Rz. 170

Die Hebegebühr entsteht nicht mit der Entgegennahme von Geld, sondern entsprechend der Anm. 1 zu Nr. 1009 VV RVG erst mit der Auszahlung oder Rückzahlung von entgegengenommenen Geldbeträgen an den Mandanten oder an Dritte. Ob der RA die Gelder von seinem Auftraggeber oder von dritter Seite erhalten hat, ist unerheblich.

 

Rz. 171

Auch die Hinterlegung der Sicherheit für den Mandanten bei Gericht ist eine Auszahlung i.S.d. Nr. 1009 VV RVG. Dem steht auch nicht Anm. 5 zu Nr. 1009 VV RVG entgegen, wonach die Hebegebühr nicht entsteht, wenn der RA Kosten an ein Gericht weiterleitet, da es sich bei der Sicherheitsleistung nicht um Kosten handelt.

 

Rz. 172

Die Hebegebühr entsteht auch dann, wenn der RA vom Mandanten zur Verfügung gestellte Geldmittel nicht verbraucht und diese (auch teilweise) an den Auftraggeber zurück entrichtet.

 

Rz. 173

 

Beispiel

Der Mandant als Schuldner beauftragt den RA mit Tilgungsvergleichsverhandlungen, um eine Verbindlichkeit von 5.000,00 EUR zu regeln. Der Auftraggeber will vier Wochen in den Urlaub und hat in dieser Zeit keine Möglichkeit, beim Zustandekommen einer Einigung den ausgehandelten Tilgungsvergleichsbetrag kurzfristig zu überweisen. Er überweist seinem Anwalt daher vor Antritt seines Urlaubes einen Betrag von 3.500,00 EUR mit der Maßgabe, einen Tilgungsvergleich auf höchstens 3.500,00 EUR auszuhandeln. Dem RA gelingt es, eine Einigung mit 3.000,00 EUR zu erzielen, so dass er 500,00 EUR an den Auftraggeber zurückzahlt.

Für die Rückzahlung der nicht verbrauchten 500,00 EUR steht dem RA die Hebegebühr zu.

 

Rz. 174

Die Hebegebühr entsteht auch dann, wenn die Auszahlung des Geldes vor der Empfangnahme erfolgte. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn der RA eine Zahlung an die Gegenseite zunächst aus eigenen Mitteln vornimmt und der Auftraggeber diesen Geldbetrag seinem RA erst später zur Verfügung stellt.

 

Rz. 175

Der RA kann die Hebegebühr auch mehrfach verdienen, selbst wenn es sich um den gleichen Betrag handelt, sofern mehrere Auszahlungs- bzw. Rückzahlungsvorgänge stattgefunden haben.

 

Rz. 176

 

Beispiel

Der Mandant überweist an den RA einen Geldbetrag zur Tilgung seiner Verbindlichkeit gegenüber seinem ehemaligen Vermieter. Der Auftraggeber ist Gesamtschuldner mit seiner nun getrennt lebenden Ehefrau. Nach Zahlung durch den RA an den ehemaligen Vermieter überweist dieser das Geld zurück mit dem Hinweis, dass er keine Ansprüche mehr habe, da die Ehefrau bereits geleistet hat. Der RA zahlt den zurück erhaltenen Betrag an seinen Auftraggeber zurück.

Dem RA steht zum einen die Hebegebühr für die Auszahlung an den früheren Vermieter und zum anderen für die Rückzahlung an den Auftraggeber zu.

 

Rz. 177

Gerade bei der Bearbeitung von Forderungssachen kommt es sehr oft vor, dass Zahlungen in Teilbeträgen eingehen und der RA diese in einer Summe an den Auftraggeber auszahlt. Vor allem, wenn mit dem Gegner eine Teilzahlungsabrede besteht und dieser Zahlungen in geringer Höhe vornimmt, vereinbaren der Auftraggeber und der RA oftmals, dass eine Weiterleitung erst ab einer bestimmten Summe oder nach Ablauf einer festgelegten Zeit erfolgen möge, um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten. Ferner können auch Gelder von unterschiedlichen Zahlern eingehen, z.B. wenn Gesamtschuldner sich mit ihren intern zu zahlenden Anteilen absprechen oder aufgrund mehrerer Pfändungsmaßnahmen. Ungeachtet der einzelnen Zahlungseingänge steht dem RA nur die Hebegebühr aus dem ausgezahlten Gesamtbetrag zu.

 

Rz. 178

Etwas anderes gilt, wenn der RA für seinen Auftraggeber Teilbeträge einnimmt, die aufgrund verschiedener Aufträge gezahlt wurden, selbst wenn der RA diese in einer Summe an seinen Auftraggeber weiterleitet.

 

Rz. 179

 

Beispiel

Der RA wird von seinem Mandanten beauftragt, seine Ansprüche in 20 Angelegenheiten durchzusetzen. Nach den ersten Aufforderungsschreiben in allen Angelegenheiten zahlen vier Schuldner die ihnen aufgegebenen Beträge in Höhe von 2 × 1.000,00 EUR, 1 × 500,00 EUR und 1 × 2.000,00 EUR auf das Konto des RA. Der RA leitet die eingegangenen Gelder aus den vier Angelegenheiten in einer Summe = 4.500,00 EUR an seinen Auftraggeber weiter.

Da die Auszahlungen in vier verschiedenen Angelegenheiten erfolgten, ist die Hebegebühr, obwohl Weiterleitung in einer Summe erfolgte, aus den einzelnen Beträgen zu ermitteln.

 

Rz. 180

Die Hebegebühr steht dem RA auch aus jeweils weitergeleiteten Teilbeträgen zu, wenn der Geldeingang in einer Summe erfolgte. Dies ergibt sich aus Anm. 3 zu Nr. 1009 VV RVG, wonach die Gebühr von jedem Betrag besonders erhoben wird, wenn das Geld in mehreren Beträgen gesondert ausgezahlt oder zurückgezahlt wird.

 

Rz. 181

 

Beispiel

Der RA hat für seinen Mandanten Tilgungsvergleiche mit sechs Gläubigern getroffen. Der Auftraggeber stellt dem RA den Gesamtbetrag von 10.000,00 EUR zur Verfügung und der RA zahlt die jeweils ausgehandelten Tilgungsbeträge in Höhe von 2 × 2.500,00 EUR, 3 × 1.000,00 EUR und 1 × 2.000,00 EUR.

Der RA kann seine Hebegebühr aus den sechs ausgezahlten Teilbeträg...

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