Rz. 87

Die Konsultationspflicht ist der Sache nach regelmäßig erfüllt, wenn der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung einen Interessenausgleich abschließt.[178] Dies gilt jedenfalls dann, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht, ob und in welchem Umfang es zu Entlassungen kommen wird.[179] Bei einer ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens nach §§ 111 ff. BetrVG ist in der Regel auch den Anforderungen an das Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs. 2 KSchG genügt.[180] Auch die Abgabe der Stellungnahme der Arbeitnehmervertretung beendet das Konsultationsverfahren,[181] ebenso die Übereinkunft der Betriebsparteien, dass alle Einigungsversuche ausgeschöpft sind.[182]

 

Rz. 88

Der Arbeitgeber hat das Konsultationsverfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie zwar mit dem Ziel einer Einigung zu führen, unterliegt allerdings keinem Einigungszwang. Der Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans oder die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens ist deshalb nicht Voraussetzung für den Abschluss der Konsultation.[183] Kommt es nicht zu einer Einigung der Betriebsparteien, ist das Konsultationsverfahren nach Auffassung des BAG beendet, wenn der Arbeitgeber annehmen darf, es bestehe kein Ansatz für weitere, zielführende Verhandlungen. Dem Arbeitgeber kommt in diesem Rahmen eine Beurteilungskompetenz zu, wann er den Beratungsanspruch der Arbeitnehmervertretung als erfüllt ansieht. Das setzt indes voraus, dass der Arbeitnehmervertretung zuvor alle zweckdienlichen Auskünfte i.S.d. § 17 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KSchG erteilt worden sind, wobei es sich nach dem Verlauf der Beratungen richtet, welche Angaben des Arbeitgebers – noch oder nunmehr – als zweckdienlich anzusehen sind.[184] Das Konsultationsverfahren kann demnach bereits zu einem Zeitpunkt beendet sein, zu dem Interessenausgleich und Sozialplan noch nicht abgeschlossen sind.[185]

 

Rz. 89

 

Hinweis

Hört der Arbeitgeber die Arbeitnehmervertretung noch während der Konsultationen etwa gemäß § 102 BetrVG zu den bevorstehenden Kündigungen an,[186] belegt dies, dass der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluss bereits abschließend gebildet hat.[187] Dies wiederum legt nahe, dass das Konsultationsverfahren nicht rechtzeitig eingeleitet worden ist.

[181] LAG Nürnberg v. 10.12.2014 – 2 Sa 379/14; APS/Moll, § 17 KSchG Rn 74; Grau/Sittard, BB 2011, 1845.
[182] ErfK/Kiel, § 17 Rn 25a; KR/Weigand, § 17 Rn 103.
[183] BAG v. 21.5.2008 – 8 AZR 84/07; BAG v. 28.5.2009 – 6 AZR 144/08; APS/Moll, § 17 KSchG Rn 74c; KR/Weigand, § 17 Rn 104; Krieger/Ludwig, NZA 2010, 919; der diese Fragen aufwerfende Vorlagebeschluss des ArbG Berlin v. 21.2.2006 – 79 Ca 22399/05 hat sich durch Vergleichsschluss erledigt.
[186] So die Empfehlung von Krieger/Ludwig, NZA 2010, 919.
[187] Schaub/Linck, § 142 Rn 16; ErfK/Kiel, § 17 KSchG Rn 26.

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