Rz. 12

Der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingung setzt eine Vertragsbedingung,[36] d.h. eine Erklärung des Verwenders voraus, die den Vertragsinhalt regeln soll,[37] wobei die Erklärung nach ihrem objektiven Wortlaut beim Empfänger den Eindruck hervorrufen muss, es solle damit der Inhalt eines vertraglichen Schuldverhältnisses bestimmt werden.[38] Dieser konstitutive Charakter unterscheidet Vertragsbedingungen von bloßen ­Informationen über tatsächliche Umstände als faktisches Verhalten.[39] Damit sind grundsätzlich bloße Bitten, Hinweise oder Werbeaussagen vom Begriff der Allgemeinen ­Geschäftsbedingung ausgeschlossen,[40] bspw. Hinweise, die nur den werbenden und unverbindlichen Charakter von Katalogangaben und -abbildungen verdeutlichen[41] (vgl. auch Rdn 13) – es sei denn, die getroffenen Aussagen erwecken beim Durchschnittskunden den Eindruck, dass der Verwender vertragliche Rechte und Pflichten begründen möchte.[42] Auch die vorformulierte Erklärung eines Kunden, dass er der Geltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmt, ist nicht als Vertragsbedingung zu qualifizieren[43] – wobei auch hier etwas anderes gilt, wenn der Text eines Einheitsschreibens beim Durchschnittskunden den Eindruck hervorruft, der Verwender wolle vertragliche Rechte und Pflichten begründen.[44] Unter einer "Vertragsbedingung" versteht § 305 Abs. 1 S. 1 BGB (entsprechend § 1 Abs. 1 S. 1 AGB-Gesetz alt) jede – und sei es auch nur mittelbar[45] bzw. nicht-rechtsgeschäftliche[46] – inhaltsbestimmende Vertragsklausel (Regelungen, die den Vertragsinhalt gestalten sollen).[47] Auch eine notarielle Schiedsgerichtsabrede kann "Allgemeine Geschäftsbedingung" i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sein.[48]

Um zu differenzieren, ob es sich um eine verbindliche Vertragsbedingung oder um eine unverbindliche Bitte oder Empfehlung bzw. einen bloßen Hinweis ohne eigenständigen Regelungsgehalt handelt, ist auf den Empfängerhorizont abzustellen.[49] Vom Vorliegen einer Vertragsbedingung ist dann auszugehen, wenn ein allgemeiner Hinweis seinem objektiven Wortlaut nach bei den Empfängern den Eindruck hervorruft, dass damit der Inhalt eines vertraglichen oder vorvertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden soll.[50]

 

Beachte

Sportliche Regelwerke sind hingegen keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen.[51]

 

Rz. 13

Grundsätzlich kann aber Hinweisen in Werbeprospekten oder z.B. auf Preisschildern der Charakter von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zukommen, wenn sie aus der Sicht des Empfängers dazu dienen, den Inhalt eines vertraglichen oder vorvertraglichen Rechtsverhältnisses zu regeln.[52] Allerdings hat das OLG Hamm[53] – im Gegensatz zum BGH[54] (der die Aussage "Preis- und Kalkulationsirrtum auf Seiten des Auftraggebers ausgeschlossen" als eine nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen qualifiziert hatte) – festgestellt, dass die Hinweise "Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Abbildungen ähnlich" in einem Reklameprospekt keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellen sollen. Maßgebend für die Abgrenzung war dabei die Auslegung der Erklärung gemäß §§ 133, 157 BGB,[55] aber auch der Umstand, dass der BGH[56] eine gleichlautende Klausel ("Irrtümer sind vorbehalten") aus UWG-Sicht wegen fehlender Rechtsbeeinträchtigung nicht beanstandet hatte.[57] Der BGH[58] hat diese Auffassung bestätigt: Die im Produktkatalog eines Mobiltelefonanbieters enthaltenen Hinweise "Änderungen und Irrtümer vorbehalten,[59] Abbildungen ähnlich" stellten keine Vertragsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB dar, da es sich um Hinweise ohne eigenen Bedeutungsgehalt handele, die lediglich zum Ausdruck brächten, dass die im Katalog enthaltenen Angaben insoweit vorläufig und unverbindlich sind, als sie vor und bei Abschluss des Vertrags noch korrigiert werden können (grundsätzlich bloße invitatio ad offerendum). Ein vertraglicher Regelungsgehalt, insbesondere eine etwaige Beschränkung der Rechte des Vertragspartners in haftungs- und gewährleistungsrechtlicher Hinsicht, könne diesen Hinweisen – so der BGH[60] – jedoch nicht entnommen werden.

Die Bestätigung einer Tatsache kann dann Vertragsbedingung (i.S. einer Vertragsklausel) sein, wenn sie einen vertraglichen Regelungsgehalt hat.[61]

 

Rz. 14

Die Begrifflichkeit "Vertragsbedingung" setzt weder voraus, dass die Klausel Vertragsbedingung wird,[62] noch, dass es zu einem Vertragsabschluss kommt. Daher können auch bestimmte einseitige Rechtsgeschäfte,[63] bspw. Aushandlungsbestätigungen[64] bzw. materiell-rechtlich oder verfahrensrechtlich[65] vom Verwender einseitig vorformulierte Erklärungen des anderen Teils, als Allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert werden[66] (z.B. das Einverständnis zu einer Telefonwerbung)[67] – nicht jedoch abschlussregelnde Klauseln.[68]

 

Rz. 15

Vertragsbedingungen, die der Verwender bei einseitigen Rechtsgeschäften verwendet, sind von Vertragsbedingungen des Verwenders abzugrenzen, die in Rechte Dritter eingreifen[69] – wobei in letzterem Fall der Verwender nicht nur eigene, son...

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