Rz. 62

Die Rechtsbeziehung zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten wird als Valutaverhältnis bezeichnet, aus dem sich der Rechtsgrund für die Leistung des Versicherers an den Dritten ergibt und der darüber entscheidet, ob der Dritte diese Leistung auch behalten darf.[24]

 

Rz. 63

Für das Behaltendürfen der Leistung ist allein das Valutaverhältnis maßgeblich.[25] Die Zuwendung ist nach der Rechtsprechung des BGH[26] zur Lebensversicherung durch die Bezugsberechtigung allein nicht endgültig. Der Rechtsgrund für das Bezugsrecht und den durch dieses vermittelten Erwerb kann entfallen, wenn das Valutaverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten gestört wird.[27] Ein Rechtsgrund im Valutaverhältnis (Schenker = Versicherungsnehmer und Beschenktem = Bezugsberechtigter) ist zwar nicht unbedingt notwendig für die Rechtswirksamkeit der Zuwendung,[28] wohl aber für ihren Bestand.[29] Fehlt es an einem Rechtsgrund, ist beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall des Versprechensempfängers bzw. der versicherten Person der dem ursprünglich Begünstigten zugeflossene Beitrag an die Erben als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben.[30]

 

Rz. 64

Es sind folgende Fälle zu unterscheiden:

Der Bezugsberechtigte war informiert.
Der Bezugsberechtigte war nicht informiert.
Der Bezugsberechtigte war vom Versicherungsnehmer über das Bezugsrecht informiert worden.
 

Rz. 65

Es gilt somit Folgendes: Die Zuwendung des Bezugsrechts aus einem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall des Versicherungsnehmers (des Versprechensempfängers), wenn er versicherte Person ist, wird nicht als Verfügung von Todes wegen, sondern als Rechtsgeschäft unter Lebenden qualifiziert.[31] Die Frage, ob der Bezugsberechtigte (Begünstigte) den erlangten Anspruch gegen den Versprechenden behalten darf oder gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB an die Erben herausgeben muss, ist nicht nach Erbrecht, sondern nach Schuldrecht zu beurteilen.[32] Der Versicherungsnehmer, der Versprechensempfänger, muss mit der Zuwendung eine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten erfüllen oder dem Begünstigten eine Schenkung machen wollen.

 

Rz. 66

Der Rechtsgrund des Erwerbes des Begünstigten kann verschiedener Art sein. Oftmals wird eine Schenkung den Rechtsgrund bilden, aber auch andere Rechtsgründe sind denkbar, wie beispielsweise die Bezahlung für erbrachte Dienste. Mängel des Valutaverhältnisses lassen die Wirksamkeit des Vertrages zugunsten Dritter unberührt, das Versicherungsunternehmen kann schuldbefreiend leisten. Eine ungerechtfertigte Bereicherung muss dann vom Bezugsberechtigten dem Erben herausgegeben werden. Die Begünstigung kann auch der Sicherstellung eines Darlehens oder einer Pensionszusage dienen.[33]

 

Rz. 67

Fälle für die Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen können sein:

Bezahlung von Pflegeleistungen. Dafür sollte zwischen dem Begünstigten und dem Versicherungsnehmer eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden; hierbei sind aber auch einkommensteuerliche bzw. sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu beachten;
Bezahlung verauslagter Pflegeheimkosten;
Abgeltung von Zugewinnausgleichsansprüchen;
rückständige Unterhaltskosten.
 

Rz. 68

Eine postmortale Ausstattung gibt es nicht. Nur dann, wenn in einem Lebensversicherungsvertrag das Bezugsrecht derart gestaltet ist, dass der Versicherungsnehmer, der auch versicherte Person ist, ein Kind als Bezugsberechtigten sowohl im Erlebensfall als auch im Versterbensfall einsetzt und der Versicherungsnehmer das Ablaufdatum erlebt, kann die Versicherungsleistung eine Ausstattung sein, wenn die Voraussetzungen für eine Ausstattung gegeben sind.

 

Rz. 69

Bei einer unentgeltlichen Begünstigung kommt als Rechtsgrund nach Ansicht des BGH[34] im Allgemeinen nur eine Schenkung und keine Ausstattung in Betracht. Es bedarf einer Einigung des Begünstigten (Bezugsberechtigter) mit dem Schenker (Versicherungsnehmer) über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung gem. § 516 BGB, wobei es allerdings ausreicht, wenn diese erst nach dem Tod des Schenkers zustande kommt (§§ 130 Abs. 2, 153, 151 S. 1 BGB).[35]

 

Rz. 70

1. Begünstigter hat Kenntnis vom Bezugsrecht.

Ist der Dritte widerruflich als Bezugsberechtigter benannt und ist der Schenkungsvertrag zwischen ihm und dem Versprechensempfänger bereits vor dem Eintritt des Versicherungsfalles für die Todesfallleistung – wenn auch vorerst formnichtig (§§ 518 Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB)[36] – zustande gekommen, etwa indem der Bezugsberechtigte bereits Kenntnis von der für ihn bestimmten Schenkungsofferte hatte und diese – auch ggf. ohne Erklärung (§ 151 S. 1 BGB) – angenommen hat,[37] so bewirkt der Eintritt des Versicherungsfalles, dass die Bestimmung des Bezugsberechtigten im Versicherungsvertrag unwiderruflich[38] und das zunächst formnichtige Schenkungsversprechen durch Vollzug der Schenkung wirksam wird, wodurch der Formmangel geheilt ist (§§ 516 Abs. 1, 518 Abs. 2 BGB).[39] Damit ist im Valutaverhältnis ein Rechtsgrun...

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