Rz. 26
Der Verbraucherbauvertrag (d.h. dessen gesamter Inhalt)[58] – und zwar beide zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen[59] – bedarf im Interesse einer dauerhaften Verfügbarkeit der Vertragserklärung (einschließlich des Inhalts) gemäß § 650i Abs. 2 BGB der Textform[60] (i.S.v. § 126b BGB, dazu vorstehend § 2 Rdn 89).
Rz. 27
Infolgedessen müssen beide Vertragserklärungen auf einem Schriftstück oder auf einem anderen zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Datenträger abgegeben werden – wobei Schriftform (§ 126 BGB) genügt.[61]
Rz. 28
Beachte:
Eine Nichtbeachtung des Textformerfordernisses nach § 650i Abs. 2 i.V.m. § 126b BGB führt gemäß § 126 S. 1 BGB zur Nichtigkeit des Vertrags: Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig.
Rz. 29
Das Formerfordernis zielt auf eine Gewährleistung der Baukontrolle durch den Verbraucher[62] (Verbraucherinformation): Dieser soll – bei oft längerer Dauer der Bauausführung, aber auch noch nach der Fertigstellung des Bauwerks – jederzeit kontrollieren können, was der konkrete Inhalt der vom Unternehmer geschuldeten Vertragsleistung ist oder war. Dem Texterfordernis kommt Informationsfunktion zu – nach der Intention des Gesetzgebers auch Warn- und Beweisfunktion, da Textform wegen der wirtschaftlichen Bedeutung entsprechender Verträge für den Verbraucher nicht nur sinnvoll sei, sondern auch Beweisschwierigkeiten über den Vertragsinhalt vorbeugen könne.[63]
Rz. 30
Beachte:
Auch (spätere) Vertragsänderungen oder Vertragsergänzungen (Nachträge) unterliegen im Falle von Verbraucherbauverträgen (i.S.v. § 650i Abs. 1 BGB) dem Textformerfordernis[64] – weshalb das zu erzielende Einvernehmen über eine vom Verbraucher begehrte Änderung
▪ | des vereinbarten Werkerfolgs (§ 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB) bzw. eine solche, |
▪ | die zur Erreichung der vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist (§ 650b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB) |
der Textform (§ 126b BGB) bedarf, ebenso wie (sofern kein Einvernehmen erzielt werden kann) die einseitige Anordnung der Vertragsänderung durch den Besteller nach § 650b Abs. 2 BGB.
Rz. 31
Beachte zudem:
Das Textformerfordernis nach § 650i Abs. 2 BGB entspricht dem Formerfordernis der Baubeschreibung gemäß § 650k BGB (die der Unternehmer dem Verbraucher vor Vertragsschluss nach § 650j BGB i.V.m. Art. 249 §§ 1 und 2 EGBGB übermitteln muss: "Dadurch kann diese" (d.h. die Baubeschreibung) "formgerecht Vertragsinhalt werden, wenn sie der (auch nur elektronischen) Erklärung des Unternehmers beigefügt und auf sie Bezug genommen wird".[65]
Rz. 32
Der Gesetzgeber hat (anders als in anderen Fällen)[66] keine Heilungsmöglichkeit im Falle eines Verstoßes gegen das Formerfordernis vorgesehen. Da mangels planwidriger Regelungslücke[67] eine analoge Anwendung anderer gesetzlich geregelter Heilungsvorschriften nicht in Betracht kommt, führt der Formverstoß zur Nichtigkeit des Verbraucherbauvertrags nach § 126 S. 1 i.V.m. §§ 650i Abs. 2, 126b BGB.[68] Damit scheiden vertragliche Erfüllungsansprüche aus – ebenso wie Gewährleistungsrechte des Verbrauchers.[69] Der Unternehmer kann vom Besteller ggf. aber
▪ | Aufwendungsersatz nach den §§ 670, 683 S. 1 BGB bzw. |
▪ | Wertersatz gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt, 818 Abs. 2 BGB |
verlangen.[70] Der Aufwendungsersatzanspruch des Unternehmers ist allerdings im Falle einer mangelhaften Leistungserbringung ebenso ausgeschlossen[71] wie ein bereicherungsrechtlicher Wertersatzanspruch (arg.: eine mangelhafte Leistung sei per se keine Bereicherung).[72]
Rz. 33
Fraglich ist, ob die Formnichtigkeit nach § 650i Abs. 2 BGB ausnahmsweise nach § 242 BGB (über den Grundsatz von Treu und Glauben) geheilt werden kann, was die Rechtsprechung in anderen Fällen dann annimmt, wenn ein Scheitern des Vertrags wegen des Formmangels nach den Gesamtumständen des Vertrags und unter Berücksichtigung der Interessen der Vertragsparteien gegen Treu und Glauben verstoßen würde.[73]Stretz[74] führt dazu aus, dass "letztlich … ein Unternehmer bei Nichterfüllung seiner vorvertraglichen Informationspflichten … die Formnichtigkeit und ihre Beachtlichkeit nicht nur treuwidrig herbeigeführt, sondern den Verbraucher auch pflichtwidrig von einer Wahrung des Textformerfordernisses abgehalten (hätte); jedenfalls der Unternehmer sollte sich in dieser Konstellation nicht auf die Formunwirksamkeit des Verbraucherbauvertrages berufen können".[75]
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