Rz. 110

Der Inhalt arbeitsvertraglicher Rechte und Pflichten wird durch verschiedene Rechtsquellen bestimmt. Zu diesen Quellen können Kollektivvereinbarungen wie etwa Betriebsvereinbarungen gehören. Sind einschlägige Betriebsvereinbarungen bei Vertragsschluss vorhanden oder werden sie später geschlossen, ist die Frage der Wechselwirkung zwischen Betriebsvereinbarungs- und Arbeitsvertragsregelungen von großer Bedeutung, um den arbeitsvertraglichen Pflichtenkanon zu bestimmen. Dies wirkt sich letztlich auch auf die zweckmäßige Vertragsgestaltung aus. Betriebsvereinbarungen wirken aufgrund § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG normativ ("unmittelbar und zwingend") auf die Arbeitsverhältnisse ein. Allerdings wird – ähnlich wie in § 4 Abs. 3 TVG – dem Arbeitsvertrag bei einer günstigeren Regelung an sich Vorrang eingeräumt. Um dem grundsätzlich zur Anwendung kommenden Günstigkeitsprinzip entgegenzuwirken, kann ein Arbeitsvertrag eine Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen vorsehen, welche die Durchbrechung dieses Prinzips ermöglicht. Diese Möglichkeit sollte sowohl dann erwogen werden, wenn noch kein Betriebsrat besteht als auch dann, wenn bereits ein Betriebsrat gebildet wurde, für bestimmte Fragen aber zum Beispiel noch keine mitbestimmten Regelungen geschaffen wurden (zum alternativen Klauselvorschlag für diese Situation siehe Rdn 116 f.). Bei Erwägung dieser Gestaltungsmöglichkeit sollte auch eine Vereinbarung einer vergleichbaren Öffnungsklausel für Tarifverträge erwogen werden (vgl. zu Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge Rdn 94 ff.).

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