Rz. 270

Abrechnungsprobleme in Verbundverfahren bestehen häufig darin, nach Beendigung des Verfahrens noch den Überblick zu behalten, welche Gebühren nach welchen Verfahrenswerten angefallen sind. Insoweit ist zu empfehlen, sich als Arbeitshilfe eine Tabelle anzufertigen, die einerseits nach den in Betracht kommenden Gebührentatbeständen aufgeteilt ist und andererseits nach Ehe- und Folgesachen unterscheidet. In diese Tabelle können dann zunächst die jeweiligen einzelnen Verfahrenswerte der Ehe- und Folgesachen zu den jeweiligen Gebührentatbeständen eingesetzt werden, sodass anschließend einfach der Gesamtwert zu jeder Gebühr ermittelt werden kann.

 

Beispiel 84: Umfangreiches Verbundverfahren

Im Verbundverfahren (Ehesache Wert: 12.000,00 EUR – beiderseitiges Monatseinkommen 4.000,00 EUR) wird von der Ehefrau ein Antrag zum Sorgerecht und vom Ehemann ein Antrag zum Umgangsrecht gestellt. Der Ehemann nimmt seinen Antrag vor Verhandlung wieder zurück. In der ersten mündlichen Verhandlung war über einen Stufenantrag nachehelicher Unterhalt (Werte: Zahlung 6.000,00 EUR; Auskunft 1.200,00 EUR) ein Versäumnisbeschluss über die Auskunft ergangen. Der Zahlungsantrag wird nach Auskunftserteilung zurückgenommen. Im zweiten Termin wird verhandelt und eine Folgenvereinbarung geschlossen über den Versorgungsausgleich (je eine Anwartschaft der Eheleute) und nach Verhandlung auch über eine Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 30.000,00 EUR. Darüber hinaus wird der nicht anhängige Kindesunterhalt in Höhe von 300,00 EUR/monatlich, über den sich die Beteiligten bereits selbst geeinigt hatten, protokolliert. Schließlich hatte der Anwalt noch den Auftrag zu einem Antrag auf Überlassung der Ehewohnung; zur Einreichung des Antrags ist es jedoch nicht mehr gekommen.

Angefallen sind eine 1,3-Verfahrensgebühr, eine 0,8-Verfahrensgebühr, eine 1,2-Terminsgebühr, eine 0,8-Terminsgebühr, eine 1,0-Einigungsgebühr und eine 1,5-Einigungsgebühr. Die Probleme in solchen umfangreichen Verfahren bestehen i.d.R. darin, für die entsprechenden Gebühren die zutreffenden Werte zu ermitteln.

 
Der Gegenstandswert für die 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) berechnet sich aus Ehesache (12.000,00 EUR) + Sorgerecht (2.400,00 EUR) + Umgangsrecht (2.400,00 EUR) + Versorgungsausgleich (2.400,00 EUR) + Ehegattenunterhalt (6.000,00 EUR) + Zugewinn (30.000,00 EUR) = 55.200,00 EUR
Der Gegenstandswert für die 0,8-Verfahrensgebühr (Nr. 3101 VV) berechnet sich aus Kindesunterhalt (3.600,00 EUR) + Haushalt (4.000,00 EUR) = 7.600,00 EUR
Der Gegenstandswert für die 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) berechnet sich aus Scheidung (12.000,00 EUR) + Versorgungsausgleich (2.400,00 EUR) + Sorgerecht (2.400,00 EUR) + Zugewinnausgleich (30.000,00 EUR) = 46.800,00 EUR
Für die 0,5-Terminsgebühr (Nr. 3105 VV) ist nur der Wert des Auskunftsantrags zum Ehegattenunterhalt maßgebend = 1.200,00 EUR
Der Gegenstandswert für die 1,0-Einigungsgebühr berechnet sich nur aus dem Wert des Versorgungsausgleichs = 2.400,00 EUR
Der Gegenstandswert für die 1,5-Einigungsgebühr berechnet sich aus dem Wert von Zugewinnausgleich (30.000,00 EUR) = 30.000,00 EUR

Übersichtlicher lässt sich dies mit nachstehendem Abrechnungsschema darstellen

 
 

1,3-Verfahrensgebühr

(Nr. 3100 VV)

0,8-Verfahrensgebühr

(Nr. 3101 VV)

1,2-Terminsgebühr

(Nr. 3104 VV)

0,5-Terminsgebühr

(Nr. 3105 VV)

1,0-Einigungs- oder Aussöhnungsgebühr

(Nrn. 1000 Nr. 1, 1001, 1003 VV)

1,5-Einigungsgebühr

(Nrn. 1000 Nr. 1, 1001 VV)
Ehesache 12.000,00 EUR   12.000,00 EUR      

Versorgungs-

ausgleich
2.400,00 EUR   2.400,00 EUR   2.400,00 EUR  
Sorgerecht 2.400,00 EUR   2.400,00 EUR      

Umgangs-

recht
2.400,00 EUR          

Unterhalt

Ehegatte
6.000,00 EUR     1.200,00 EUR    
Unterhalt Kind   3.600,00 EUR        
Zugewinn 30.000,00 EUR   30.000,00 EUR     30.000,00 EUR
Ehewohnung   4.000,00 EUR        
Haushalt            
Gesamtwert 55.200,00 EUR 7.600,00 EUR 46.800,00 EUR 1.200,00 EUR 2.400,00 EUR 30.000,00 EUR

Damit ergibt sich folgende Gebührenberechnung:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 1.784,90 EUR  
  (Wert: 55.200,00 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV 401,60 EUR  
  (Wert: 7.600,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.784,90 EUR
  1,3 aus 62.800,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 1.534,80 EUR  
  (Wert: 46.800,00 EUR)    
4. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV 63,50 EUR  
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.534,80 EUR
  1,2 aus 48.000,00 EUR    
5. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV 222,00 EUR  
  (Wert: 2.400,00 EUR)    
6. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 Nr. 1 VV 1.432,50 EUR  
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.554,00 EUR
  1,5 aus 32.400,00 EUR    
7. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 4.893,70 EUR  
8. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   929,80 EUR
Gesamt   5.823,50 EUR

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