Rz. 63

Verfahrensrechtliche Vorschriften über die Klageänderung finden sich in den §§ 263 und 264 ZPO. In § 263 ZPO ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Klageänderung zulässig ist (Einwilligung des Beklagten oder Sachdienlichkeit), und in § 264 ZPO wird klargestellt, in welchen drei Fällen es sich ohne gleichzeitige Änderung des Klagegrundes nicht um eine Klageänderung handelt (Änderung der Parteiausführungen), bzw. wann sie zulässig ist (Erweiterung oder Beschränkung des Klageantrages, Einforderung eines anderen Gegenstandes oder des Interesses wegen nachträglicher Veränderung). Eine Klageänderung kann z. B. vorliegen,

wenn der Kläger in einem bereits laufenden Prozess einen anderen Klageantrag als zuvor stellt, auch wenn er auf demselben Sachverhalt beruht (Ausnahmen § 264 Nr. 2 und 3 ZPO). Ein anderer Klageantrag läge beispielsweise vor, wenn der Kläger von einer Feststellungsklage zu einer Leistungsklage übergeht, oder von einer Klage auf Unterlassung einer Geschäftsschädigung auf eine Schadenersatzklage überwechselt.
wenn der Kläger den Klagegrund ändert, d. h. wenn der Kläger seinen Klageantrag aus einem anderen Lebenssachverhalt als zuvor herleiten will. Es ist also eine Klageänderung, wenn der Kläger eine ganz neue Begründung für seinen eingeklagten Anspruch, der der gleiche bleibt, vorbringt. Dies kommt praktisch seltener vor.
 

Rz. 64

Die Klageänderung wirkt sich selbstverständlich auf den Wert des Streitgegenstandes aus, wobei zunächst die Auswirkungen auf den Zuständigkeitsstreitwert betrachtet werden sollen:

Im Falle der nachträglichen Verminderung des Streitgegenstandes hat dies keine Auswirkungen auf die sachliche Zuständigkeit des Gerichts, da nach Eintritt der Rechtshängigkeit die Zuständigkeit gemäß § 261 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erhalten bleibt.
Im Falle der Erweiterung des Klagegegenstandes (§ 264 Nr. 2, 3 ZPO) ist jedoch der neu hinzugekommene Anspruch noch nicht rechtshängig, sodass es hierfür eine Sonderregelung gibt: das Amtsgericht muss gemäß § 506 ZPO bei Überschreitung der Streitwertgrenze den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht verweisen, allerdings nur, wenn eine Partei einen entsprechenden Antrag stellt.
 

Beispiel:

Maturek klagt gegen Steinheim vor dem Landgericht auf Zahlung eines Kaufpreises von 12.000,00 EUR. Nach dem ersten Verhandlungstermin nimmt Maturek den Klageantrag um 7.000,00 EUR auf 5.000,00 EUR zurück. Wie wirkt sich dies auf die Zuständigkeit des Landgerichtes aus?

Bei einer Klagesumme von genau 5.000,00 EUR wäre nun eigentlich das Amtsgericht zuständig (§ 23 Nr. 1 GVG). Eine – wirtschaftlich gesehen wenig sinnvolle – Verweisung an das Amtsgericht findet aber nicht statt, da nach Eintritt der Rechtshängigkeit die Zuständigkeit des Landgerichts gemäß § 261 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erhalten bleibt.

 

Beispiel:

Mutosch klagt gegen Steinel vor dem Amtsgericht auf Zahlung eines Kaufpreisteiles von 5.000,00 EUR. Nachdem der Prozess für Mutosch günstig verläuft, erweitert dieser den Klageantrag um die restlichen 7.000,00 EUR auf 12.000,00 EUR. Wie wirkt sich dies auf die Zuständigkeit des Amtsgerichtes aus?

Bei einer Klagesumme von 12.000,00 EUR ist nun eigentlich das Landgericht zuständig (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG). Das Verfahren bleibt aber beim Amtsgericht anhängig, solange keine Partei einen Antrag auf Verweisung an das Landgericht gemäß § 506 ZPO stellt.

Die Auswirkungen auf den Gebührenstreitwert sollen nachstehend erörtert werden.

1. Gebührenstreitwert bei Klageerweiterung

 

Rz. 65

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit kann sich während eines gerichtlichen Verfahrens durch eine Abänderung des Streitgegenstandes erhöhen. Dies ist bei einer Klageerweiterung oder Klageerhöhung der Fall.

Die Gebühren berechnen sich bei der Klageerweiterung nach dem erhöhten Gebührenstreitwert ab dem Zeitpunkt der Änderung. Davon sind selbstverständlich nur die Gebühren betroffen, die erst nach der Erhöhung (erneut oder neu) entstehen. Es kann also durchaus vorkommen, dass einzelne Gebühren

nur vor der Erhöhung,
andere Gebühren erst nach der Erhöhung und
weitere Gebühren sowohl vor als auch nach der Erhöhung entstehen.

Nur im letzten Fall werden die Gebühren nach dem höchsten Wert berechnet.

 

Beispiel:

Meier verklagt Müller auf Zahlung von 4.000,00 EUR. Nach der ersten streitigen Verhandlung erweitert Meier die Klageforderung um 1.000,00 EUR auf 5.000,00 EUR. Es wird erneut streitig verhandelt und eine Beweisaufnahme durchgeführt. Nun erhöht Meier die Klageforderung um zusätzliche 2.000,00 EUR auf 7.000,00 EUR. Nach weiterer streitiger Verhandlung ergeht das Urteil.

Der prozessbevollmächtigte RA des Meier erhält eine Verfahrensgebühr und eine Terminsgebühr nach dem höchsten Wert von 7.000,00 EUR, da er bezüglich dieses Wertes tätig geworden ist.

Hätte nach der letzten Erhöhung um 2.000,00 EUR – warum auch immer – kein Termin mehr stattgefunden, wäre die Terminsgebühr nur nach dem Wert von 5.000,00 EUR berechnet worden.

 

Hinweis:

Es ist zwar umstritten, aber nacheinander in einem Verfahren im Wege der Klageerweiterung ge...

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