Rz. 128

§ 632a BGB gilt auch für den Verbraucherbauvertrag i.S.v. § 650i Abs. 1 BGB, weshalb der Unternehmer vom Verbraucher nach § 632a Abs. 1 BGB Abschlagszahlungen grundsätzlich bis zur Höhe der erbrachten Leistung verlangen kann.

 

Rz. 129

Vor dem Hintergrund – Reduzierung der Vorleistungspflicht des Unternehmers (vorstehende Rdn 124), der seinen Vergütungsanspruch ja eigentlich erst mit der Abnahme des Bauwerks erlangt (vgl. § 641 Abs. 1 S. 1 BGB) – soll die Verbraucherschutzvorschrift des § 650m Abs. 1 BGB beim Verbraucherbauvertrag dem Risiko versteckter Vorleistungen (Überzahlungen) in Form von überhöhten vorzeitigen Abschlagszahlungen begegnen.[248] Dem Verbraucher soll sein Zurückbehaltungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB gesichert werden.[249] Insoweit begrenzt § 650m Abs. 1 BGB die Höhe der Gesamtzahlung – nicht jedoch der einzelnen Abschlagszahlungen – auf 90 % der Gesamtvergütung (einschließlich Nachträgen).[250]

 

Rz. 130

Verlangt der Unternehmer Abschlagszahlungen nach § 632a BGB, darf der Gesamtbetrag der Abschlagszahlungen ("maßgebend ist die im Zeitpunkt des Zahlungsverlangens geschuldete Gesamtvergütung")[251] gemäß § 650m Abs. 1 BGB 90 % (Begrenzung des Gesamtbetrags der Abschlagszahlungen)[252]

der vereinbarten Gesamtvergütung (einschließlich Umsatzsteuer)[253]
einschließlich der Vergütung für Nachtragsleistungen nach § 650c BGB[254]

(Obergrenze von 90 %)[255] nicht übersteigen, wofür der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast trägt.[256]

 

Rz. 131

D.h., die vom Unternehmer verlangten Abschlagszahlungen dürfen insgesamt 90 % der vereinbarten Vergütung (einschließlich der Vergütung für Nachschlagsleistungen) nicht überschreiten.[257] Hintergrund der Regelung ist, dass der Verbraucher aus eigener Fachkenntnis heraus regelmäßig nicht in der Lage ist, den Baufortschritt (mithin die Berechtigung einer Abschlagszahlung) zu beurteilen.[258]

 

Rz. 132

Der Restbetrag (pauschaler Einbehalt des Verbrauchers in Höhe von 10 %) wird gemäß § 641 Abs. 1 BGB mit der Abnahme (Fälligkeit der Gesamtvergütung)[259] fällig.[260]

 

Rz. 133

 

Beachte:

"Nach ihrem Wortlaut schließt die Vorschrift nicht aus, dass der Unternehmer seine ersten Abschlagszahlungen in Höhe von 100 % geltend macht, wenn seine Abschlagszahlungen in der Gesamtsumme (d.h. im Zeitpunkt der Beendigung des Bauvorhabens) 90 % nicht überschreiten. Dem Gesetzeszweck würde es eher entsprechen, wenn der Unternehmer jede Abschlagszahlung nur in Höhe von 90 % des Wertes der erbrachten Leistungen verlangen könnte."[261]

 

Rz. 134

Damit steht nicht zu erwarten, dass der Verbraucher durch Abschlagszahlungen faktisch in erheblichem Umfang vorleisten muss, "ohne durch korrespondierende Sicherungsrechte hinreichend abgesichert zu sein."[262]

 

Rz. 135

Der Gesetzgeber[263] ist der Auffassung, dass der Verbraucher mit § 650m Abs. 1 BGB jetzt effektiver von der Möglichkeit des § 641 Abs. 3 BGB Gebrauch machen kann, wonach – wenn der Besteller Mangelbeseitigung (i.S.v. § 634 BGB) verlangen kann – er nach der Fälligkeit die Zahlung eines "angemessenen Teils" der Vergütung verweigern kann (wobei "angemessen" i.d.R. das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten ist).

[248] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 65.
[249] RegE, BT- Drucks 18/8486, S. 64.
[250] Näher jurisPK-BGB/Segger, § 650m Rn 5 ff.
[251] Palandt/Sprau, § 650m BGB Rn 2: D.h. die nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldete Vergütung einschließlich Umsatzsteuer – wie sie sich im Regelfall aus dem in Textform (§ 126b BGB) übermittelten Vertragsinhalt ergibt – zuzüglich einer Vergütung für Nachtragsleistungen (Nachträge) gemäß § 650c BGB.
[252] Näher jurisPK-BGB/Segger, § 650m Rn 7 ff.
[253] Stretz, Das neue Bauvertragsrecht, § 5 Rn 257.
[254] Nach Stretz (Das neue Bauvertragsrecht, § 5 Rn 258) soll auch die Vergütungsanpassung nach § 650b Abs. 1 S. 1 BGB darunter fallen.
[255] Zur Besonderheit des Einheitspreisvertrags (im Unterschied zum Pauschalpreisvertrag): Stretz, Das neue Bauvertragsrecht, § 5 Rn 259.
[256] Stretz, Das neue Bauvertragsrecht, § 5 Rn 260.
[257] Schwenker/Rodemann, § 650m BGB Rn 1.
[258] Stretz, Das neue Bauvertragsrecht, § 5 Rn 247.
[259] Näher jurisPK-BGB/Segger, § 650m Rn 10.
[260] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 65.
[261] So Schwenker/Rodemann, § 650m BGB Rn 1.
[262] Glöckner, VuR 2016, 163, 166.
[263] RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 65.

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