Rz. 44

Im Pflichtteilsrecht kommt es in der Praxis regelmäßig zu außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleichen i.S.d. § 779 BGB. Im wohl häufigsten Fall vergleichen sich Erbe und Pflichtteilsberechtigter bei einem ernstlichen Streit über die Bewertung von Nachlassgegenständen über die Höhe des Pflichtteils.

a) Erbschaft- und Schenkungsteuer

 

Rz. 45

Grundsätzlich sind im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung von den Parteien zur Beilegung von ernstlichen Streitigkeiten geschlossene außergerichtliche oder gerichtliche Vergleiche maßgeblich (siehe § 4 Rdn 102 ff.>).[36] Erhält ein Pflichtteilsberechtigter auf Grundlage des Vergleichs einen (objektiv möglicherweise) niedrigeren Pflichtteilsanspruch als den (möglicherweise objektiv) geschuldeten – etwa wegen einer regelmäßig wohl abwegigen Verkehrswertermittlung sämtlicher Nachlassgegenstände im Rahmen des § 2311 BGB –, ist seiner Besteuerung nur der niedrigere Wert zugrunde zu legen.[37] Entsprechend stellt die Differenz beim Erben keine steuerpflichtige Schenkung dar.

b) Einkommensteuer

 

Rz. 46

Bei einer Modifikation der Pflichtteilsauszahlung durch eine Stundungsvereinbarung kommt es nach dem BFH zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung – da dieser Sachverhalt bereits von der Schenkungsteuer erfasst wird (siehe Rdn 42>) – zu keiner Einkommensbesteuerung (siehe Rdn 43>). Eine Doppelbesteuerung kommt wegen der erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Behandlung des Vergleichs (siehe § 4 Rdn 102 ff.>) nicht in Betracht, so dass eine Einkommensbesteuerung droht. Da dieser Vergleich aber mit der Geltendmachung des Pflichtteils als Einheit gesehen werden muss, kommt es entsprechend den Grundsätzen des BFH[38] nicht zu einer Einkommensbesteuerung der Stundung.

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