Rz. 1

Mit einem Rechtsmittel verfolgt eine Partei das Ziel, eine ihr ungünstige Entscheidung vor deren Rechtskraft im Wege der Nachprüfung durch ein höheres Gericht zu beseitigen (Kassation) und eine ihr günstige anderweitige Entscheidung zu erreichen (Reformation).[1] Ein Rechtsmittel zeichnet sich daher – anders als bloße Rechtsbehelfe wie Einspruch (§ 338 ZPO), Widerspruch (§ 924 ZPO) oder Erinnerung (§ 573 ZPO) – durch zwei Wirkungen aus: Seine fristgerechte Einlegung hemmt den Eintritt der formellen Rechtskraft (§ 705 ZPO; Suspensivwirkung) und das Verfahren wird in der höheren Instanz anhängig (Devolutivwirkung). Die ZPO kennt folgende Rechtsmittel mit diesen Wirkungen: Berufung (§§ 511 ff. ZPO), Revision (§§ 542 ff. ZPO), sofortige Beschwerde (§§ 567 ff. ZPO) und Rechtsbeschwerde (§§ 574 ff. ZPO).

 

Rz. 2

Sofern gegen eine Entscheidung weder ein Rechtsmittel noch ein anderer Rechtsbehelf gegeben ist,[2] kann bei einer entscheidungserheblichen Verletzung des Anspruchs einer Partei auf rechtliches Gehör Anhörungsrüge erhoben werden (§ 321a ZPO);[3] im Rahmen eines nachfolgenden Rechtsmittelverfahrens hat das Rechtsmittelgericht die Entscheidung des unteren Gerichts, aufgrund einer Anhörungsrüge das Verfahren fortzuführen, darauf zu überprüfen, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war.[4] Bei nicht in materielle Rechtskraft erwachsenden Beschlüssen kommt ferner eine Gegenvorstellung in Betracht, d.h. die Anregung an das Gericht, eine – für die Partei unanfechtbare, aber das Gericht nicht bindende – Entscheidung abzuändern.[5]

 

Rz. 3

Bei schweren Verfahrensmängeln oder inhaltlichen Fehlern sieht die ZPO schließlich die Durchbrechung der Rechtskraft im Wege eines Wiederaufnahmeverfahrens vor (§§ 578 ff. ZPO).

[1] Thomas/Putzo/Reichold, vor § 511 Rn 1.
[3] Zu den Voraussetzungen der Anhörungsrüge: BGH, Beschl. v. 23.8.2016 – VIII ZR 79/15, MDR 2016, 1350 Rn 2 ff.
[5] BGH, Beschl. v. 19.7.2018 – V ZB 6/18, NJW 2018, 3388 Rn 9; im Einzelnen ist hier vieles streitig, vgl. MüKoZPO/Lipp, vor §§ 567 ff. Rn 19 ff. m.w.N.

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