Rz. 259

Die Warnfunktion einer Abmahnung kann erheblich dadurch abgeschwächt werden, dass der Arbeitgeber bei ständig neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers stets nur mit einer Kündigung droht, ohne jemals arbeitsrechtliche Konsequenzen folgen zu lassen.[640] Andererseits kann bei für sich genommen geringfügigen Pflichtverletzungen eines Arbeitnehmers mit hohem sozialen Besitzstand – hier Betriebsratsvorsitzender mit über 20-jähriger Betriebszugehörigkeit – je nach den Umständen eine einmalige Abmahnung nicht ausreichen, den Arbeitnehmer hinreichend zu warnen, dass er bei weiteren gleichartigen Pflichtverletzungen seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Hat der Arbeitgeber durch zahlreiche Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen – hier neun Abmahnungen wegen verspäteter Arbeitsaufnahme – deren Warnfunktion zunächst abgeschwächt, so muss er die (letzte) Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung eindringlich gestalten.[641] Gleichwohl wird die in der Abmahnung enthaltende Warnung nicht dadurch entwertet, dass sie beim Arbeitnehmer die Hoffnung offenlässt, der Arbeitgeber werde vielleicht "Gnade vor Recht ergehen lassen". Ansonsten wäre der ruhig und verständig abwägende, im Zweifel eher zur Nachsicht neigende Arbeitgeber benachteiligt.[642] In welcher Form dies zu geschehen hat (eindringliches Abmahnungsgespräch, besonders hervorgehobener Text, "letztmalige Abmahnung" etc.) hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.[643]

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