Rz. 5

Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates vom 24.2.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen vom 18.10.2010[3] (EuGeldG) wurde der europäische Rahmenbeschluss 2005/214/JI[4] in Deutschland umgesetzt.[5] Die Vollstreckungshilfe für einen anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses 2005/214/ JI des Rates vom 24.2.2005[6] der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI geändert worden ist[7] (Rahmenbeschluss Geldsanktionen), richtet sich nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (§§ 87 ff. IRG).[8] Die Umsetzung ist allerdings nicht unumstritten.[9] Erreicht werden soll damit jedenfalls die grenzüberschreitende Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen in der Europäischen Union. Damit sind gerichtliche (§ 87 Abs. 2 Nr. 1 IRG) und behördliche Entscheidungen anderer EU-Mitgliedstaaten über die Verhängung von Geldstrafen und Geldbußen einschließlich Verfahrenskosten grundsätzlich anzuerkennen und in Deutschland zu vollstrecken.[10] Bei behördlichen Entscheidungen gilt dies allerdings nur, wenn sie vor einem auch für Strafsachen zuständigen Gericht angefochten werden können (§ 87 Abs. 2 Nr. 2 und 3 IRG).

Nachdem im Frühjahr 2016 auch der italienische Gesetzgeber den EU-Rahmenbeschluss zur Vollstreckung von Geldsanktionen in nationales Recht umgesetzt hat, haben dies mit Deutschland inzwischen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Griechenland getan.[11]

 

Rz. 6

Zuständig als zentrale Bewilligungsbehörde ist grundsätzlich das Bundesamt für Justiz (BfJ), § 74 Abs. 1 IRG.[12] Das BfJ prüft die Zulässigkeit und Bewilligungsfähigkeit, hört den Betroffenen an und entscheidet über die Bewilligung der Vollstreckung der ausländischen Geldsanktion. Dazu zählt auch die Vollstreckung von Sanktionen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten in den jeweiligen EU-Mitgliedstaaten, welche den Rahmenbeschluss anwenden.

 

Rz. 7

Die Vollstreckung der Geldsanktion ist nur zulässig, wenn auch nach deutschem Recht, ungeachtet etwaiger Verfahrenshindernisse und gegebenenfalls nach sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts, für die Tat, wie sie der Entscheidung zugrunde liegt, eine Strafe oder Geldbuße hätte verhängt werden können. Die beiderseitige Sanktionierbarkeit ist nicht zu prüfen, wenn die der Entscheidung zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine der in Art. 5 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses Geldsanktionen aufgeführten Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verwirklicht (§ 87b Abs. 1 IRG). Eine Überprüfung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung erfolgt grundsätzlich nicht, da dies dem im Rahmenbeschluss zum Ausdruck kommenden Anerkennungsprinzip widerspräche.[13] Anders kann es nur dann sein, wenn die zu vollstreckende Entscheidung den Grundsätzen der "ordre public" widerspricht.[14]

 

Rz. 8

Unzulässig ist die Vollstreckung nach § 87b Abs. 3 IRG insbesondere dann,[15] wenn

die Unterlagen nicht vollständig sind (§ 87 Abs. 3 Nr. 1 IRG),
die verhängte Geldsanktion einen Betrag von 70 EUR nicht erreicht (§ 87 Abs. 3 Nr. 2 IRG),
im Falle eines schriftlichen Verfahrens die betroffene Person nicht über ihre Möglichkeiten zur Anfechtung und bestehende Fristen belehrt wurde (§ 87 Abs. 3 Nr. 3 IRG),
die betroffene Person zu der der Entscheidung zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist (die betroffene Person hatte nicht die Möglichkeit sich in einem mündlichen Termin zu äußern) (§ 87 Abs. 3 Nr. 4 IRG),
gegen den Betroffenen wegen derselben Tat, die der Entscheidung zugrunde liegt, im Inland bereits eine Entscheidung ergangen ist und für die Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet ist oder wenn wegen derselben Tat, die der Entscheidung zugrunde liegt, in einem anderen Staat als dem ersuchenden Mitgliedstaat und nicht im Inland eine Entscheidung gegen den Betroffenen ergangen und vollstreckt worden ist ("ne bis in idem") (§ 87 Abs. 3 Nr. 5 IRG),
für die der Entscheidung zugrundeliegende Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist und die Vollstreckung nach deutschem Recht bereits verjährt ist (§ 87 Abs. 3 Nr. 6 IRG),
die betroffene Person nach deutschem Recht aufgrund ihres Alters strafrechtlich nicht verantwortlich handelte (Strafunmündigkeit) oder strafrechtliche Immunität genießt (§ 87 Abs. 3 Nr. 7 IRG) oder
die betroffene Person in dem ausländischen Verfahren keine Gelegenheit hatte einzuwenden, für die der Entscheidung zugrunde liegende Handlung nicht verantwortlich zu sein und sie dies gegenüber dem BfJ als der Bewilligungsbehörde geltend macht (§ 87 Abs. 3 Nr. 9 IRG).

Es dürfen auch keine Bewilligungshindernisse i.S.d. § 87d IRG vorliegen.

 

Rz. 9

Wurde der betroffenen Person oder ihrem Rechtsbeistand in dem ausländischen Verfahren weder schriftlich noch mündlich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, und ist dies der Vollstreckungsbehörde erkennbar, scheidet die Vollstreckung der Geldsanktion in Deu...

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