Rz. 2

Bevor der (Arbeits-)Wegeunfall in einem Überblick dargestellt wird, soll zunächst erläutert werden, warum er für die gesamte Schadensregulierung von erheblicher Bedeutung ist. Handelt es sich bei einem Unfall um einen Arbeits- oder Arbeitswegeunfall verläuft die Schadensregulierung in komplett anderen Bahnen als beim sonstigen Verkehrsunfall oder sonstigen Haftpflichttatbestand. Zuständig ist dann die gesetzliche Unfallversicherung gemäß SGB VII. Dies bedeutet nicht nur die alleinige Zuständigkeit eines anderen Sozialversicherungsträgers, wichtig ist vor allem die Frage, welche Ansprüche gemäß § 116 SGB X auf den Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Danach ist es so, dass sämtliche Ansprüche, welche von der gesetzlichen Unfallversicherung geleistet werden, nicht mehr dem Geschädigten selbst, sondern der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen. (Im Folgenden wird der Begriff der "Unfallversicherung" im Sinne der "gesetzlichen Unfallversicherung" verwendet in Abgrenzung zur privaten Unfallversicherung etwa im Sinne der BUZ.)

§ 1 SGB VII regelt Folgendes:

Zitat

"Aufgabe der Unfallversicherung ist es, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches"

(…)

2. nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen.“ [Hervorhebung d. Verf.]

Ein wesentlicher Unterschied zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung und auch der Pflegeversicherung ist, dass die gesetzliche Unfallversicherung zur Geldleistung verpflichtet ist. Im Gegensatz hierzu gilt im Recht der gesetzlichen Krankenkassen das sog. Sachleistungsprinzip. Näheres hierzu ist unter Rdn 14 ff. zu finden.

 

Rz. 3

Im schlimmsten Fall kann es so laufen, dass eine Schadensregulierung inklusive Abfindungserklärung komplett abgewickelt wird und sich im Nachhinein herausstellt, dass es sich um einen Arbeits- oder Arbeitswegeunfall handelt. In dem Fall muss die gesamte Schadensregulierung rückabgewickelt und neu aufgerollt werden. Die Tatsache, dass die Unfallversicherung eintrittspflichtig ist und hier ein anderer Anspruchsübergang stattfindet, stellt einen Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Abfindungserklärung dar. Diese ist damit hinfällig und zu viel geleistete Beträge müssen vom Geschädigten zurückerstattet werden (selbstverständlich unter Berücksichtigung einer etwaigen Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB).

 

Rz. 4

Letzte Vorbemerkung ist, dass es sich bei dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung um einen Bereich des öffentlichen Rechts handelt. Das heißt, dass sich sämtliche Regelungen, welche im Folgenden zu besprechen sind, im Gesetz finden. Es gibt hierzu zwar Rechtsprechung, insbesondere zur Frage des direkten Weges, der Abwege und Wegeunterbrechungen (siehe hierzu Rdn 14 ff.). Wichtig ist aber, dass die Regelungen und die Grundgedanken des öffentlichen Rechts anzuwenden sind.

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