Rz. 82

Es gibt prinzipiell drei Arten, wie die Bezugsrechtseinräumung formularmäßig vorgenommen werden kann.
Fall A: Der Versicherungsnehmer teilt einseitig dem Versicherungsunternehmen den Bezugsberechtigten mit (= eine Unterschrift = die des Versicherungsnehmers).
Fall B: Der Versicherungsnehmer vereinbart mit dem Versicherer das Bezugsrecht (zwei Unterschriften = die des Versicherungsnehmers und die des Versicherers).
Fall C: Versicherungsnehmer, Versicherer und Bezugsberechtigter vereinbaren gemeinsam das Bezugsrecht (drei Unterschriften = vom Versicherungsnehmer, vom Versicherer und vom Bezugsberechtigten).
 

Rz. 83

Wenn die Einigung über die unentgeltliche Zuwendung erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers zustande kommt, taucht die Frage auf, inwieweit Erben des Versicherungsnehmers diese Einigung möglicherweise noch verhindern können.

 

Rz. 84

Es kommt in Betracht, dass die Erben den dem Versicherungsunternehmen erteilten Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots des zwischenzeitlich verstorbenen Versicherungsnehmers an den Begünstigen widerrufen (Fall A) (soweit dieser noch nicht ausgeführt worden ist) und zudem (rein sicherheitshalber) das Schenkungsangebot selbst mit der Folge widerrufen, dass die Einigung über die unentgeltliche Zuwendung nicht mehr zustande kommen kann, da das Schenkungsangebot nicht mehr übermittelt werden kann. Der Widerruf der "Überbringung des Schenkungsangebots" hat gegenüber dem Versicherungsunternehmen zu erfolgen. Der Widerruf der Schenkung hat gegenüber dem Bezugsberechtigten zu erfolgen.

 

Rz. 85

Die Erben können als Gesamtrechtsnachfolger des Versicherungsnehmers dessen Schenkungsangebot grundsätzlich noch so lange widerrufen, wie der Bezugsberechtigte dieses noch nicht angenommen hat (Fall B). Wenn der Widerruf vor Annahme des Schenkungsversprechens durch den Begünstigten erfolgt, wobei der Erbe den Zugang des Widerrufsschreibens beim Begünstigten nachweisen muss, entfällt der Rechtsgrund jedoch nur bei Schenkung für die Zuwendung, so dass der Begünstigte die Versicherungsleistung als ungerechtfertigte Bereicherung herausgeben muss. Der Begünstigte ist in diesem Fall den Erben trotz Rechtserwerbs durch den Vertrag zu seinen Gunsten wegen fehlenden Rechtsgrundes kondiktionsrechtlich zur Herausgabe des Erlangten – d.h. der Versicherungssumme – und nicht etwa nur der vom Erblasser gezahlten Prämien verpflichtet (§§ 812 ff. BGB).[55]

 

Rz. 86

Die Widerrufsmöglichkeiten der Erben werden ausgeschlossen, wenn der Bezugsberechtigte bereits zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers am Vertrag zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer beteiligt wird, wodurch er das dem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall zugrunde liegende Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers bereits zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers annimmt (Fall C). Stirbt der Versicherungsnehmer bei dieser Fallgestaltung, erwirbt der Bezugsberechtigte die in dem Versicherungsvertrag genannten Leistungen mit Rechtsgrund. Die Einigung über die unentgeltliche Zuwendung ist bereits zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers zustande gekommen. Die Erben können Ansprüche nach den §§ 812 ff. BGB gegen ihn nicht wegen "Widerrufs" geltend machen. Durch die Mitwirkung des Begünstigten wird faktisch das Widerrufsrecht der Erben ausgeschlossen. Unberührt bleiben allerdings andere mögliche Ansprüche der Erben, wie z.B. Wegfall der Geschäftsgrundlage oder Unwirksamkeit. Die Mitwirkung des Bezugsberechtigten zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers muss aus Beweisgründen festgehalten werden. Am sichersten erscheint eine Mitunterzeichnung des Bezugsberechtigten auf dem Vertragsformular. Trotz Mitwirkung des Bezugsberechtigten kann der Versicherungsnehmer den Vertrag beim widerruflichen Bezugsrecht noch jederzeit ohne dessen Zustimmung durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Versicherer zu seinen Lebzeiten widerrufen.

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