanlagen

bestimmungswidrig ausgetreten ist.

 

Rz. 103

Nach A § 4 Ziff. 2 VHB 2010 umfasst der Begriff nicht nur Wasser und Wasserdampf, sondern auch Wärme tragende Flüssigkeiten wie Sole sowie Kühl- und Kältemittel. Dadurch wird der Versicherungsschutz nicht unerheblich erweitert. Versichert sind ausdrücklich auch Schäden im Inneren Wasser führender Einrichtungen. Zweifelsfragen in der Rechtsprechung zu den VHB 84 und früheren Klauselfassungen, in denen der Versicherungsfall dahingehend definiert war, dass Leitungswasser aus mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen ausgetreten ist, während jetzt der Austritt aus den Wasser führenden Teilen der Einrichtungen ausreicht, sind deshalb überholt; Schäden außerhalb der Wasser führenden Teile, beispielsweise an der Steuerungselektronik und dem Elektromotor der Waschmaschine, sind nunmehr ersatzpflichtig, während Schäden an den Wasser führenden Teilen selbst, etwa der Laugenpumpe, nach wie vor unversichert sind. In den VHB 2010 ist dies in Bezug auf Rohrbruch durch den Zusatz "sofern diese Rohre nicht Bestandteil von Heizkesseln, Boilern oder vergleichbaren Anlagen sind", verdeutlicht (A § 4 a VHB 2008/2010).

 

Rz. 104

Nach h.M. ist zwischen Schäden durch ausgetretenes Leitungswasser, zu denen unbestritten nicht nur die unmittelbaren, sondern auch Folgeschäden zählen, und Schäden durch den "Austritt von Leitungswasser" (Fehlen von Wasser im Rohrleitungssystem) zu unterscheiden, so dass ein wegen Wassermangels ausgeglühter Heizkessel oder die Fische, die nach Auslaufen des Aquariumswassers verenden (in A § 4 Ziff. 3 b bb VHB 2010 ausdrücklich geregelt), nicht entschädigt werden (soweit für Heizkessel als Gebäudebestandteil bzw. Aquarium als regelmäßig mit dem Rohrleitungssystem nicht verbundene Einrichtung überhaupt Versicherungsschutz in der Hausratversicherung besteht). Ob dies richtig ist, wenn A § 1 Ziff. 1 d VHB 2010 i.V.m. A § 4 Ziff. 2 VHB 2010 am Maßstab eines verständigen Dritten unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs des täglichen Lebens ausgelegt werden, erscheint zumindest zweifelhaft. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer erwartet von seiner Hausratversicherung einen umfassenden und – soweit sich aus ihr keine Einschränkungen ergeben – lückenlosen Versicherungsschutz. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird bei aufmerksamer Durchsicht und verständiger Würdigung der zitierten Bestimmungen ihnen zunächst entnehmen, dass versicherte Sachen entschädigt werden, die "durch" Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden. Den Begriff "durch" wird er dahin verstehen, dass zwischen dem Austritt des Leitungswassers und dem Schaden Ursachenzusammenhang bestehen muss. Auf den Gedanken, dass der Schaden nicht "durch" den Austritt des Leitungswassers verursacht ist, wenn der wasserdrucklos gewordene Durchlauferhitzer in der Küche durchglüht, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer aber nicht kommen. Auch wenn er im Anschluss daran A § 4 Ziff. 2 VHB 2010 liest und der Regelung entnimmt, was unter Leitungswasser zu verstehen ist, wird sich ihm dieser Gedanke nicht aufdrängen. Er wird sich vielmehr in seiner Auffassung bestätigt fühlen, weil wiederum das Begriffspaar "Leitungswasser" und "Austritt" genannt ist und dies lediglich dahingehend konkretisiert ist, dass das Leitungswasser "bestimmungswidrig" ausgetreten sein muss. Auch der Aufzählung der nicht versicherten Schäden in A § 4 Ziff. 3 VHB 2010 wird er nicht entnehmen können, dass das Durchglühen des Geräts nicht adäquate Folge des Leitungswasseraustritts ist, weil es sich weder um Plansch- oder Reinigungswasser noch Grundwasser etc. handelt.

 

Rz. 105

Unter dem Rohrsystem bzw. den Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung sind starre Hohlkörper zu verstehen, die der Wasserver- oder -entsorgung dienen. Ihnen sind Schläuche, die mit dem Rohrsystem verbunden sind, etwa der an einen Wasserhahn angeschlossene Wasch- oder Spülmaschinenschlauch, gleichgestellt. Auch Wasser, das durch eine undichte Silikonfuge zwischen Duschtasse und gefliester Seitenwand der Duschkabine in das Mauerwerk eindringt, fällt unter den Versicherungsschutz.[126] Dasselbe gilt, wenn es zu einem Bruch des Bodenablaufs einer Dusche kommt.[127]

Wasser, das bestimmungswidrig aus einem Regenfallrohr austritt, ist dagegen kein Leitungswasser; davon kann erst von der Stelle an, ab der das Regenfallrohr in das Abwasserleitungssystem einmündet, gesprochen werden. Auch die Drainage gehört nicht zu dem Leitungswassersystem.[128] In A § 4 VHB 2010 ist dies dadurch verdeutlicht, dass auf "inne...

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