Rz. 400

Obwohl die genannten durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivrechtlich begründeten Rechte sowie die gesetzlich begründeten Ansprüche aus dem BUrlG (s. aber oben Rdn 399 zur nachvertraglichen Verzichtbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubs) im Grundsatz unverzichtbar sind (vgl. zu den Alternativ-Möglichkeiten § 4 Abs. 3 u. 4 TVG bzw. § 77 Abs. 4 BetrVG), können die Parteien ggf. durch Abschluss eines Tatsachenvergleichs diesen begegnen. Für den Abschluss eines Tatsachenvergleichs ist aber unbedingt zu beachten, dass eine Einigung auch wirklich über tatsächliche und ungewisse Voraussetzungen erfolgen muss und nicht nur eine Bezeichnung als Tatsachenvergleich erfolgt, obwohl die Vereinbarung in Wirklichkeit keine tatsächliche Ungewissheit beseitigt (vgl. BAG v. 25.4.2017 1 AZR 132/16, juris Rn 15 ff. Sozialplanabfindung; BAG v. 19.7.2016 – 3 AZR 134/15, juris Rn. 49 ff. Betriebsrente). Ansonsten liegt eine Umgehung des Verzichtsverbots vor mit der Konsequenz, dass nicht wirksam verzichtet worden ist (§ 134 BGB).

 

Rz. 401

Das BAG hat in seinem Grundsatzurteil v. 31.7.1996, in dem es um den Verzicht auf eine Sozialplanabfindung durch Tatsachenvergleich/Härteregelung durch eine Ausgleichsklausel ohne Zustimmung des Betriebsrats ging, diese Grundsätze bereits aufgestellt, und im konkreten Fall den Verzicht auch ohne Zustimmung des Betriebsrats (§ 77 Abs. 4 BetrVG) für wirksam angesehen (vgl. BAG v. 31.7.1996 – 10 AZR 138/96, BB 1996, 2524 = ZIP 1996, 1995). Ein Tatsachenvergleich liegt auch dann vor, wenn die Vertragsparteien damit einen Streit über tatsächliche Voraussetzungen für den Verfall von tariflichen Rechten nach einer tarifvertraglichen Ausschlussfristenregelung beilegen (vgl. BAG v. 5.11.1997 – 4 AZR 682/95, DB 1998, 579). § 4 Abs. 4 S. 1 TVG verbietet nur den Rechtsverzicht; auf Tatsachenvergleiche ist die Vorschrift nicht anwendbar. In dem zu entscheidenden Fall hatten sich die Parteien nach anwaltlicher Beratung außergerichtlich über die Höhe von ausstehenden Vergütungsansprüchen wegen geleisteter Mehrarbeit verglichen. Streitig war zwischen ihnen, ob der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg nur acht Stunden am Tag oder, wie er vortrug, 14 Stunden am Tag gearbeitet hatte (vgl. zu einem unwirksamen Verzicht wegen Intransparenz zu nicht erfassten Überstunden von einer Verzichtserklärung LAG Berlin-Brandenburg v. 5.6.2007, FA 2008, 22).

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