Rz. 12

Erforderlich ist der Abschluss eines Vertrages, d.h. zweier korrespondierender Willenserklärungen, der den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der abgeschlossene Vertrag als "Einigung" oder "Vergleich" bezeichnet wird. Vielmehr kommt es auf den Inhalt der getroffenen Regelungen an.

 

Rz. 13

 

Hinweis

Damit die Gebühr nach Nr. 1000 VV RVG entsteht, ist der Abschluss eines Vergleichs i.S.v. § 779 BGB nicht erforderlich. Nach § 779 Abs. 1 BGB kommt beim Abschluss eines Vergleichs über die Beseitigung des Streits oder die Ungewissheit eines Rechtsverhältnisses noch ein gegenseitiges Nachgeben hinzu. Jeder Vergleich ist demnach immer eine Einigung, nicht aber jede Einigung auch ein Vergleich.

 

Rz. 14

Nicht in den Anwendungsbereich der Nr. 1000 VV RVG fällt ein Vertrag, der lediglich ein isoliertes Anerkenntnis oder einen isolierten Verzicht (Anm. 1 zu Nr. 1000 VV RVG) beschreibt. Ein vollständiges Anerkenntnis liegt auch vor, wenn der geltend gemachte Anspruch erfüllt wird. Erfolgt die Weiterverfolgung des Anspruches aufgrund eines vollständigen Verzichts nicht, dann ist ebenfalls eine Einigungsgebühr nicht gerechtfertigt.

Ob es bei ähnlicher Fallgestaltung doch zu einer Einigungsgebühr kommen kann, hängt entscheidend von den Erklärungen der Parteien ab, die zur Folge haben müssen, dass nicht nur ein isoliertes Ankerkenntnis oder ein isolierter Verzicht vorliegt. Durch die Erklärungen der Parteien muss ein anderes Ergebnis erzielt werden als durch ein bloßes Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil bzw. Klagerücknahme.

 

Rz. 15

 

Beispiel

Der Kläger hat einen Betrag von 15.000,00 EUR eingeklagt. Das Gericht lässt erkennen, dass es einen Betrag von 10.000,00 EUR für begründet erachtet. Die Anwälte der Parteien stimmen sich ab mit dem Ergebnis, dass der Beklagte einen Betrag von 10.000,00 EUR anerkennt und der Kläger im Gegenzug die Klage in Höhe von 5.000,00 EUR zurücknimmt. Die Einigungsgebühr ist entstanden, da zum einen ein Vertrag geschlossen wurde, der den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt, und zum anderen kein isoliertes Anerkenntnis oder isolierter Verzicht vorliegt, da sowohl ein Anerkenntnis als auch ein Verzicht erfolgte.[5]
Der Kläger nimmt den Klaganspruch oder das Rechtsmittel vollständig zurück und der Beklagte verzichtet auf sein Kostenerstattungsrecht i.S.v. § 269 Abs. 3 ZPO. Hier kann von einer Vereinbarung der Parteien ausgegangen werden.[6]
Die Parteien vereinbaren, dass der Beklagte einen Teilbetrag der eingeklagten Summe zahlt und danach vom Kläger die Klagrücknahme erklärt wird.
 

Rz. 16

Der Gesetzgeber hat im Rahmen des 2. KostRMoG mit Einführung der Anm.1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV RVG Rechtssicherheit dahingehend geschaffen, dass bei Abschluss einer Zahlungsvereinbarung die Einigungsgebühr anfällt. Dies war vorher äußerst streitig, weil insbesondere bei titulierten Ansprüchen grundsätzlich ein Streit über das Rechtsverhältnis nicht (mehr) vorliegen kann. Nach der klarstellenden Anmerkung entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung einer Zahlungsvereinbarung, die die Erfüllung des Anspruches bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen regelt. Mit dieser präzisierenden Regelung ersparen sich alle im Forderungsbereich tätigen Rechtsdienstleister einiges an Zeit und Arbeit zur Rechtfertigung der geltend gemachten Einigungsgebühr.[7]

Danach reicht es für das Entstehen der Einigungsgebühr aus, dass der Schuldner die Erfüllung der Forderung zusagt und der Gläubiger dem Schuldner den Anspruch stundet oder ihm gestattet, den Schuldbetrag ratenweise zu tilgen und gleichzeitig für die Dauer der Stundung oder Ratenzahlung vorläufig auf eine Titulierung oder Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet. Ein Nachgeben des Gläubigers, dass er einen Teil seiner Forderung nicht weiter begehrt, ist nicht vonnöten.

 

Rz. 17

 

Hinweis

Um das Entstehen der Einigungsgebühr nicht zu gefährden, sollte der RA beim Abschluss von Zahlungsvereinbarungen darauf bedacht sein, die Mindestanforderungen

der Schuldner erklärt, dass er zahlen will,
der Gläubiger gewährt dem Schuldner Ratenzahlung oder Stundung und
der Gläubiger verzichtet – je nach Stand der Angelegenheit – auf die Titulierung bzw. auf die Einleitung der Zwangsvollstreckung

zu regeln.

[6] OLG Düsseldorf AGS 2009, 17–18 = JurBüro 2009, 28.
[7] Allerdings ist die Streitwertbegrenzung nach § 31b RVG zu beachten.

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