Rz. 155

Abgefahrene Reifen (1,6 mm Mindestprofiltiefe nach § 36 Abs. 2 S. 4 StVZO) sind Gefahrerhöhung; der Versicherungsnehmer kann aber den Kausalitätsgegenbeweis (§ 25 Abs. 3 VVG) führen.[163] Profilrillen sind nur auf nasser Fahrbahn erforderlich, bei trockener Fahrbahn kann sich das fehlende Profil durch die größere Auflagefläche sogar positiv auswirken.
Die Weiterbenutzung eines Kraftfahrzeuges ohne besondere Sicherheitsmaßnahmen nach Verlust eines Schlüssels ist Gefahrerhöhung, wenn Diebstahlgefahr nahe liegt.[164] Schlossaustauschkosten sind auch nicht als Rettungskosten gemäß § 62 VVG vom Fahrzeugversicherer zu ersetzen.[165]
Die Benutzung eines Fahrzeuges mit defekten Bremsen ist eine Gefahrerhöhung im Sinne von § 23 Abs. 1 VVG. Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer positive Kenntnis von den die Gefahrerhöhung begründenden Umständen hat oder sich der Kenntnisnahme arglistig entzieht. Bloßes Kennenmüssen und selbst grob fahrlässige Unkenntnis reichen nicht aus. Die Beweislast für die positive Kenntnis trägt der Versicherer.[166]
Wochenlange Weiterbenutzung eines Fahrzeuges mit eingeschlagenem Seitenfenster ist eine Gefahrerhöhung.[167]
Eine Gefahrerhöhung im Sinne von § 23 VVG liegt vor, wenn ein versichertes Kraftfahrzeug dauernd von einem Fahrer benutzt wird, der an Epilepsie leidet.[168]
Es liegt eine subjektive Gefahrerhöhung vor, wenn der Versicherungsnehmer dauernd einen Zweitschlüssel im Fahrzeuginnenraum aufbewahrt.[169]
Mangelhafte Einbauten wirken sich nur dann als Gefahrerhöhung aus, wenn sie kausal für den Schaden sind und der Versicherungsnehmer Kenntnis von der Mangelhaftigkeit hat.[170]
[163] BGH VersR 1978, 146 = NJW 1978, 1919; OLG Karlsruhe zfs 1993, 308; LG Neuruppin zfs 1997, 458.
[164] OLG Hamm VersR 1982, 969; OLG Köln r+s 1985, 105; OLG München r+s 1988, 256; OLG Hamburg SP 1996, 423; OLG Nürnberg r+s 2003, 233; a.A.: OLG Hamm zfs 1992, 125, das nur eine anzeigepflichtige – ungewollte – Gefahrerhöhung annimmt.
[165] AG Hannover DAR 1999, 128 m.w.N.
[166] OLG Hamm r+s 1989, 3; OLG Köln r+s 1990, 192 = VersR 1990, 1226; OLG Hamm r+s 1996, 344; OLG Hamburg VersR 1996, 1095; OLG Köln SP 1997, 201.
[167] OLG Hamm VersR 1996, 448.
[168] OLG Stuttgart r+s 1997, 230.
[169] OLG Koblenz VersR 1998, 233.
[170] OLG Karlsruhe, 12 U 43/12, zfs 2013, 695 = SP 2013, 440.

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