Leitsatz (amtlich)

Ausscheidender Gesellschafter

1. Wird der Geschäftsbetrieb einer Kapitalgesellschaft bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters zwischen diesem und der Gesellschaft aufgeteilt, kann ein in diesem Zusammenhang zwischen diesen Beteiligten vereinbartes Wettbewerbsverbot der Anwendung des GWB § 1 (juris: WettbewG) entzogen sein, wenn und soweit es für die Zwecke der vereinbarten Art der Auseinandersetzung erforderlich ist.

2. Zum räumlichen und zeitlichen Umfang eines solchen Wettbewerbsverbotes.

 

Tatbestand

Anläßlich des Ausscheidens des Beklagten aus der einige Jahre zuvor unter seiner Beteiligung gegründeten Klägerin schlossen der Beklagte und die verbleibenden Gesellschafter eine notariell beurkundete Auseinandersetzungsvereinbarung. Bestandteil dieses Vertrages war eine bereits zuvor zwischen den Beteiligten unter Einbeziehung der Klägerin getroffene, schriftlich festgehaltene Absprache, in der das bisherige Vertriebsgebiet der Klägerin zwischen dieser und dem Beklagten, der sich auf dem gleichen Geschäftsgebiet betätigen wollte, aufgeteilt wurde. Danach sollte die Klägerin als Vertriebsgebiet Deutschland, der Beklagte die Schweiz und Österreich erhalten, deren Gebiete ihm nach einem Stufenplan zufallen und bis zu den jeweiligen Terminen bei der Klägerin verbleiben sollten. Alle Beteiligten verpflichteten sich, die Aufteilung der Vertriebsgebiete für die Dauer von fünf Jahren zu respektieren und Wettbewerb in den jeweils der anderen Seite zugewiesenen Gebieten zu unterlassen, soweit es um Wettbewerb in dem Geschäftsbereich der Klägerin ging. Zur Sicherung dieser Absprachen vereinbarten die Parteien eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000,– DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung.

Die vorliegende Revision des Beklagten betrifft den – widerklageweise erhobenen und vom Berufungsgericht abgewiesenen – Antrag des Beklagten festzustellen, daß die Wettbewerbsvereinbarung und mit ihr zusammenhängende bestimmte Klauseln unwirksam seien. Im einzelnen sind folgende Anträge gestellt worden:

Mit der Begründung, der Beklagte habe in vier Fällen gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen, hat die Klägerin ihn zunächst auf Zahlung von 200.000,– DM in Anspruch genommen. Daraufhin hat der Beklagte im Wege der Widerklage die Unwirksamkeit des vereinbarten Wettbewerbsverbots, einer in diesem Zusammenhang weiter abgesprochenen automatischen Liefersperre durch den gemeinsamen Lieferanten der Parteien, des Verbots des Abwerbens von Personal der Klägerin und der daran anknüpfenden Vertragsstrafenvereinbarungen geltend gemacht. Die Klägerin hat im Wege der Klageerweiterung die Feststellung begehrt, daß die das Wettbewerbsverbot betreffenden Klauseln der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung (II 4) wirksam seien. Für den Fall, daß der Zahlungs- und Feststellungsklage der Klägerin entsprochen werde, hat der Beklagte diese im Wege der Erweiterung seiner Widerklage auf Zahlung von 200.000,– DM in Anspruch genommen und sein Begehren im wesentlichen darauf gestützt, die Klägerin habe ihrerseits in mehreren Fällen gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dem Feststellungsantrag der Widerklage entsprochen.

Mit ihrer Berufung hat die Klägerin diese Entscheidung vollen Umfangs angefochten und ihre Zahlungsklage mit der Begründung, es lägen weitere Verstöße vor, um 100.000,– DM erhöht. Darüber hinaus hat sie ihr gesamtes Zahlungsverlangen hilfsweise auf weiter behauptete Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsverbot gestützt. Hilfsweise hat sie für den Fall, daß ihre Berufung mit den ursprünglichen Anträgen ohne Erfolg bleibe, die Feststellung der Unwirksamkeit der gesamten Auseinandersetzungsvereinbarung begehrt.

Das Berufungsgericht hat in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Widerklage abgewiesen und im übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit Rücksicht hierauf hat es eine Entscheidung über die Hilfsanträge der Klägerin nicht getroffen. Auch über Hilfsanträge des Beklagten, die dieser im Wege der Anschlußberufung geltend gemacht hatte, hat das Berufungsgericht nicht entschieden.

Die Revision der Klägerin, mit der diese ihre Anträge aus der Berufungsinstanz weiterverfolgt hat, soweit sie im Berufungsurteil abgewiesen worden sind, hat der Senat nicht zur Entscheidung angenommen. Mit der angenommenen Revision des Beklagten begehrt dieser die Wiederherstellung der erst-instanzlichen Entscheidung. Die Klägerin beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit darin zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. 1. Das Berufungsgericht hält das zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot im Hinblick auf § 1 GWB für wirksam, da es zur Sicherstellung des mit dem Auseinandersetzungsvertrag verbundenen Zwecks in sachlicher, zeitlicher und räumlicher Hinsicht erforderlich sei. Seine Erstreckung auf alle Waren der Klägerin sei unbedenklich, weil diese insgesamt schon zu dem Zeitpunkt Gegenstand ihrer geschäftlichen Betätigung gewesen seien, als der Beklagte ihr noch angehört habe. Die vereinbarte Dauer von fünf Jahren erscheine mit Rücksicht darauf nicht unangemessen, daß die Parteien sich mit dem Vertrieb von Bauhilfsmitteln und damit langlebigen Gütern befaßten, die nicht fortlaufend, sondern in der Regel in größeren zeitlichen Abständen erworben würden. Das müsse sich auf die Frist auswirken, in der die Klägerin im Hinblick auf den Zweck des Auseinandersetzungsvertrages Schutz vor illoyalem Wettbewerb durch den Beklagten beanspruchen könne.

Daß der Schwerpunkt der geschäftlichen Betätigung der Klägerin in Süddeutschland liege, schließe eine Erstreckung des Wettbewerbsverbots auf Norddeutschland nicht aus. Die von ihr genannten, durch den Beklagten nicht bestrittenen Umsatzzahlen belegten, daß sie dort nicht unbedeutende Kunden besitze. Auf die neuen Bundesländer erstrecke sich das Wettbewerbsverbot nicht.

Die Einbeziehung des gemeinsamen Lieferanten in der Weise, daß dieser bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot die Lieferungen an den Verletzer einstellen solle, sei kartellrechtlich deshalb nicht zu beanstanden, weil sie das Wettbewerbsverbot nicht erweitere, sondern lediglich absichere. Im übrigen rechtfertige diese Regelung allenfalls ein Einschreiten der Kartellbehörde nach § 18 GWB.

Dem Verbot, Vertreter, die Mitarbeiter der jeweils anderen Seite gewesen sind, nicht ohne deren Zustimmung einzustellen, fehle die kartellrechtliche Relevanz deshalb, weil es nur für ein Jahr gegolten habe und zudem nur eine geringe Zahl von Vertretern betroffen haben könne.

2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht vollen Umfangs stand.

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht seiner Prüfung § 1 GWB zugrunde gelegt. Eine zu einem gemeinsamen Zweck geschlossene Vereinbarung im Sinne dieser Vorschrift ist anzunehmen, wenn die zwischen den Beteiligten getroffene Absprache die wettbewerbsrechtliche Handlungsfreiheit aktueller oder möglicher Wettbewerber untereinander beschränkt und damit eine horizontale Wettbewerbsbeschränkung zur Folge hat (vgl. SenUrt. v. 27.05.1986 – KZR 32/84, WuW/E BGH 2285, 2287 – Spielkarten). Von der Anwendung des § 1 GWB ausgenommen sein können solche Vereinbarungen dann, wenn sie als Nebenbestimmung im übrigen kartellrechtsneutraler Verträge erforderlich sind, um deren Zwecke zu erreichen und zu gewährleisten (vgl. BGHZ 68, 6, 9 – Fertigbeton I; SenUrt. v. 06.03.1979 – KZR 4/78, WuW/E BGH 1597, 1599 – Erbauseinandersetzung; v. 03.11.1981 – KZR 33/80, WuW/E BGH 1898, 1899 – Holzpaneele; v. 20.03.1984 – KZR 11/83, WuW/E BGH 2085, 2086 – Strohgäu-Wochenjournal; v. 27.05.1986 aaO 2285, 2288 – Spielkarten; zuletzt Beschl. v. 10.11.1992 – KVR 26/91, BGHZ 120, 161, 166 = GRUR 1993, 502 – Taxigenossenschaft II; v. Gamm, NJW 1988, 1245; Immenga in Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 1 Rdn. 162 ff., 368 ff.; K. Schmidt, ZHR 149 (1986), 1, 11 ff. m.w.Nachw.); unter diesen Voraussetzungen erweisen sie sich als eine diesen Geschäften immanente und im Hinblick auf Funktion und Ziele des GWB unbedenkliche Folge des im übrigen kartellrechtsneutralen Vertrags.

b) Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß nach diesen Grundsätzen auch das vorliegende Wettbewerbsverbot zu beurteilen ist. Nach ihnen sind jedenfalls solche Wettbewerbsbeschränkungen der Anwendung des § 1 GWB entzogen, die lediglich die ohnehin nach dem Inhalt des primären, kartellrechtsneutralen Geschäftes mit Rücksicht auf Treu und Glauben und die Verkehrssitte bestehenden Verpflichtungen des durch das Wettbewerbsverbot Gebundenen aufgreifen und konkretisieren. Ihr Anwendungsbereich ist nicht auf Austauschverträge im engeren Sinne begrenzt; nach ihnen richtet sich die Zulässigkeit wettbewerbsbeschränkender Absprachen im Gefolge einer kartellrechtsneutralen privatrechtlichen Vereinbarung auch sonst, wenn damit ein vertragswidriges Verhalten des Verpflichteten, insbesondere Eingriffe in Positionen verhindert werden sollen, die nach dem Inhalt des Vertrages rechtlich unbedenklich dem Begünstigten zugewiesen sind oder diesem nach der Rechtsordnung zustehen. In diesem Sinne gefährdet sein kann auch der Zweck einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsvereinbarung, bei der der Ausscheidende – wie hier – neben weiteren Leistungen eine Abfindung und einen Teil des bisherigen Geschäftsbereiches der Gesellschaft erhält, während er seinen Anteil an dieser und dem von ihr betriebenen Unternehmen auf die verbleibenden Gesellschafter überträgt. Jedenfalls in einem solchen Fall können die Gesellschafter und die fortbestehende Gesellschaft Schutz vor einer illoyalen Ausnutzung der Kenntnisse und Verbindungen beanspruchen, die der Ausscheidende aufgrund seiner Funktionen in der Gesellschaft erworben hat. Auch solche Auseinandersetzungsvereinbarungen, die in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung einem Unternehmenskauf nahekommen, können in zulässiger Weise mit einem Wettbewerbsverbot verbunden werden (ebenso für die Auseinandersetzung unter Miterben: SenUrt. v. 06.03.1979 – KZR 4/78 – Erbauseinandersetzung, aaO; vgl. auch K. Schmidt, ZHR 149 (1986), 1, 22 f m.w.Nachw.).

Einen solchen Sachverhalt hat das Berufungsgericht hier in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Soweit die Revision demgegenüber rügt, einer wettbewerbsbeschränkenden Bindung des Beklagten fehle schon deshalb die Grundlage, weil die an ihn gezahlte Abfindung hinter dem Wert des aufgegebenen Gesellschaftsanteils zurückbleibe, läßt sie unberücksichtigt, daß diese Zahlung nur ein Teil der insgesamt von der Klägerin erbrachten Leistungen war. Das Wettbewerbsverbot ist eingebettet in eine Auseinandersetzungsvereinbarung, nach der der Beklagte über die Abfindung hinaus weitere Sachleistungen, vor allem aber einen Teil des bisherigen Geschäftsbetriebes der Klägerin in Form eines Teils von deren Vertriebsgebiet erhielt, das für ihn durch ein von dieser übernommenes Wettbewerbsverbot gesichert wurde. Daß unter der gebotenen Gesamtschau der beiderseitigen Leistungen ein Mißverhältnis verbleibt, macht die Revision nicht geltend.

Ohne Erfolg macht die Revision weiter geltend, zur Sicherung des Vertragszweckes habe es hier eines Wettbewerbsverbotes für den Beklagten nicht bedurft, weil dieser zu dem Außendienst der Klägerin in den dieser bei der Auseinandersetzung zugeteilten Vertriebsgebieten keine engeren Beziehungen unterhalten habe als deren verbliebener Geschäftsführer F.. Mit dieser Rüge verkennt sie die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen, aus denen sich die getroffene Regelung rechtfertigt. Eine illoyale, dem mit der Auseinandersetzungsvereinbarung verfolgten Zweck widersprechende Verwertung der Kenntnisse und Verbindungen, die der Ausscheidende als Mitglied der Gesellschaft erworben hat, wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß hierüber auch andere, bei dieser verbliebene Personen verfügen.

c) Das vereinbarte Wettbewerbsverbot begegnet – wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat – grundsätzlichen rechtlichen Bedenken auch nicht deshalb, weil ihm eine Aufteilung von Vertriebsgebieten zugrunde liegt. Dabei handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um eine Marktaufteilung, die als schwerwiegender Eingriff in die Wettbewerbsordnung allerdings in der Regel als zulässige Folge eines Privatrechtsgeschäftes ausscheiden wird. Gegenstand der Vereinbarung ist eine gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung durch Aufteilung des bisherigen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft. Diese Form der Abwicklung ist sinnvoll und rechtlich zulässig; aus der Sicht des Kartellrechtes ist sie auch deshalb hinzunehmen, weil sie im Endergebnis, nämlich nach Ablauf des zeitlich begrenzten Wettbewerbsverbots, eine wirtschaftlich wünschenswerte Erweiterung des Wettbewerbs zur Folge hat, die unter Gesellschaftern auf andere Weise kaum zu erreichen ist. Jedenfalls dann, wenn sich der Betrieb nicht auf eine oder mehrere Niederlassungen beschränkt, sondern – wie hier nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts – in wesentlichem Umfang Geschäfte durch Handelsvertreter am Sitz der Kunden angebahnt werden, stellt vor allem die Bezeichnung der jeweiligen Vertriebsgebiete einen einfachen und gangbaren Weg zur als solche kartellrechtlich unbedenklichen Aufteilung des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft dar. In diesem Zusammenhang begegnet daher auch die damit verbundene Gebietsaufteilung als solche rechtlichen Bedenken nicht.

d) Zu Recht wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das Wettbewerbsverbot sei in dem vereinbarten räumlichen Umfang zur Sicherung des Vertragszweckes erforderlich. Bei dieser Würdigung hat es wesentlichen Vortrag des Beklagten übergangen.

Dieser hatte behauptet und unter Beweis gestellt, nördlich von Baden-Württemberg und Bayern habe die Klägerin in nennenswertem Umfang Geschäftsbeziehungen nur zu einem Kunden unterhalten; auch sei hier nur ein in Köln ansässiger Außendienstmitarbeiter für sie werbend tätig. Mit dieser Darstellung ist die Annahme des Berufungsgerichtes nicht zu vereinbaren, die Klägerin habe in nennenswertem Umfang Geschäftsbeziehungen auch außerhalb dieser Bundesländer unterhalten. Die Darstellung des Beklagten wird durch die von der Klägerin behaupteten, von dem Berufungsgericht als unstreitig behandelten Umsatzzahlen nicht widerlegt, da diese auch mit einem oder wenigen Kunden erzielt werden konnten. Ob das Berufungsgericht dieses Vorbringen der Klägerin als unstreitig behandeln durfte oder – wofür manches spricht – der Beklagte mangels eigener Kenntnis von den Umsätzen der Klägerin deren Behauptung mit Nichtwissen bestreiten konnte und bestritten hat, bedarf daher keiner näheren Erörterung.

Trifft die Darstellung des Beklagten zu, ist das über diese Bundesländer hinausgehende Wettbewerbsverbot nicht von der Anwendung des § 1 GWB als „vertragsimmanent” ausgenommen. Mit dem Gedanken, daß es sich um eine dem Privatrechtsgeschäft immanente Folge handele, läßt sich eine Wettbewerbsbeschränkung nur in dem Maß rechtfertigen, in dem sie zur Durchführung des Geschäftes und zur Zweckerreichung notwendig ist. Demgemäß versagt diese Überlegung dort, wo sich ein hinreichender Schutz des durch das Wettbewerbsverbot Begünstigten auf andere, weniger intensiv in den Wettbewerb eingreifende Weise erreichen läßt. Hat der Begünstigte in dem Gebiet nur zu einzelnen Kunden Geschäftsbeziehungen, wird seinen berechtigten Interessen in der Regel durch eine diese erfassende Kundenschutzabrede Rechnung getragen werden können. Eine beabsichtigte Geschäftsausweitung, wie sie die Klägerin hier zur Rechtfertigung der getroffenen Vereinbarung anführt, kann die Zulässigkeit einer darüber hinausgehenden Einschränkung des Wettbewerbs allenfalls unter weiteren, hier nicht weiter zu verfolgenden Voraussetzungen begründen. Daß jedes Unternehmen auf Expansion angelegt ist, genügt hier nicht. Der Auflösung einer Gesellschaft durch Aufteilung des Betriebes läßt sich nicht als selbstverständliche Nebenpflicht entnehmen, den anderen Teil auch auf solchen Märkten vor Wettbewerb zu bewahren, die er noch nicht erschlossen hat.

e) Auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, ein Wettbewerbsverbot von fünf Jahren sei hier zur Durchführung des Auseinandersetzungsvertrages erforderlich, hält der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht stand.

Das Maß der zulässigen, weil dem Auseinandersetzungsvertrag immanenten, Wettbewerbsbeschränkung kann nicht über das hinausgehen, was zur Abwehr nachteiliger Folgen von einigem Gewicht erforderlich ist, die dadurch entstehen könnten, daß der eine Vertragspartner seine den Geschäftsbetrieb des anderen Partners betreffenden Kenntnisse und Verbindungen vertragswidrig ausnutzt. Es handelt sich um den Zeitraum, den der andere Partner benötigt, um den auf ihn entfallenen Betriebsteil und seine Kundenbeziehungen zu konsolidieren (vgl. für die insoweit vergleichbare Problematik beim Unternehmenskauf, SenUrt. v. 03.11.1981 – KZR 33/80, WuW/E BGH 1898, 1899 – Holzpaneele; vgl. auch SenUrt. v. 06.03.1979 – KZR 4/78, WuW/E BGH 1597, 1598 – Erbauseinandersetzung und v. 13.03.1979 – KZR 23/77, WuW/E BGH 1600, 1602 – Frischbeton).

Für die nähere Bestimmung dieses Zeitraums bildet die Umschlagsgeschwindigkeit der einzelnen Waren, auf die das Berufungsgericht bei seiner Würdigung in erster Linie abgestellt hat, kein ausschlaggebendes Kriterium, zumal den Feststellungen des Berufungsgerichtes nichts dafür zu entnehmen ist, daß die Kunden der Klägerin bei dieser jeweils nur einen Gegenstand erwerben und auch nur für diesen jeweils Ersatzbedarf besteht.

Auch kann nicht ausschlaggebend sein, zu welchem Zeitpunkt eine Konsolidierung der Geschäftsbeziehungen des Unternehmens zu den Kunden und Lieferanten gewissermaßen von selbst eintritt. Das Wettbewerbsverbot darf vielmehr nicht über die Zeitspanne hinausgehen, die der Begünstigte bei den von ihm zu fordernden ernsthaften Anstrengungen benötigt, um den Betrieb so weit zu konsolidieren, daß Eingriffe des früheren Partners ohne gewichtige Wirkung bleiben.

Auf dieser Grundlage kann ein zulässiges Wettbewerbsverbot hier die Dauer von zwei Jahren nicht übersteigen. In diesem Zeitraum muß es der Klägerin auch dann, wenn ihr Geschäftsgegenstand eher durch langlebige Güter geprägt wird, Kundenkontakte nur in größeren Abständen stattfinden und der Beklagte während seiner Tätigkeit für die Gesellschaft in direkten Beziehungen zu Kunden und Lieferanten gestanden hat, möglich sein, bei den gebotenen eigenen Anstrengungen ihre Kunden von ihrem Angebot zu überzeugen und sie so an sich zu binden, zumal nichts dafür ersichtlich ist, daß das Ausscheiden des Beklagten zu weiteren, aus der Sicht der Kunden erheblichen Änderungen geführt hat. Die Firma, unter der die Klägerin im Geschäftsverkehr auftritt, ist ebenso wie ihr Sitz und der Geschäftsgegenstand erhalten geblieben.

In gleicher Weise hat auch der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes bei der Prüfung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote bei Ausscheiden eines Gesellschafters oder Geschäftsführers eine Schutzfrist von zwei Jahren als angemessen angesehen (vgl. BGHZ 96, 1, 7; BGH, Urt. v. 19.11.1973 – II ZR 52/72, WM 1974, 74, 76; Urt. v. 16.10.1989 – II ZR 2/89, ZIP 1990, 586, 588; vgl. auch Hirte, ZHR 154, 443, 447 ff.). Auch die EG-Kommission ist bei der Beurteilung der zeitlichen Angemessenheit eines Wettbewerbsverbots bei einer – in der Interessenlage der hier vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung ähnlichen – Unternehmensveräußerung grundsätzlich von dieser Zeitspanne ausgegangen (vgl. Entscheidung v. 12.12.1983, WuW/E EV 1020, 1022 – Nutrika; bestätigt durch EuGH, Urt. v. 11.07.1985 – Rs 42/84, WuW/E EWG/MUV 690, 691; vgl. auch Entscheidung v. 26.07.1976, WuW/E EV 678, 679 f. – Reuther/BASF). Schließlich hat auch der Gesetzgeber für den in seinen Gefahren für das Unternehmen des Prinzipals vergleichbaren Fall des Ausscheidens eines Handelsvertreters diese Frist als obere Grenze eines zulässigen Wettbewerbsverbotes bestimmt (§ 90 a Abs. 1 Satz 2 HGB).

f) Das vereinbarte Wettbewerbsverbot ist, soweit es nach dem vorstehend Gesagten über das zulässige Maß hinausgeht, nur dann nach § 1 GWB unwirksam, wenn es die Verhältnisse auf dem relevanten Markt spürbar beeinflussen kann (vgl. dazu BGHZ 68, 6, 11 – Fertigbeton I). Dies kann mangels tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beurteilt werden.

Daß eine spürbare Beeinflussung in diesem Sinne eintritt, folgt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zwangsläufig daraus, daß dem Wettbewerbsverbot eine räumliche Abgrenzung zugrunde liegt. Soweit der Senat sie mit Rücksicht auch auf die Gebietsaufteilung in der Entscheidung „Verbandszeichen” (BGHZ 114, 40, 52, 53) bejaht hat, war neben der Marktstellung der Parteien, bei denen es sich nach dem unstreitigen Sachverhalt im wesentlichen um Großbäckereien handelte, vor allem ausschlaggebend, daß der Vertrag eine auf Dauer angelegte Marktaufteilung zum Gegenstand hatte, die als schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkung regelmäßig geeignet ist, die Marktverhältnisse mit einigem Gewicht zu beeinflussen. In dieser Entscheidung hat der Senat daher nur den allgemeinen Grundsatz bestätigt, daß die Frage, ob derartige Auswirkungen eintreten können, in erster Linie und maßgeblich von den Verhältnissen auf dem jeweils relevanten Markt abhängt (vgl. dazu BGHZ 68, 6, 12 – Fertigbeton I). Daß eine räumliche Aufteilung stets und ausnahmslos eine spürbare Marktbeeinflussung zur Folge habe, ist dieser Entscheidung – wie schon der Hinweis auf die nur im Regelfall anzutreffenden Verhältnisse zeigt – nicht zu entnehmen.

Den damit in erster Linie maßgeblichen relevanten Markt hat das Berufungsgericht nicht näher abgegrenzt. Eine hinreichende Entscheidungsgrundlage bieten insoweit auch seine Ausführungen zu Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag nicht. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen beschränken sich auf den Umsatz der Unternehmen beider Parteien und dessen Anteil an dem Gesamtumsatz aller ihrem Geschäftsbereich entsprechenden Waren in der Bundesrepublik. Weiterführende Anhaltspunkte zur näheren Bestimmung der relevanten Märkte ergeben sich daraus nicht.

II. Eine Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes nach § 138 Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht im wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Ausführungen zu § 1 GWB verneint. Diese Beurteilung greift die Revision ebenfalls mit Erfolg an, weil im Hinblick auf die unterschiedlichen Schutzzwecke beider Vorschriften die Bewertung nicht nach völlig gleichen Maßstäben erfolgen kann und das Berufungsgericht zu dem für § 138 BGB erheblichen Vortrag des Beklagten nicht alle erforderlichen Feststellungen getroffen hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist beim Ausscheiden eines Gesellschafters ein zu dessen Lasten und zugunsten der Gesellschaft vereinbartes Wettbewerbsverbot unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB nur in dem Umfang gerechtfertigt, in dem für die Beschränkung der gewerblichen Tätigkeit ein anzuerkennendes Bedürfnis besteht, um den Ausscheidenden an einer illoyalen Verwertung des Erfolges seiner Arbeit und der im Zuge der Tätigkeit für die Gesellschaft erworbenen Verbindungen zu hindern (BGH, Urt. v. 28.04.1986 – II ZR 254/85, NJW 1986, 2944, 2945; Urt. v. 29.10.1990 – II ZR 241/89, NJW 1991, 699 m.w.N.).

Damit richtet sich die Bewertung einer solchen Vereinbarung nach § 138 BGB – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat – zwar im Ausgangspunkt nach ähnlichen Kriterien, wie sie bei § 1 GWB zugrunde zu legen sind (vgl. auch BGH, Urt. v. 28.04.1986 – II ZR 254/85 aaO S. 2945); diese sind allerdings, dem anderen Schutzzweck der Norm entsprechend, zu modifizieren. Bei § 138 BGB stehen nicht – wie bei § 1 GWB – Interessen der Allgemeinheit im Vordergrund. Ausschlaggebend ist daher nicht, ob die Beschränkung des freien Wettbewerbs als solche hingenommen werden kann. In erster Linie maßgebend ist vielmehr die Frage, in welchem Umfang die berechtigten Interessen des durch eine Beschränkung Begünstigten eine Einschränkung der Freiheit gewerblicher Betätigung auf seiten des anderen Teils rechtfertigen können. Ob eine unzumutbare Beeinträchtigung der geschäftlichen Freiheit des Beklagten eingetreten ist, kann nur unter Berücksichtigung der gesamten beiderseits erbrachten Leistungen entschieden werden. Insoweit kommt es daher nicht nur – wie die Revision meint – darauf an, ob der Beklagte mit der Abfindung eine angemessene Vergütung für seinen Gesellschaftsanteil erhalten hat. Ob mit dem Wettbewerbsverbot eine für ihn unzumutbare, der Prüfung nach Maßgabe des § 138 Abs. 1 BGB nicht standhaltende Belastung verbunden ist, wird auch dadurch beeinflußt, inwieweit dieses Verhältnis durch die weiteren Leistungen der Klägerin zu seinen Gunsten beeinflußt wird. Dazu zählt, daß er – über die weiteren in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Sachleistungen hinaus – ebenfalls ein Vertriebsgebiet erhalten hat und insoweit durch das von der Klägerin im Gegenzug übernommene Wettbewerbsverbot geschützt ist.

Vor diesem Hintergrund wird, da nichts dafür ersichtlich ist, daß die Vereinbarung insoweit auf Druck der Klägerin zustande gekommen ist, dem sich der Beklagte ohne eigene Einflußmöglichkeit hat beugen müssen, ein zur Unwirksamkeit führender Verstoß nur dann angenommen werden können, wenn die Geld- und Sachleistungen so deutlich hinter dem Wert des Gesellschaftsanteils zurückbleiben, daß ein Ausgleich auch nicht annähernd stattgefunden hat. Ein Mißverhältnis in diesem Sinne hat der Beklagte – wenn auch in anderem Zusammenhang – geltend gemacht; das Berufungsgericht hat hierzu Feststellungen nicht getroffen. Das wird gegebenenfalls nachzuholen sein. Andererseits kann hier auch von Bedeutung sein, welches Interesse auf seiten des Beklagten überhaupt an einer Betätigung in dem zugunsten der Klägerin geschützten Gebiet bestand und besteht. Auch hierzu hat das Berufungsgericht Feststellungen nicht getroffen.

III. Daß das Wettbewerbsverbot – als solches sowie insbesondere wegen der Einbeziehung des italienischen Lieferanten – nach Art. 85 EWG-Vertrag unwirksam sei, hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, dieser Absprache fehle schon mit Rücksicht auf die Marktanteile der Beteiligten die erforderliche Erheblichkeit. Das läßt auf der Grundlage seiner tatsächlichen, von der Revision mit Rügen nicht angegriffenen Feststellungen einen Rechtsfehler nicht erkennen.

IV. 1. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht die Anwendung des § 1 GWB ganz nur ausschließen können, wenn es nicht zu der Feststellung gelangt, daß die Vereinbarung geeignet ist, die Marktverhältnisse spürbar zu beeinflussen (vgl. I 2 f.). Sofern es diese Eignung bejaht, wird es die Folgerungen aus dem zeitlichen Übermaß des Wettbewerbsverbots (I 2 e) zu ziehen und außerdem gegebenenfalls der Frage nachzugehen haben, in welchem räumlichen Umfang das Wettbewerbsverbot zur Erreichung des Zwecks des Auseinandersetzungsvertrags erforderlich („vertragsimmanent”) ist; es wird dabei auch die vom Beklagten angebotenen Beweise erheben müssen (vgl. oben I 2 d).

Sofern das Wettbewerbsverbot in seinem zeitlichen und ggf. auch räumlichen Umfang von § 1 GWB erfaßt wird, wird zu prüfen sein, ob es sich insgesamt als unwirksam erweist oder auf einen im Hinblick auf § 1 GWB unbedenklichen Inhalt zurückgeführt werden kann (vgl. dazu SenUrt. v. 03.11.1981 – KZR 33/80, WuW/E BGH 1898, 1900 – Holzpaneele; v. 29.05.1984 – KZR 28/83, WuW/E BGH 2090, 2095 – Stadler-Kessel).

Die gleiche Prüfung ist dann veranlaßt, wenn sich das Wettbewerbsverbot trotz der von der Klägerin erbrachten Leistungen und der von dieser übernommenen Verpflichtung als eine für den Beklagten unzumutbare Beeinträchtigung seiner geschäftlichen Freiheit darstellt und die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB erfüllt.

In diese Prüfung werden jeweils auch die weiteren zwischen den Parteien vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen einzubeziehen sein, die zwar für sich – wie das Berufungsgericht im einzelnen zutreffend ausgeführt hat – rechtlichen Bedenken nicht begegnen, angesichts ihrer engen Verzahnung mit dem im Vordergrund stehenden Wettbewerbsverbot, dessen Sicherung sie dienen, aber dessen rechtliches Schicksal teilen können.

2. Im übrigen wird sich das Berufungsgericht, wenn es eine Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots – ganz oder teilweise – bejaht, mit dem Feststellungsantrag der Klägerin (Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der gesamten Auseinandersetzungsvereinbarung) zu befassen haben, auf den es – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – bislang nicht eingegangen ist. Mit der Feststellung der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots tritt die Bedingung ein, von der dieser Antrag nach seiner Formulierung abhängig ist. Für die materiell-rechtliche Prüfung dieses Antrags kann die von den Parteien unter III 2 ihrer ursprünglich privatschriftlichen Vereinbarung getroffene Abrede von Bedeutung sein.

3. Die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht schließlich Gelegenheit, seine Kostenentscheidung im Hinblick darauf zu überprüfen, daß der Rechtsstreit nach Einreichung der Klage beim Landgericht Ulm an das Landgericht Stuttgart verwiesen worden ist. Dabei wird es berücksichtigen müssen, daß aufgrund der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses (§ 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO; vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 51. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 54) von der örtlichen Unzuständigkeit des Landgerichts Ulm auszugehen sein wird.

 

Fundstellen

BB 1994, 95

NJW 1994, 384

ZIP 1994, 61

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