Rz. 201

Eine Zwischenfeststellungswiderklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) in einem anderen Prozess stellt jedenfalls dann keine einfachere und bessere Rechtsschutzmöglichkeit dar, die das Feststellungsinteresse für eine selbstständige Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO; s.a. Rdn 79) entfallen lässt, wenn nicht sicher ist, ob das festzustellende Rechtsverhältnis in dem Rechtsstreit, in dem die Widerklage erhoben werden soll, letztlich überhaupt vorgreiflich und die Zwischenfeststellungs-(wider-)klage somit zulässig ist, siehe hierzu oben Rdn 198 f. Denn in diesem Fall hat der (Feststellungs-)Kläger keine Sicherheit, dass in dem anderen Verfahren eine materiell-rechtliche Entscheidung über die von ihm begehrte Feststellung ergeht.[543] Bietet eine Zwischenfeststellungswiderklage dagegen – ausnahmsweise – dieselbe prozessuale Sicherheit, die begehrte Feststellung zu erreichen, wie mit einer selbstständigen Feststellungsklage, so ist erstere – auch wenn damit der Verlust eines Wahlgerichtsstands (§ 35 ZPO) verbunden ist – als einfacherer, kostengünstigerer und prozessökonomischerer Weg vorrangig.[544]

 

Rz. 202

Eine wegen des Vorrangs der Leistungsklage (siehe oben Rdn 124 ff.) unzulässige selbstständige Feststellungsklage kann – gegebenenfalls im Wege der Auslegung – nach (gänzlicher oder teilweiser) Bezifferung des Anspruchs neben der Leistungs-(teil-)klage als Zwischenfeststellungsklage fortgeführt werden.[545] Die aus dem Vorrang der Leistungsklage folgende Unzulässigkeit einer in Bezug auf die geltend gemachte Hauptforderung erhobenen Feststellungsklage kann allerdings nicht durch die Erhebung einer Leistungsklage in Bezug auf eine bloße Nebenforderung in Verbindung mit einer Zwischenfeststellungsklage umgangen werden.[546] Bei Zulässigkeit als Zwischenfeststellungsklage kann offen bleiben, ob (auch) die Erfordernisse einer selbstständigen Feststellungsklage gegeben sind.[547] Ebenso kann eine unzulässige Zwischenfeststellungsklage bei Vorliegen des erforderlichen Feststellungsinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO) als zulässige selbstständige – positive oder negative – Feststellungsklage ausgelegt werden.[548]

 

Rz. 203

Gegebenenfalls kann ein Zwischenfeststellungsantrag auch als Antrag auf Erlass eines Grundurteils (§ 304 Abs. 1 ZPO, siehe hierzu unten § 27 Rdn 53 ff.) auszulegen sein.[549]

[544] OLG Brandenburg, Urt. v. 1.8.2007 – 3 U 109/06, OLGR 2008, 69; MüKoZPO/Becker-Eberhard, § 256 Rn 62; offengelassen von BGH, Urt. v. 15.12.2009 – XI ZR 110/09, NJW-RR 2010, 640; a.A. Stein/Jonas/Roth, § 256 Rn 62 und § 33 Rn 31; Musielak/Voit/Foerste, § 256 Rn 17.
[545] BGH, Urt. v. 17.4.2018 – XI ZR 446/16, NJW-RR 2018, 1067 Rn 16; BGH, Beschl. v. 11.10.2012 – IX ZR 130/10, juris Rn 2; BGH, Urt. v. 11.7.1990 – VIII ZR 165/89, juris Rn 14; BGH, Urt. v. 6.7.1989 – IX ZR 280/88, NJW-RR 1990, 318; RG, Urt. v. 11.5.1926 – III 265/25, RGZ 113, 410; OLG Hamm, Urt. v. 26.5.1997 – 6 U 21/97, NJW-RR 1998, 424.
[547] BGH, Urt. v. 13.10.1967 – V ZR 83/66, MDR 1968, 36.
[548] BGH, Beschl. v. 6.3.2012 – VI ZR 167/11, RuS 2012, 461; BGH, Urt. v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69.

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