Rz. 174

Zivilrechtlich ist der Nacherbe (hinsichtlich des Vorerbenvermögens) Erbe des ursprünglichen Erblassers, nicht etwa des Vorerben. Somit erwirbt er auch das Eigentum an den ihm gebührenden Nachlassgegenständen im Wege des Vonselbsterwerbs und ohne, dass es hierzu noch weiterer rechtsgeschäftlicher Übertragungsakte bedürfte. Dessen ungeachtet regelt § 6 Abs. 2 S. 1 ErbStG, dass der Nacherbe so besteuert wird, als habe er die Nacherbschaft vom Vorerben erworben.[182] Persönliche Steuerbefreiungen, Steuerklasse, Freibetrag und Steuersatz richten sich daher grundsätzlich nach dem Verhältnis des Nacherben zum Vorerben.

Nur auf entsprechenden Antrag wird der Nacherbe entsprechend seinem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser besteuert (§ 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG). Der Antrag hat allerdings nur Auswirkungen auf die Steuerklasse bzw. auf diejenigen Aspekte, die mit der Steuerklasse zusammenhängen[183] (persönlicher Freibetrag, Steuersatz etc.).

 

Rz. 175

 

Beispiel

Vater V setzt seine Ehefrau F zur Vorerbin ein und seinen Sohn S zum Nacherben. Kurz vor seinem Tod schenkt er S seinen Betrieb. Fünf Jahre später stirbt auch F. Der Sohn wird als Erbe von F besteuert. Die Schenkung des V wird dabei nicht berücksichtigt.

 

Rz. 176

Oftmals ist der Nacherbe gleichzeitig auch Erbe des Vorerben. In diesem Fall werden die beiden zivilrechtlich eigenständigen Erbschaften nach § 6 Abs. 2 S. 1 ErbStG steuerlich zu einem einheitlichen Erwerb zusammengefasst. Ein Antrag nach § 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG führt in diesem Fall dazu, dass dieser Gesamterwerb wieder in Nacherbschaft auf der einen und (unmittelbare) Erbschaft auf der anderen Seite zerlegt wird.

Dessen ungeachtet kommt jedoch nur ein persönlicher Freibetrag zum Ansatz, nämlich der, der sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum ursprünglichen Erblasser ergibt. Soweit dieser für die Nacherbschaft nicht verbraucht ist, kann er beim anderen Erwerbsteil berücksichtigt werden (§ 6 Abs. 2 S. 4 ErbStG). Die Steuerklasse wird für jeden Erwerbsteil gesondert bestimmt, der Steuersatz aber dennoch jeweils unter Zugrundelegung des Gesamterwerbs (Nacherbschaft und Erbschaft) ermittelt (§ 6 Abs. 2 S. 5 ErbStG).

[182] Also entsprechend dem äußeren Erscheinungsbild der Abwicklung des Nacherbfalls.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge