Rz. 8

Da die Ausübung der gerichtlichen Gewalt Ausdruck der staatlichen Souveränität ist, ist die Entscheidungsbefugnis deutscher (Zivil-)Gerichte räumlich und persönlich begrenzt.

 

Rz. 9

Räumlich beschränkt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auf das Inland. Im Ausland können deutsche Gerichte grundsätzlich keine Prozesshandlungen vornehmen, sondern müssen die dortigen Behörden um Rechtshilfe ersuchen (siehe auch § 363 ZPO). Einzelheiten und Ausnahmen sind in Staatsverträgen, unter anderem dem Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 22.12.1977 (HZÜ),[7] und im europäischem Unionsrecht, unter anderem der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vom 11.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EUZustellungsVO),[8] geregelt.[9]

 

Rz. 10

Aufgrund völkerrechtlicher Verträge sind auch bestimmte Personen vom Territorialitätsprinzip ausgenommen, insbesondere Mitglieder diplomatischer und konsularischer Missionen (§§ 18 ff. GVG; s.a. § 29 Rdn 5).

 

Rz. 11

Nach dem – sofern keine völkerrechtlichen Verträge bestehen – aus den allgemeinen Regeln des Völkerrechts herzuleitenden (Art. 25 GG) Grundsatz der Staatenimmunität unterliegen ausländische Staaten der deutschen Gerichtsbarkeit – vorbehaltlich eines Verzichts auf die Immunität[10] – insoweit nicht, als der Rechtsstreit Akte betrifft, die hoheitliches Handeln eines Staates darstellen; für nicht hoheitliches Handeln besteht dagegen keine Immunität (sog. Lehre von der restriktiven Staatsimmunität).[11] Maßgebend für die grundsätzlich nach der nationalen Rechtsordnung[12] vorzunehmende Abgrenzung ist die Rechtsnatur des staatlichen Handelns, nicht aber dessen Motiv und Zweck.[13] Die Heranziehung nationaler Regelungen zur Unterscheidung hoheitlichen Handelns von nicht-hoheitlichem Handeln findet erst dort ihre Grenze, wo der unter den Staaten allgemein anerkannte Bereich hoheitlicher Tätigkeit berührt ist. Das betrifft etwa die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege; insoweit kann es ausnahmsweise geboten sein, nach nationalem Recht als privatrechtlich einzuordnende Tätigkeiten eines ausländischen Staates gleichwohl als der Staatenimmunität unterfallende acta iure imperii zu qualifizieren, wenn diese zum Kernbereich völkerrechtlich anerkannter Staatsgewalt zu rechnen sind.[14]

 

Rz. 12

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2.12.2004 (Resolution 59/38)[15] ist noch nicht in Kraft[16] und gilt in Deutschland auch nicht als Völkergewohnheitsrecht.[17] Das Europäische Abkommen über Staatenimmunität[18] vom 16.5.1972[19] haben neben Deutschland bislang lediglich sieben weitere Mitgliedsstaaten des Europarates ratifiziert.[20] Die Frage, ob die deutsche Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist, ist von Amts wegen und vor Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.[21] Eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Staatenimmunität ist die im Vollstreckungsverfahren geltende Vollstreckungsimmunität. Danach ist die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsstaat aus einem Vollstreckungstitel gegen einen fremden Staat, der über ein nicht hoheitliches Verhalten dieses Staates ergangen ist, in dessen Vermögengegenstände ohne seine Zustimmung unzulässig, soweit diese Gegenstände hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen.[22]

 

Rz. 13

Die durch die deutsche Gerichtsbarkeit gezogenen Grenzen sind streng von der Frage zu trennen, ob deutsche Gerichte für einen Rechtsstreit mit Auslandsbezug international zuständig sind (siehe hierzu § 29).

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