A. Einleitung

 

Rz. 1

Der Gesetzgeber will für nach dem 31.12.2017 abgeschlossene Verträge (vgl. Art. 229 § 39 EGBGB) mit der Einfügung eines eigenen Kapitels 3 (§§ 650i bis 650n) BGB (Verbraucherbauvertrag)[1] in das Werkvertragsrecht – in dem eine Reihe von Schutzvorschrif­ten (in Bezug auf die Vertragsgestaltung und -auslegung) zugunsten des Verbrauchers i.S. des § 13 BGB (d.h. dem Verbraucherbauherrn) neu kodifiziert und zusammengefasst werden – der besonderen Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers (über den bereits seit langem gewährten Verbraucherschutz nach den §§ 312 ff. BGB und die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB hinaus) beim Abschluss größerer Bauverträge Rechnung tragen.[2] Es handelt sich dabei mit Ausnahme von § 650m BGB um zum Nachteil des Verbrauchers unabdingbares Recht[3] (§ 650o S. 1 BGB).

 

Rz. 2

Gegenüber § 312 Abs. 2 Nr. 4 BGB alt (nachstehende Rdn 12 f.) soll durch die Schaffung eines eigenständigen Verbraucherbaurechts in den §§ 650i bis 650n BGB durch Ausfüllung des nationalen Gestaltungsspielraums eine Schutzlücke geschlossen und ein verbessertes Schutzniveau erreicht werden:[4] durch die Einführung

einer Baubeschreibungspflicht (§§ 650j und k BGB),
eines allgemeinen Widerrufsrechts (§ 650l BGB),
einer Obergrenze für Abschlagszahlungen (§ 650m BGB) und von
Dokumentationspflichten (§ 650n BGB).
 

Rz. 3

 

Beachte:

Der in § 650i Abs. 1 BGB umschriebene Anwendungsbereich des Verbraucherbauvertragsrechts knüpft an die Vorgaben der EU-Verbraucherrechterichtlinie[5] (VerbrRRL) vom 25.10.2011 zu den vorvertraglichen Informationspflichten an:[6]

Der Verbraucher ist vor Vertragsschluss nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a VerbrRRL über die "wesentlichen Eigenschaften der Leistung" zu informieren.
Vom Anwendungsbereich der VerbrRRL ausgenommen sind nach deren Art. 3 Abs. 3 Buchst. f und Art. 6 Abs. 1 Buchst. a "Verträge über den Bau von neuen Gebäuden und erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden".
"Diese Ausnahme ermöglicht es dem deutschen Gesetzgeber nicht nur für diesen Bereich eigene, weitergehende Vorgaben zur Information des Vertragspartners einzuführen, sondern macht dies sogar notwendig"[7]  – da es ansonsten (würde der Gesetzgeber von Vorgaben absehen) zu einem nicht akzeptablen Ungleichgewicht käme: "Für kleinere Bauverträge würden die auf die Verbraucherrechterichtlinie zurückgehenden Informationspflichten greifen, für größere mit einem höheren Risiko für den Verbraucher verbundene Verträge dagegen keine entsprechenden Pflichten bestehen."[8]
Vor diesem Hintergrund hat sich der deutsche Gesetzgeber dafür entschieden, für die von der VerbrRRL nicht erfassten Bauverträge spezielle vorvertragliche Informationspflichten sowie weitere Schutzvorschriften einzuführen.
[1] Näher Pause, NZBau 2015, 667; Ders., BauR 2017, 430; Retzlaff, BauR 2017, 17.
[2] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 62. Risiken bei der Errichtung oder dem Umbau eines Hauses, in deren Rahmen der Verbraucher einen Großteil seiner wirtschaftlichen Leistungskraft einsetzt: RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 24.
[3] Palandt/Sprau, § 650i BGB Rn 1.
[4] Stretz, Das neue Bauvertragsrecht, § 5 Rn 9.
[5] Vgl. zum europäischen Hintergrund näher jurisPK-BGB/Segger, § 650i Rn 7.
[6] Richtlinie 2011/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl L 304 vom 22.11.2011, S. 64.
[7] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 62.
[8] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 62.

B. Legaldefinition des Verbraucherbauvertrags

 

Rz. 4

 

§ 650i Verbraucherbauvertrag

(1) Verbraucherbauverträge sind Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

(2) Der Verbraucherbauvertrag bedarf der Textform.

(3) Für Verbraucherbauverträge gelten ergänzend die folgenden Vorschriften dieses Kapitels.

 

Rz. 5

§ 650i Abs. 1 BGB trifft – eingefügt durch Art. 1 Nr. 25 BauVertrRRG – eine Legaldefinition des "Verbraucherbauvertrags" als Bauvertrag über einen bestimmten Vertragsgegenstand (Bau eines neuen Gebäudes bzw. erhebliche Umbaumaßnahme an bestehenden Gebäuden), der enger als jener des allgemeinen Bauvertrags (vgl. § 650a Abs. 1 BGB) ist,[9] und bestimmt damit den Anwendungsbereich der nachstehend normierten Schutzvorschriften.

 

Rz. 6

Verbraucherbauverträge sind nach § 650i Abs. 1 BGB Verträge zwischen einem Unternehmer (§ 631 und § 14 BGB) und einem Verbraucher (§ 13 BGB),[10] durch die (in Bezug auf den persönlichen Anwendungsbereich)[11]

der Unternehmer als Auftragnehmer (nachstehende Rdn 11) von einem
Verbraucher als Besteller (Rdn 7 ff.)

zum (in Bezug auf den sachlichen Anwendungsbereich)

Bau eines neuen Gebäudes (Rdn 12 ff.) oder zu
erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude (Rdn 16)

verpflichtet wird.[12]

[9] Palandt/Sprau, § 650i BGB Rn 2.
[10] "Nach der gewählten Bezeichnung liegt es nahe, dass ein Verbrauchervertrag … i.S.v. § 310 III (BGB) vorliegen muss": so Palandt/Sprau, § 650i BGB Rn 5.
[11] Näher jurisPK-BGB/Segger, § 650i Rn 10 ff.
[12] Näher Motzke, NZBau 2017, 515, 518.

I. Verbraucher

 

Rz. 7

Verbraucher ist...

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