Rz. 26

Sind sowohl die Gebührensätze als auch die Erledigungswerte unterschiedlich, kann der Anwalt die Differenz zwischen den tatsächlich entstandenen gesetzlichen Gebühren und den (fiktiven) gesetzlichen Gebühren nach dem Erledigungswert verlangen.

 

Rz. 27

Umstritten ist, ob dies nur dann gilt, wenn das gesetzliche Gebührenaufkommen den Erstattungsbetrag nach den Abrechnungsgrundsätzen übersteigt.[12] Dafür spricht, dass der Anwalt auch nicht verpflichtet ist, einen eventuellen Mehrbetrag an den Mandanten auszukehren, wenn der Gebührensatz der Abrechnungsgrundsätze über den gesetzlichen Gebühren liegt. Insofern kann er keinen Differenzbetrag verlangen, wenn die Vergütung nach den Abrechnungsgrundsätzen seine nach den gesetzlichen Gebühren fiktiv berechnete Forderung bereits abdeckt. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass die Abrechnungsgrundsätze eine Sperrwirkung nur im Hinblick auf die geringeren Gebührensätze nach dem erledigten Wert entfalten und nicht für den übersteigenden Teil.

 

Rz. 28

Bleibt der Erstattungsanspruch dagegen hinter dem (fiktiven) gesetzlichen Gebührenaufkommen zurück, ist der Anspruch auf Abrechnung der höheren gesetzlichen Gebühr hinsichtlich des Differenzwertes unstreitig.[13]

 

Rz. 29

 

Beispiel

Anwalt A wird von E mit der Regulierung eines Sachschadens in Höhe von 10.000 EUR beauftragt. Nach mehreren Besprechungen mit dem Versicherer, die eine 2,0-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG rechtfertigen, wird ein Vergleich mit einem Erledigungswert von 8.000 EUR geschlossen.

Gegenüber V kann A nach den Abrechnungsgrundsätzen abrechnen (Wert: 8.000 EUR):

 
1. 1,8-Geschäftsgebühr (Abrechnungsgrds.)   903,60 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
Zwischensumme 923,60 EUR  
3. Umsatzsteuer, VV 7008   175,48 EUR
Gesamt   1.099,08 EUR

Die gesetzlichen Gebühren gegenüber E betragen (Wert: 10.000 EUR):

 
1. 2,0-Geschäftsgebühr, VV 2300   1.228,00 EUR
2. 1,5-Einigungsgebühr, VV 1000   921,00 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
Zwischensumme 2.169,00 EUR  
4. Umsatzsteuer, VV 7008   412,11 EUR
Gesamt   2.581,11 EUR

Nach dem Erledigungswert (8.000 EUR) wären gesetzliche Gebühren in folgender Höhe entstanden:

 
1. 2,0-Geschäftsgebühr, VV 2300   1.004,00 EUR
2. 1,5-Einigungsgebühr, VV 1000   753,00 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
Zwischensumme 1.777,00 EUR  
4. Umsatzsteuer, VV 7008   337,63 EUR
Gesamt   2.114,63 EUR

Die Differenz von (2.581,11 – 2.114,63 EUR =) 466,48 EUR kann A von E verlangen, denn sie beruhen allein auf dem unterschiedlichen Gegenstandswert, nicht dagegen auf den unterschiedlichen Gebührensätzen.

[12] So Matzen, AnwBl 1973, 60; Mümmler, JurBüro 1994, 161; a.A.: OLG Düsseldorf AGS 2005, 372; AnwK-RVG (N. Schneider), Anhang VII Rn 73.
[13] So auch OLG Düsseldorf AGS 2005, 372; AnwK-RVG (N. Schneider), Anhang I Rn 73 ff.

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