Rz. 81

Es kommt vor, dass ein Kläger neben seinem Hauptantrag, für den Fall, dass dieser keinen Erfolg hat, einen Hilfsantrag (Eventualantrag) stellt.

 

Beispiel:

Kania verklagt Brösel auf Zahlung des Kaufpreises von 10.000,00 EUR für den verkauften Gebrauchtwagen (Hauptantrag); für den Fall, dass das Gericht diesen Anspruch zurückweist, beantragt er hilfsweise, den Brösel zur Rückgabe des Pkw zu verurteilen (Hilfsantrag).

Der Kläger stellt hier zwei Anträge, es handelt sich also um einen Fall der Anspruchshäufung. Da der zweite Antrag nur hilfsweise gestellt wird, spricht man auch von einer hilfsweisen Anspruchshäufung. Diese ist für den Zuständigkeitsstreitwert und für den Gebührenstreitwert unterschiedlich geregelt.

 

Rz. 82

Für den Zuständigkeitsstreitwert ist § 5 Hs. 1 ZPO nicht anwendbar, sodass die Werte von Haupt- und Hilfsantrag nicht zusammengerechnet werden dürfen. Nach herrschender Meinung ist der höhere Wert entweder des Haupt- oder des Hilfsantrages maßgebend.

 

Rz. 83

Für den Gebührenstreitwert enthält § 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG eine besondere Regelung: Wird neben einem Hauptanspruch ein Hilfsanspruch geltend gemacht, so ist der Wert des Hilfsanspruches und der Wert des Hauptanspruchs zusammenzurechnen, wenn das Gericht auch über den Hilfsanspruch entscheidet. Entscheidet das Gericht nicht über den Hilfsanspruch, so bleibt sein Wert außer Betracht. Eine Addition der Werte darf dagegen auf keinen Fall vorgenommen werden, wenn beide Ansprüche denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG); dann ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

 

Beispiel:

Kania verklagt Brösel auf Zahlung des Kaufpreises von 10.000,00 EUR für den verkauften Gebrauchtwagen; für den Fall, dass das Gericht diesen Anspruch zurückweist, beantragt er hilfsweise, den Brösel zur Rückgabe des Pkw zu verurteilen. Der Verkehrswert des Pkw hat sich zwischenzeitlich wegen gestiegener Nachfrage nach diesem Modell auf 11.000,00 EUR erhöht. Es werden drei mögliche Ausgänge des Prozesses geprüft (Urteile 1 bis 3).

1. Urteil: Brösel wird zur Zahlung des Kaufpreises verurteilt. Über den Hilfsantrag musste also vom Gericht nicht entschieden werden. Der Gebührenstreitwert beträgt 10.000,00 EUR.

2. Urteil: Brösel wird zur Herausgabe des Pkw verurteilt. Das Gericht hat also auch über den Hilfsantrag entschieden. Der Gebührenstreitwert beträgt 11.000,00 EUR. Da beide Ansprüche denselben Gegenstand betreffen, ist der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

3. Urteil: Die Klage des Kania wird abgewiesen, womit über den Hauptantrag und auch über den Hilfsantrag entschieden wurde. Der Gebührenstreitwert beträgt 11.000,00 EUR. Da beide Ansprüche denselben Gegenstand betreffen, ist der höhere Wert des Hilfsantrages maßgebend.

Was in Rdn 77 ff. (Hilfsaufrechnung) bezüglich der Anwaltsgebühren gesagt ist, gilt in ähnlicher Weise auch für den Fall des Hilfsantrages. Der RA wird die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) und im Regelfall auch die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nach dem gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG erhöhten Wert erhalten.

 

Merke:

Für den Gebührenstreitwert wird der Wert eines Hilfsanspruches nur dann mit dem Wert des Hauptanspruches zusammengerechnet, wenn das Gericht über den Hilfsanspruch entscheidet.

Betreffen beide Ansprüche denselben Gegenstand, so ist nur der Anspruch mit dem höheren Wert maßgebend.

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