Rz. 41

Das Kartellverbot greift nur ein, wenn der Wettbewerb verhindert, eingeschränkt oder verfälscht wird. Eine solche Beschränkung liegt vor, wenn die Vertragsparteien ihre wirtschaftliche Handlungsfreiheit in Bezug auf die Teilnahme am Wettbewerb überhaupt ausschließen oder aber sich im Gebrauch einzelner wettbewerbsrelevanter Aktionsparameter wie Preis, Produktionsmenge, Absatzgebiet usw. einschränken.[44] Fälle einer horizontalen Wettbewerbsbeschränkung sind insbesondere Preisabsprachen wie Mindest- oder Festpreisvereinbarungen, Mengenbeschränkungen, Marktaufteilungen (sog. Hardcore-Kartelle), Vereinbarungen über Ladenschlusszeiten oder Betriebsferien, Einkaufs- oder Beschaffungskooperationen, Verkaufsgemeinschaften etc.

Ungeschriebene Grundvoraussetzung ist, dass die Beteiligten über entsprechende Handlungsfreiheiten verfügen. Vereinbarungen zwischen gesellschaftsrechtlich voneinander abhängigen Unternehmen erfüllen dieses Kriterium nicht, weil die beherrschende Gesellschaft das abhängige Unternehmen auch durch Gesellschafterbeschluss anweisen könnte.[45]

Keine Beschränkung im kartellrechtlichen Sinne liegt vor, wenn die Vereinbarung nur notwendige Nebenbestimmung zu einem ansonsten kartellrechtsneutralen Austauschvertrag ist. Voraussetzung ist allerdings, dass die beschränkende Nebenabrede für das Zustandekommen oder die Durchführung des Vertrages funktionsnotwendig ist.[46]

Vereinbarungen sind daraufhin zu prüfen, ob sie eine Wettbewerbsbeschränkung tatsächlich oder potentiell bewirken bzw. solches bezwecken. Das ist bei horizontalen Vereinbarungen regelmäßig nur bei einem tatsächlichen oder potentiellen Wettbewerbsverhältnis der Fall.[47] Das Wettbewerbsverhältnis muss allerdings nicht zwischen den beteiligten Unternehmen bestehen; es kann auch das Verhalten Dritter betroffen sein.

[44] Langen/Bunte, § 1 Rn 124 f; siehe die Anwendungsbeispiele in Art. 101 Abs. 1 AEUV.
[45] Zum Konzernprivileg bei Gemeinschaftsunternehmen siehe Immenga/Mestmäker, GWB, § 1 Rn 182, § 36 Rn 695.
[46] Wettbewerbsverbote im Zusammenhang mit Unternehmensverkäufen sind nach Zeit, Ort und Gegenstand auf das Maß zu beschränken, das erforderlich ist, damit der Erwerber den Zweck des an sich kartellrechtsneutralen Austauschvertrages sicherstellen kann; vgl. aus der europäischen Rechtsprechung EuGH Rs. 42/84 (Remia), Slg. 1985, 2545; EuGH Rs. C-250/92 (DLG), Slg. 1994 I, 5641, 5686 ff.; siehe auch Bekanntmachung der Kommission über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind, ABl EG 2005 C 56, 24 ff.; danach ist ein Wettbewerbsverbot nur gerechtfertigt, wenn sein räumlicher und sachlicher Geltungsbereich sowie die betroffenen Personen nicht über das zur Erreichung des Ziels erforderliche Maß hinausgeht; werden Geschäftswert und Know-how übertragen, kann das Verbot bis zu drei Jahren und bei bloßer Übertragung des Geschäftswerts bis zu zwei Jahren dauern; bei der einfachen Übertragung von Vermögenswerten (Grundstücke, Gebäude, Maschinen) und bei Schutzrechten, bei denen die Lizenzregelung hinreichenden Schutz bietet, ist ein Verbot i.d.R. nicht gerechtfertigt. Aus der deutschen Praxis siehe etwa BGH NJW 1994, 384; OLG Stuttgart WuW/E DE-R 224, 226. Überschießende Verbote sind auf das zulässige Maß zu reduzieren, BGH WuW/E 3115, 3120; liegt zugleich ein Verstoß gegen § 138 BGB vor, ist das gesamte Verbot nichtig, BGH WuW DE-R 1305, 1306.
[47] Vgl. Kommissionsentscheidung v. 27.7.1990, ABl EG L 1990, 228, 231 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge